Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer Betriebsveranstaltung im Sinne des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG. Doppelte Berücksichtigung eines Sachverhalts in einer Lohnsteueranmeldung und in einem Haftungsbescheid. Nachforderungsbescheid als Änderungsbescheid einer Lohnsteueranmeldung
Leitsatz (redaktionell)
1. Unternimmt ein Unternehmen jährlich einwöchige Reisen nach Italien ganz überwiegend nur mit dem Stammpersonal, nicht hingegen mit dem ständig wechselnden Aushilfspersonal, liegt keine Betriebsveranstaltung i.S. des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG vor, so dass eine lohnsteuerrechtliche Pauschalierung der Reisekosten ausscheidet, wenn die Auswahl der Reiseteilnehmer nicht an betriebsorganisatorische Bedingungen geknüpft ist.
2. Verrichtet das Aushilfspersonal in einem kleinen Betrieb seine Arbeiten regelmäßig zu Hause, ist die Begrenzung des Teilnehmerkreises der Betriebsveranstaltung auf das Stammpersonal nicht betriebsorganisatorisch begründet.
3. Der sachliche Widerspruch durch die doppelte lohnsteuerrechtliche Berücksichtigung desselben Sachverhalts im Wege sowohl der Haftung als auch der Pauschalierung kann nur durch die Korrektur der Pauschalierungsschuld, nicht hingegen durch Änderung des Haftungsbescheids aufgelöst werden.
4. Zum Verhältnis zwischen Lohnsteueranmeldung und Pauschalierungs- oder Nachforderungsbescheid.
Normenkette
EStG § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 42d Abs. 1 Nr. 1; AO § 37 Abs. 2, § 150 Abs. 1 S. 3, §§ 167, 168 S. 1; LStDV § 2 Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob es sich bei den von der Klägerin finanzierten und mit einem Teil ihrer Mitarbeiter jährlich unternommenen, einwöchigen Italienreisen um pauschal zu besteuernde Betriebsveranstaltungen oder um geldwerte Vorteile der mitreisenden Angestellten gehandelt hat.
Die Klägerin betrieb in den Streitjahren 2000 bis 2003 als gewerbliches Einzelunternehmen die Herstellung von Magnetspielen. Sie beschäftigte in ihrem Betrieb vier feste Angestellte und in diesem Zeitraum darüber hinaus eine wechselnde Anzahl von 17 bis 28 Aushilfskräften. Die Aushilfskräfte waren jeweils nur zeitweise für verschiedene Hilfstätigkeiten (z.B. Klebe- und Vorsortierarbeiten) angestellt. In den Streitjahren unternahm die Klägerin zusammen mit den vier fest angestellten Mitarbeiterinnen, einer der Aushilfskräfte sowie mit der im Privathaushalt der Klägerin angestellten Haushaltshilfe S jeweils eine einwöchige Reise nach Italien, deren Kosten sich pro Person auf 2.215 DM (Jahr 2000), 2.620 DM (Jahr 2001), 913 EUR (Jahr 2002) und 1.225 EUR (Jahr 2003) beliefen und die die Klägerin vollständig übernahm. Die Klägerin behandelte die Reisen als Betriebsveranstaltung und versteuerte sie für ihre vier festen Angestellten nach Maßgabe einer pauschalierten Lohnsteuer von 25% der Kosten. Die Reisekosten für die Aushilfskraft T, deren regulärer Lohn unter dem Gesichtspunkt eines kurzfristigen Beschäftigungsverhältnisses mit 25% pauschal versteuert worden war, blieben unversteuert. Die vom Beklagten bei der Klägerin für die Streitjahre durchgeführte Lohnsteuer-Außenprüfung führte zu einer abweichenden lohnsteuerrechtlichen Behandlung dieses Sachverhalts. Die Lohnsteuerprüferin behandelte die jährlichen Reisen nicht als Betriebsveranstaltungen sondern als individuell zu besteuernde geldwerte Vorteile, weil sie die tatbestandlichen Voraussetzungen der Erhebung einer pauschalierten Lohnsteuer, Kirchenlohnsteuer und Solidaritätszuschläge für die vier festen Angestellten der Klägerin nicht als erfüllt ansah. Die Reisekosten für die mitreisende Aushilfskraft unterwarf die Lohnsteuerprüferin erstmals einer pauschalen Lohnsteuer von 25%. Die bislang pauschaliert besteuerten Reiseaufwendungen der Klägerin für die Zeiträume 2000, 2001 und 2002 betreffend ihre vier festen Angestellten korrigierte die Lohnsteuerprüferin durch „negative Nachforderungen” an Lohnsteuer, Kirchenlohnsteuer und Solidaritätszuschlägen. Eine entsprechende „Korrektur” unterließ sie hingegen für das Streitjahr 2003, weil die Klägerin die pauschalierte Lohnsteuer etc. für die Italienreise 2003 erst nach Abschluss der Ermittlungsarbeiten der Lohnsteuerprüferin im Rahmen der berichtigten Lohnsteueranmeldung für Dezember 2003 vom 8.04.2004 erklärte. Die Pauschalierungsschulden für die Reisekosten der vier Angestellten ergaben sich rechnerisch aus den Unterschiedsbeträgen der letztgenannten berichtigten Lohnsteueranmeldung für Dezember 2003 zu der vorangegangenen Lohnsteueranmeldung vom 15.01.2004. Die pauschalierte Lohnsteuer für die Reise der vier festen Angestellten in 2003 betrug danach 1.838,54 EUR, die Solidaritätszuschläge hierauf 101,12 EUR, die Kirchenlohnsteuer evangelisch und römisch-katholisch jeweils 64,35 EUR.
Im Einzelnen ergaben sich laut Prüfungsbericht vom 26.05.2004 – einschließlich hier unstreitiger Beanstandungen – rechnerisch folgende lohnsteuerrechtliche Änderungen (in EU...