Das (erste) Versäumnisurteil
Nach § 331 ZPO ergeht gegen den Beklagten nach Maßgabe des schlüssigen Vorbringens des Klägers Versäumnisurteil, wenn der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erscheint. Hat der Kläger seinen Vortrag also schlüssig begründet, wird der Klage vollständig stattgegeben.
Hinweis
Nach § 708 Nr. 2 ZPO wird das Versäumnisurteil ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt. Es kann also unmittelbar nach Klauselerteilung – die schon mit der Klageschrift beantragt werden sollte – und der von Amts wegen veranlassten Zustellung nach § 750 ZPO vollstreckt werden.
Beachtet werden muss, dass insbesondere die vorgerichtlichen Nebenkosten für die außergerichtliche Rechtsverfolgung, etwa Gläubigermahnspesen oder Inkassokosten, besonders sorgfältig begründet werden. Nach § 139 ZPO besteht nämlich keine Pflicht des Gerichtes auf die Unschlüssigkeit von geltend gemachten Nebenforderungen hinzuweisen. Übersteigen diese 10 % der Gesamtforderung, berücksichtigt eine Vielzahl von Gerichten entgegen § 4 ZPO und § 43 GKG die Zurückweisung der Nebenforderungen auch bei der Kostenquote.
Über die Klage ist aufgrund des Sachantrages und des Antrages, durch Versäumnisurteil zu entscheiden, seitens des Gerichtes zu befinden. Der Klägervertreter muss also seinerseits erschienen sein. Anderenfalls – bei beiderseitiger Säumnis – kommt das Verfahren zum Ruhen.
Das zweite Versäumnisurteil
Gegen das erste Versäumnisurteil steht der Partei, gegen das es ergangen ist, nach § 338 ZPO der Einspruch zu. Er muss binnen einer zweiwöchigen Notfrist ab der Zustellung des Versäumnisurteils eingelegt werden. Da es sich um eine Notfrist handelt, ist die Frist nach § 224 ZPO nicht verlängerbar. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen hat das Gericht von Amts wegen zu prüfen, § 341 ZPO. Wird der Einspruch danach nicht als unzulässig verworfen, ist über ihn nach § 341a ZPO mündlich zu verhandeln Es kommt also zu einem zweiten Termin zur mündlichen Verhandlung in der gleichen Sache. Erscheint die im ersten Termin säumige Partei auch im zweiten Termin nicht, ist nach § 345 ZPO ein zweites Versäumnisurteil zu erlassen. Zugleich sind der im ersten Termin säumigen Partei nach § 344 ZPO die weiteren Kosten des Verfahrens, insbesondere die Kosten der Säumnis aufzuerlegen.
Die Verfügung des Rechtsdienstleisters – Verfahrensgebühr
Nicht in Zweifel steht, dass für den Rechtsdienstleister, der mit dem Gläubiger die Geltung des RVG vertraglich vereinbart hat – was die Regel sein sollte – oder bei dem das RVG als Taxe nach § 612 Abs. 2 BGB zur Anwendung kommt, die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG entstanden ist.
Hinweis
Auf die Verfahrensgebühr kann die Geschäftsgebühr nach der Vorbem. 3 Abs. 4 zur Hälfte, höchstens mit 0,75 anzurechnen sein.
Die Terminsgebühr
Nach Nr. 3104 i.V.m. Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG entsteht die 1,2-Terminsgebühr u.a. für die Wahrnehmung gerichtlicher Termine. Insoweit könnte die 1,2-Terminsgebühr schon für die Teilnahme an dem ersten Termin zur mündlichen Verhandlung entstanden sein. Allerdings bestimmt Nr. 3105 VV RVG, dass die Terminsgebühr sich auf 0,5 absenkt, wenn ein Termin wahrgenommen wurde, in dem eine Partei nicht erschienen ist oder nicht ordnungsgemäß vertreten war, wenn lediglich ein Antrag auf ein Versäumnisurteil gestellt wurde. Insoweit ist bis zum Erlass des ersten Versäumnisurteils nur eine 0,5-Terminsgebühr nach Nrn. 3105, 3104 VV RVG entstanden.
Das zweite Erscheinen erhöht die Gebühr
In Nr. 3105 VV RVG heißt es "Wahrnehmung nur eines Termins …", woraus abgeleitet wird, dass die volle 1,2-Terminsgebühr allerdings dann entsteht, wenn es zu mehr als einem Termin kommt, in dem eine Partei säumig ist. War diese Frage in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten, hat der BGH dies inzwischen höchstrichterlich entschieden: "Dem Prozessbevollmächtigten, der sowohl das erste als auch das zweite Versäumnisurteil erwirkt, steht eine 1,2-Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 VV RVG, nicht nur eine 0,5-Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV RVG zu" (BGH v. 18.7.2006 – XI ZB 41/05, NJW 2006, 2927; ebenso BGH NJW 2006, 3430). Es kann also in diesen Fällen die volle 1,2-Terminsgebühr erhoben werden. Das entspricht wohl inzwischen allgemeiner Meinung.
Die Berechnung der Gebühren
Es ist also wie folgt abzurechnen und die Kostenfestsetzung zu beantragen:
Muster: Antrag auf Kostenfestsetzung
An das Landgericht … in …
In dem Verfahren
Kläger ./. Beklagter
Az.: …
wird beantragt, die nachfolgend aufgeführten Kosten
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zugunsten des Klägers |
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zugunsten des Bevollmächtigten des Klägers |
festzusetzen und ab dem Tag der Antragstellung mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.
Gegenstandswert: 11.253,00 EUR |
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1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG |
785,20 EUR |
abzüglich der anrechenbaren Geschäftsgebühr (0,65) |
392,60 EUR |
1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG |
724,80 EUR |
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ggfs. Abwesenheitsgelder nach Nr. 7005 VV RVG |
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ggfs. Fahrkosten nach Nr. 7003/7004 VV RVG |
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Dokumentenpauschale nach Nr. 7000 VV RVG |