Verfügt der von dem Schuldner geschiedene unterhaltsberechtigte Ehegatte über eigenes Einkommen (hier 1.200 EUR), ist er nach § 850c Abs. 4 ZPO auch dann bei der Bemessung des pfändbaren Arbeitseinkommens des Schuldners nicht zu berücksichtigen, wenn der Schuldner tatsächlich Unterhaltsleistungen erbringt.

LG Kassel, 21.12.2009 – 3 T 509/09

Der Praxistipp

Bei der Pfändung von Arbeitseinkommen des Schuldners gehört die Prüfung, ob unterhaltsberechtigte Personen über eigenes Einkommen verfügen, zum Standard einer effektiven Zwangsvollstreckung. Der Schuldner muss hierüber spätestens im Offenbarungsverfahren Auskunft geben. Ist eigenes Einkommen vorhanden, so führt dies dazu, dass der Unterhaltsberechtigte auf Antrag des Gläubigers und einer darauf ergehenden Entscheidung des Vollstreckungsgerichtes bei der Bestimmung des pfändbaren Arbeitseinkommens ganz oder teilweise nicht berücksichtigt wird.

Eine vollständige Nichtberücksichtigung ist dann gerechtfertigt, wenn die unterhaltsberechtigte Person ihren gesetzlich anzuerkennenden Bedarf aus ihrem eigenen Einkommen decken kann. Dabei findet grundsätzlich keine individuelle Bedarfsbestimmung im Detail statt, sondern eine Orientierung an Berechnungsgrößen, wobei die Berechnungsgröße dem Einzelfall gerecht werden muss (BGH NJW 2005, 795; BGH NJW 2005, 1240; BGH FamRZ 2006, 203; BGH NJW-RR 2005, 1239). Ist danach der Grundbedarf aus eigenem Einkommen gedeckt, bleibt es unerheblich, ob der Schuldner tatsächlich noch weiteren Unterhalt zahlt. Dies gilt auch dann, wenn eine Verminderung der Unterhaltspflicht für ihn nicht erreichbar ist.

 
Hinweis

Den Einwendungen des Schuldners über die eigene Unterhaltspflicht im Verfahren nach § 850c Abs. 4 ZPO kann der Gläubiger die Argumentation des LG Kassel entgegensetzen.

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