Frage nach den eigenen Einkünften
Kann aus der Lohnsteuerklasse IV geschlossen werden, dass die Ehefrau das gleiche Einkommen hat wie der Schuldner, kommt grundsätzlich ein Antrag nach § 850c Abs. 4 ZPO in Betracht. Danach kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers nach billigem Ermessen bestimmen, dass eine Person, welcher der Schuldner aufgrund gesetzlicher Verpflichtung Unterhalt gewährt, bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens ganz oder teilweise unberücksichtigt bleibt, wenn sie über eigene Einkünfte verfügt.
Gläubiger ist darlegungspflichtig
Der Gläubiger hat die Voraussetzungen des § 850c Abs. 4 ZPO durch substantiierten Tatsachenvortrag schlüssig darzustellen (Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., § 850c Rn 13). Welchen Umfang der Vortrag im Einzelnen haben muss, ist durchaus umstritten. Kaum in Zweifel zu ziehen ist, dass der konkrete Angehörige zu benennen ist und auch die Art seines Einkommens, also ob es sich um Arbeitseinkommen oder sonstige Zuflüsse handelt. Für den Gläubiger schwieriger ist die Darstellung der konkreten Höhe der Einkünfte.
Nach der hier vertretenen Auffassung muss unterschieden werden:
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Sofern der Antrag nach § 850c Abs. 4 ZPO unmittelbar mit dem Antrag auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gestellt wird, wird der Schuldner nach § 834 ZPO nicht angehört. In diesem Fall muss der Gläubiger die ungefähre Höhe des Einkommens und seine Erkenntnisquelle angeben (in diesem Sinne wohl auch Stöber, Forderungspfändung, Rn 1064). |
Hinweis
Eine entsprechende Erkenntnis kann die Vermögensauskunft des Schuldners vermitteln. Hier ist das Einkommen des Ehegatten anzugeben. Hat der Schuldner ein Vermögensverzeichnis ohne diese Angabe abgegeben, muss er dies nachbessern. Das gilt auch dann, wenn die Vermögensauskunft für einen anderen Gläubiger abgenommen wurde.
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Wird der Antrag dagegen isoliert gestellt, wird der Schuldner angehört. Insoweit können die Anforderungen an den Vortrag des Gläubigers gemildert werden. Es obliegt dann dem Schuldner, den Angaben des Gläubigers substantiiert zu widersprechen, weil die Erkenntnisquellen allein in der Sphäre des Schuldners liegen und es sich bei der Anhörung auch aus Sicht des Schuldners um ein milderes Mittel handelt, als eine Vermögensauskunft einzuholen oder nachzubessern. Erst wenn der Schuldner qualifiziert die Angaben des Gläubigers bestreitet, ist dieser in der Beweispflicht. |
Hinweis
Im Antragsverfahren nach § 850c Abs. 1, Abs. 4 ZPO sind die Angaben des Gläubigers bezüglich der Höhe des Einkommens des getrenntlebenden Ehegatten des Schuldners als zutreffend zu unterstellen, wenn der Schuldner den Vortrag des Gläubigers nicht bestreitet, sondern lediglich vorträgt, ihm seien die Einkünfte seines Ehegatten nicht bekannt (LG Leipzig JurBüro 2003, 324; Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., § 850c Rn 14).
Verweis auf Steuerklasse IV muss genügen
Der Verweis auf die Steuerklasse IV muss dabei genügen. Nach § 38b Abs. 1 Nr. 4 EStG gehören in die Steuerklasse IV Arbeitnehmer, die verheiratet sind, wenn beide Ehegatten unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben. Sie wird üblicherweise gewählt, wenn beide Ehegatten in etwa ein gleich hohes Arbeitseinkommen erzielen (AG Leipzig JurBüro 2018, 216; AG Düsseldorf JurBüro 2017, 438; AG Langenfeld JurBüro 2016, 157). Insoweit kann von dem aus der Lohnabrechnung ersichtlichen Arbeitseinkommen des Schuldners auf die Größenordnung des Arbeitseinkommens des Ehegatten geschlossen werden. Das muss zur hinreichenden Substantiierung genügen. Es obliegt dann dem Schuldner, einen atypischen Fall darzulegen. Damit hat der Rechtspfleger zu Recht den Ehegatten bei der Berechnung des unpfändbaren Arbeitseinkommens nicht berücksichtigt.
Auch das Kind ist zur Hälfte nicht zu berücksichtigen
Der Rechtspfleger hätte auch das Kind zur Hälfte nicht berücksichtigen dürfen. Eine ähnliche Fallkonstellation hatte schon das LG Düsseldorf zu entscheiden (FoVo 2017, 216). Nach seiner Auffassung ist zu prüfen, ob die eigenen Einkünfte des Unterhaltsberechtigten dazu führen, dass dem Schuldner insoweit kein eigenes Einkommen verbleiben muss, weil der Bedarf des Unterhaltsberechtigten anderweitig gedeckt ist (BGH ZVI 2005, 254, 255 f.; BGH v. 7.5.2009 – IX ZB 211/08). Deshalb sind Unterhaltszahlungen, die der Unterhaltsberechtigte vom anderen Elternteil oder Dritten bezieht, als eigene Einkünfte im Sinne von § 850c Abs. 4 ZPO zu berücksichtigen. Geld, das der Unterhaltsberechtigte von dritter Seite bezieht, verringert seinen Bedarf und entlastet den zum Unterhalt verpflichteten Schuldner (BGH ZInsO 2015, 1101).
Naturalunterhalt mindert den Bedarf
Zuwendungen, die dem Unterhaltsberechtigten in Natur geleistet werden, wie etwa unentgeltliches Wohnen oder freie Kost, mindern die Unterhaltsverpflichtung des Schuldners (Hornung, Rpfleger 1978, 353, 356). Es besteht daher kein sachlicher Grund, zwischen der Art der Gewährung des Unterhalts zu unterscheiden (LG Ansbach JurBüro 2010, ...