Leitsatz

  1. Das Gericht kann einen eigenen Wirtschaftsplan aufstellen, wenn der vom Verwalter vorgelegte wegen Unterdeckung für ungültig erklärt werden musste
  2. Zum Verbot der Leitung einer Wohnungseigentümerversammlung durch Beschluss (besser: entsprechende positive Geschäftsordnungsbeschlussfassung)
 

Normenkette

(§§ 24 Abs. 5, , 43 Abs. 2 WEG)

 

Kommentar

  1. Trotz des weiten Ermessensspielraums der Gemeinschaft bei Festsetzung eines Jahreswirtschaftsplans verstößt es gegen Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung (§ 21 Abs. 3 WEG), wenn ein Wirtschaftsplan die mit einiger Sicherheit zu erwartenden laufenden Aufwendungen nicht decken wird (vgl. bereits KG, WE 1991, 193). Vorliegend musste das LG zu Recht den Wirtschaftsplan wegen Unterdeckung für ungültig erklären. Damit oblag es dem Gericht, im Rahmen des Ermessens nach § 43 Abs. 2 WEG einen eigenen Wirtschaftsplan aufzustellen. Die eingestellten Ausgabenpositionen waren für erforderlich anzusehen.
  2. Grundsätzlich führt der Verwalter gem. § 24 Abs. 5 WEG den Versammlungsvorsitz. Insoweit handelt es sich allerdings weder um eine originäre, geschweige denn eine unentziehbare Kompetenz des Verwalters. Das Recht, einen Versammlungsleiter zu wählen, ist vielmehr ein originäres Recht der Eigentümergemeinschaft. Vorrangig entscheidet die Gemeinschaft durch Mehrheitsbeschluss (Geschäftsordnungsbeschluss) über einen Versammlungsvorsitz; § 24 Abs. 5 WEG sieht nur eine Ersatzzuständigkeit des Verwalters vor. Offen bleibt in diesem Zusammenhang, ob die Möglichkeit des WEG-Gerichts einem Wohnungseigentümer das passive Wahlrecht (also gewählt zu werden) für den Versammlungsvorsitz auf Dauer zu entziehen, nicht bereits daran scheitern muss, dass eine derartige generelle Geschäftsordnungsregelung die Beschlusskompetenz der Gemeinschaft überschreitet (vgl. z. B. zur generellen Einführung der Schriftform für Beschlussanträge KG, NZM 2002, 707 = ZMR 2002, 863). In der Regel kann auch ein Geschäftsordnungsbeschluss nicht erfolgreich angefochten werden, da seine unmittelbare Wirksamkeit mit Beendigung der Versammlung aufhört. Allerdings können ausnahmsweise auch Maßnahmen der Geschäftsordnung einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden, wenn es sich um eine in der Gemeinschaft aufgetretene grundsätzliche Frage handelt, die aller Voraussicht nach auch künftig immer wieder auftreten kann und eine gerichtliche Überprüfung fordert (vgl. BayObLG, ZMR 1996, 151). Sicher kann auch dem Geschäftsführer einer aus wichtigem Grund abberufenen Verwalter-GmbH sein Fehlverhalten zuzurechnen und zu berücksichtigen sein, wenn er nunmehr in seiner Eigenschaft als Wohnungseigentümer (Versammlungsleiter) handelt. Aus der Ungeeignetheit als Verwalter kann auch auf eine ebensolche Ungeeignetheit eines Eigentümers für den Versammlungsvorsitz geschlossen werden. Allerdings kann nicht der zeitlich unbegrenzte Ausschluss (hier des Antragsgegners) vom Versammlungsvorsitz beschlossen werden. Rechtlich zulässig sind nur konkrete Maßnahmen für eine oder ggf. auch mehrere bevorstehende Versammlungen in einem bestimmten Zeitraum. Besser als das (negative) Verbot der Leitung einer Eigentümerversammlung erscheint dem Senat i. Ü. die positive Anordnung, dass für eine bestimmte Versammlung oder einen begrenzten Zeitraum der Verwalter den Vorsitz zu führen hat, wie es auch § 24 Abs. 5 WEG als Regelfall vorsieht (vgl. bereits KG, ZMR 1989, 27). Damit wird eine Voraussetzung für den ordnungsgemäßen Ablauf der Versammlung geschaffen und ein Geschäftsordnungsbeschluss betreffend eines anderweitigen Versammlungsvorsitzes ausgeschlossen. Das vom LG ausgesprochene Verbot der Versammlungsleitung ist demgemäß in zweierlei Hinsicht zu modifizieren, nämlich beschränkt auf einen bestimmten Zeitraum und positiv gefasst als Einsetzung der Verwaltung als Leitung der in diesem Zeitraum stattfindenden Versammlungen.
 

Link zur Entscheidung

(KG Berlin, Beschluss vom 15.01.2003, 24 W 129/01)

Anmerkung
  1. Ob ein Gericht im Rahmen eigener Ermessensentscheidung nach § 43 Abs. 2 WEG sogar nach Aufhebung eines Wirtschaftsplan-Genehmigungsbeschlusses der Eigentümer einen eigenen Wirtschaftsplan erstellen kann (muss?), erscheint mir fraglich, da das Gesetz von der mehrheitlichen Genehmigung eines Wirtschaftsplans durch Eigentümerbeschluss ausgeht (vgl. § 28 Abs. 2 und 5 WEG). Meines Erachtens kann ein Antragsteller allein seinen Beschlussanfechtungsantrag mit einem Verpflichtungsantrag verbinden, bestimmte Ausgabenpositionen in entsprechender Höhe in einen neuen "Entwurf" eines Wirtschaftsplans einzuarbeiten, der dann jedoch neuerlich der mehrheitlichen Genehmigung der Gemeinschaft zu überantworten ist (bzw. Zustimmungsersetzung durch Gerichtsentscheidung).
  2. Ist ein Eigentümer zur Versammlungsleitung bewiesenermaßen (aus objektiver Sicht) nicht geeignet, kann hier stets in jeder Versammlung separater Geschäftsordnungsbeschluss gefasst werden (sogar vor Eintritt in die Tagesordnung), den Vorsitz für diese Versammlung zu wechseln. Meines Erachtens kann aller...

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