Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 14 Nr. 1 WEG, § 15 Abs. 3 WEG, § 43 Abs. 1 WEG, § 1004 BGB, § 12 FGG
Kommentar
1. Die Vergrößerung einer Terrasse unter Einbeziehung eines Teils der zum Sondernutzungsrecht desselben Wohnungseigentümers gehörenden Rasenfläche stellt eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums dar. Allerdings führt eine Verbreiterung von nur etwa 1/2 Meter (Lichtbilder, gerichtlicher Augenschein) entsprechend der Meinung des LG zu keiner ungünstigen Veränderung des optischen Gesamteindruckes der Wohnanlage, zumal sich auch die geringfügig verbreiterte Plattierung gut in das Gesamtbild einfügt und auch nicht von uneinheitlicher Gestaltung gesprochen werden kann. Erfahrungsgemäß wird zwar eine Terrasse intensiver genutzt als eine unbefestigte Garten- bzw. Rasenfläche. Beeinträchtigungen, die von einer hier in geringem Umfang vorgenommenen Erweiterung der Terrasse ausgehen, können jedoch als geringfügig eingestuft werden.
2. Selbst ein bestandskräftig gewordener Eigentümerbeschluss, mit dem die Eigentümer der Veränderung der Terrasse unter dem Vorbehalt zugestimmt hätten, dass sie bis zu einem bestimmten Zeitpunkt um 0,90 m verkürzt werde, begründet (bei Nichteintritt dieser Bedingung) nicht die Verpflichtung des Antragsgegners zur teilweisen Beseitigung seiner veränderten Terrasse. Ein Eigentümerbeschluss, der einem Eigentümer Pflichten auferlegt, muss dies klar erkennen lassen; nur dann ist es gerechtfertigt, auch nach Ablauf der Anfechtungsfrist den Eigentümer am Beschluss festzuhalten; vorliegend fehlte es an eindeutiger Beschlussfestlegung einer Beseitigungspflicht.
3. Hinsichtlich einer weitergehenden Vergrößerung wurde allerdings Beseitigungspflicht und Wiederherstellung des früheren Zustandes (Entfernung von Platten samt Betonunterbau und erneute Raseneinsaat) bestätigt.
4. Nicht von einer baulichen Veränderung des Gemeinschaftseigentums ist i.Ü. dann auszugehen, wenn ein Wohnungseigentum vom Bauträger von vornherein abweichend von der ursprünglichen Planung errichtet wird; ein Eigentümer ist in einem solchen Fall auch dann nicht zur Beseitigung geänderter Ausführung verpflichtet, wenn er sie beim Kauf des Wohnungseigentums veranlasst hat; im vorliegenden Fall erfolgte die Veränderung jedoch nachträglich und hätte der Zustimmung aller Eigentümer bedurft. Allerdings wurden hinsichtlich der besagten Verbreiterung Nachteilswirkungen der restlichen Eigentümer vom LG zu Recht nicht als entscheidungserheblich anerkannt (weder ästhetische Veränderung des Erscheinungsbildes noch Risiko intensiverer Nutzung der Terrasse noch bautechnische nachteilige Einwirkungen auf Gebäude oder Grundstück).
5. Der in Wohnungseigentumsverfahren geltende Grundsatz der Amtsermittlung ( § 12 FGG) kann dem Gericht auch Veranlassung geben, eine von den Beteiligten als unstreitig bezeichnete Terrasse auf ihre Richtigkeit zu überprüfen.
6. Keine außergerichtliche Kostenerstattung bei Geschäftswertansatz für das Rechtsbeschwerdeverfahren von DM 5.000,-.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 30.01.1997, 2Z BR 110/96)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer