Rz. 19
Der Anteil eines Miterben an dem Nachlass kann gemäß § 859 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 ZPO gepfändet werden. Insoweit handelt es sich um eine Zwangsvollstreckung in ein anderes Vermögensrecht, für die gem. § 857 Abs. 1 ZPO die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in Forderungen gemäß § 828 ff. ZPO entsprechend gelten. Dies bedeutet, dass der Gläubiger mit der Pfändung ein Pfändungspfandrecht (§ 804 Abs. 1 ZPO) an dem Erbanteil erwirbt, nicht jedoch an den einzelnen Nachlassgegenständen (BGH, WM 2019, 685 = ZEV 2019, 267 = ZErb 2019, 128 = FamRZ 2019, 907; BGH BGHZ 52, 99, 102 = WM 1969, 764; BGH, NJW 1967, 200 = MDR 1967, 209).
Die Pfändbarkeit des Miterbenanteils ist auch zulässig bei Anordnung von Testamentsvollstreckung sowie Nachlassverwaltung (Zöller/Herget, § 859 Rn. 15). Ein Anspruch auf ein "Auseinandersetzungsguthaben" besteht hier als selbständig pfändbares Recht nicht. Auch besteht vor dem Anfall der Erbschaft keine pfändbare Anwartschaft auf die künftige Erbschaft oder einen Miterbenanteil.
Rz. 20
Mehrere Miterben haften nach § 2058 BGB gesamtschuldnerisch, d. h. jeder Miterbe haftet auf die volle Erblasserschuld. Daher ist i. S. d. § 727 ZPO auch jeder Erbe Rechtsnachfolger des Erblassers (vgl. Zöller/Herget, § 727 Rn. 14). Aus dem gegen den Erblasser erstrittenen und auf Zahlung von Geld lautenden Vollstreckungstitel kann daher nach Annahme der Erbschaft durch einen der Miterben in das Vermögen dieses Miterben einschließlich seines Erbanteils gem. Abs. 2 vollstreckt werden, ohne dass es dazu eines Erbscheins hinsichtlich der gesamten Erbfolge oder einer Auseinandersetzung unter den Miterben bedarf (LG Leipzig, InVo 2004, 114).
Rz. 21
Die Pfändung erfolgt nach §§ 857, 829 ZPO. Drittschuldner sind die übrigen Miterben, der Nachlassverwalter bzw. Testamentsvollstrecker (OLG Frankfurt, JurBüro 1979, 1089; KG, OLGZ 23, 221). Bei Bestehen einer Nachlasspflegschaft jedoch ist an die Miterben und nicht an den Nachlasspfleger als Drittschuldner zuzustellen (LG Kassel, InVo 1998, 77).
Rz. 22
Durch die Pfändung erlangt der Gläubiger ein Pfandrecht an dem Erbteil, nicht aber an den einzelnen Nachlassgegenständen (BGH, NJW 1968, 2059 = MDR 1968, 913 = BB 1968, 1015 = WM 1968, 1045; OLG Köln, NJW-Spezial 2014, 647; Palandt/Weidlich, § 2033 Rn. 15; MünchKomm/BGB-Gergen, § 2033 Rn. 36). Der Pfändungsgläubiger wird nicht Rechtsinhaber, sein Pfändungspfandrecht dient allein der Verwertung des Nachlassgegenstandes zum Zwecke der Befriedigung seiner Forderung. Er ist berechtigt, alle dem Schuldner als Miterben zustehenden, nicht höchstpersönlichen Rechte neben diesem auszuüben, insbesondere das Verwaltungs- und Verfügungsrecht gem. §§ 2038 ff. BGB, das Recht auf Mitwirkung bei der Auseinandersetzung gem. § 2042 BGB und das Recht auf den nach Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten verbleibenden anteiligen Überschuss gem. §§ 2047, 1258 Abs. 3 BGB. Er ist dann u. a. berechtigt, den gepfändeten Anteil eigenhändig zu verkaufen (OLG Sachsen-Anhalt, NJW-Spezial 2013, 135 = ZEV 2013, 680). Möglich ist auch, den gepfändeten Anteil zu versteigern. Der Schuldner bleibt jedoch Miterbe. Bei rechtsgeschäftlicher Nachlassteilung sowie Verfügungen über einzelne Nachlassgegenstände, z. B. der Veräußerung eines Nachlassgrundstücks, muss er daher mitwirken (Zöller/Herget, § 859 Rn. 17; Stöber, Rn. 1673). Der Schuldner bleibt Erbe und kann daher auch noch wirksam die Erbschaft ausschlagen. Der Miterbe wird durch die Pfändung seines Erbteils durch einen anderen Miterben nicht daran gehindert, eine Nachlassforderung mit dem Ziel der Hinterlegung für alle Erben geltend zu machen. Dies gilt auch dann, wenn der Pfändungsgläubiger zugleich der Forderungsschuldner ist (BGH, NJW 1968, 2059 = MDR 1968, 913 = BB 1968, 1015 = WM 1968, 1045).
Rz. 23
Gehört zum Nachlass auch ein Grundstück, so kann die Pfändung des Miterbenanteils bei einer zum Nachlass gehörenden Grundschuld als Grundbuchberichtigung in das Grundbuch eingetragen werden, wenn die Miterben als Grundschuldgläubiger eingetragen sind und wenn der Grundbuchbrief vorgelegt wird (OLG Frankfurt, Rpfleger 1979, 205). Die Eintragung ist Grundbuchberichtigung und erfolgt auf Antrag des Gläubigers. Dieser hat die Wirksamkeit der Pfändung nachzuweisen (§ 22 GBO). Besteht der Miterbenanteil am Nachlass praktisch nur aus einem Grundstück, so erwirbt – ohne dass die Pfändung im Grundbuch eingetragen ist – ein gutgläubiger Käufer des Miterbenanteils nur ein mit dem Pfandrecht belastetes Recht, da der Erwerb des Miterbenanteils außerhalb des Grundbuchs erfolgt und die §§ 891, 892 BGB demgemäß nicht einschlägig sind (OLG Köln, InVo 1997, 78). Befindet sich das Grundstück in der Teilungsversteigerung, so ist der Schuldner als Miterbe berechtigt, die einstweilige Einstellung des Verfahrens nach § 180 ZVG zu beantragen (LG Stendal, Rpfleger 1998, 122; OLG Hamm, Rpfleger 1958, 269).
Rz. 24
Für die Verwertung des gepfändeten Anteils findet § 835 Abs. 1 ZPO Anwendung, d. h., der Anteil wird dem Glä...