Leitsatz (amtlich)
Adelsnamen sind im Wege der Namensänderung nur in seltenen Ausnahmefällen zu gewähren (Festhalten an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, Urt. v. 11.12.1996, DVBl. 1997 S. 616).
Die Gefahr einer psychischen Erkrankung im Falle der Versagung des gewünschten Adelsnamens begründet einen Ausnahmefall nicht.
Verfahrensgang
VG Hamburg (Urteil vom 21.08.2002) |
Tenor
Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 21. August 2002 zuzulassen, wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 4000,– Euro festgesetzt.
Tatbestand
I. Die Klägerin begehrt die Änderung ihres Familiennamens.
Die im Jahr 1950 geborene Klägerin beantragte im Februar 2000, ihren Familiennamen M. in von P. zu ändern. Ein wichtiger Grund für diese Namensänderung im Sinne des § 3 NÄG liege vor, weil sie oft wegen ihres Namens gehänselt und immer wieder lächerlich gemacht worden sei. Sie habe sich immer mehr von ihrer Umwelt distanziert. Diese zur Selbstunsicherheit führenden Beeinträchtigungen hätten sie in Depressionen verfallen lassen. Mit dem Namen von P. könne sie sich identifizieren und individualisieren. Diesen Namen gebe es in Deutschland nicht, so dass sie nicht in fremde Namensrechte eingreife. Ein falscher Eindruck über familiäre Zusammenhänge mit der Familie ihres Lebensgefährten Herrn S. könne nicht entstehen, weil dessen Familie diesen Namen seit vier Generationen nicht mehr führe. Die Mehrteiligkeit des Namens sei unproblematisch, da die Praxis mühelos etwa mit Doppelnamen zurechtkomme. Die ehemalige Adelsbezeichnung im Wunschnamen stehe der Namensänderung nicht entgegen. Mit Art. 109 Abs. 3 WRV seien Adelsbezeichnungen in Namensbestandteile umgewandelt worden. Die Adelszeichen verlören nur dann an Exklusivität, wenn sie für jeden zugänglich würden (sog. Verwässerungsmethode). Außerdem trug die Klägerin vor, dass es nicht im öffentlichen Interesse liegen könne, die Beeinträchtigung ihrer Persönlichkeit zur kostenpflichtigen Krankheit werden zu lassen, indem ihr das Führen des Wunschnamens verweigert werde.
Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 28. Juni 2000 ab. Zur Begründung ihres dagegen erhobenen Widerspruchs bezog sich die Klägerin im Wesentlichen auf das Gutachten des Facharztes für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychotherapeutische Medizin M. -K. vom 21. August 2000. Dort heißt es im Abschnitt „Zusammenfassung und Beurteilung” (S. 17, 20, 21) unter anderem: „Es handelt sich um eine seit langem bestehende depressiv-masochistische Erkrankung im Sinne des Sozialgesetzbuches V, die Krankheitszeichen sind jedoch durch äußere Anpassung und Unterwerfung, durch Gehemmtheit unterdrückt worden, dieses Unterdrückungssystem ist aktuell gefährdet durch die Verwehrung ihres Wunsches nach neuer Identität. Es besteht begründete Aussicht auf Heilung durch Neuorientierung und Umstrukturierung, eine Verwehrung würde als auslösende Situation für schwerwiegende Krankheitszeichen von Wert darstellen, die behandlungspflichtig sind. …(…), solange die Deutungsmöglichkeit eine willkürliche Behandlung in einem eventuellen Ermessensspielraum ergeben könnte, solange wird die Untersuchte ihr Schicksal als fremd bestimmt und gegen sich gerichtet erleben und folgerichtig muss sie diese von ihr so erlebte Aggression in Autoaggression umbauen. Sie sieht in einer Verwehrung die Bestätigung ihrer Minderwertigkeit. Das wird sie als Reaktualisierung früherer Entwertungen nicht ertragen können. Gegen ein Gemeinschaftsrecht wird sie nicht verstoßen wollen und in ihrer Gefügigkeit resignieren und wird dann auch psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen können.”
Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 30. Mai 2000 (richtig 30. Mai 2001) zurück. Die Abwägung der persönlichen Interessen der Klägerin mit den öffentlichen Interessen an der Beibehaltung des Familiennamens ergebe ein Überwiegen der Belange der Klägerin. Einer Namensänderung werde grundsätzlich zugestimmt. Der Widerspruch der Klägerin sei aber zurückzuweisen, da ihr Wunschname ein ehemaliger Adelsname sei, der nach der Verwaltungspraxis nur in besonderen Ausnahmefällen vergeben werden könne. Ein solcher Ausnahmefall sei nicht ersichtlich. Die vorgelegte ärztliche Stellungnahme führe nicht zu einem anderen Ergebnis. Die Aussagekraft dieser Stellungnahme müsse relativiert werden, weil sie das Ergebnis einer lediglich einmaligen Zusammenkunft sei und unter anderem auf Aussagen der Klägerin beruhe, die zum Teil offensichtlich zielorientierte Angaben gemacht habe. Außerdem könne die Namensänderung nicht die fachärztliche Behandlung ersetzen und nicht als Therapiemittel missbraucht werden. Der Name Vonp. könne auch nicht akzeptiert werden. Zwar sei dieser Name nicht mehrteilig, dem Klang nach sei jedoch kein Unterschied festzustellen. Diese Schreibweise würde erst recht Schwierigkeiten und Probleme provozieren....