Leitsatz
Dem Antragsgegner wurde vom FamG Verfahrenskostenhilfe für seine Rechtsverteidigung gegen den Antrag der Kindesmutter auf Zahlung von Kindesunterhalt für die im Jahre 1997 geborene gemeinsame Tochter i.H.v. 218,74 EUR monatlich versagt. Er bezog eine geringe Erwerbsunfähigkeitsrente und berief sich auf außergewöhnlich hohe Wohnkosten von 494,00 EUR monatlich, die den Wohnkostenanteil der Düsseldorfer Tabelle von bis zu 360,00 EUR monatlich bei dem ihm zu belassenden notwendigen Selbstbehalt erheblich überschritten. Sein Selbstbehalt sei daher um 134,00 EUR zu erhöhen.
Nach der Trennung von seiner Ehefrau habe sich wegen einer Alkoholerkrankung in stationärer Behandlung befunden und sich nicht in dem eigentlich gebotenen Maße um eine günstigere Wohnung kümmern können.
Gegen den ablehnenden VKH-Beschluss des AG legte der Antragsgegner Beschwerde ein. Sein Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das KG ging in seiner Entscheidung davon aus, dass eine Erhöhung des Selbstbehalts wegen erhöhter Wohnkosten zwar rechtlich möglich sei, jedoch nur dann in Betracht komme, wenn der Pflichtige für die Deckung seines Wohnbedarfs dauerhaft unvermeidbare Mehrkosten in erheblichem Umfang aufbringen müsse. Diese Voraussetzungen seien von dem Antragsgegner nicht schlüssig dargelegt worden. Auch wenn man ihm eine krankheitsbedingte Einschränkung seiner Möglichkeiten, sich um kostengünstigen Wohnraum zu bemühen, zugestehe und die erhöhten Mietkosten für die Dauer der mietvertraglich vorgesehenen Mindestmietzeit von einem Jahr anerkenne, sei für die Folgezeit nicht nachvollziehbar dargelegt, aus welchen Gründen er den Mietvertrag nicht fristgerecht gekündigt habe, um danach eine seinen Verhältnissen entsprechende Wohnung anzumieten.
Aufgrund der ihm obliegenden gesteigerten Unterhaltsverpflichtung ggü. seiner minderjährigen Tochter sei er gemäß § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB gehalten, bei Eingehung von Verbindlichkeiten auf die Belange der Unterhaltsberechtigten Rücksicht zu nehmen. Diese Rücksichtnahme müsse er auch bei seinem eigenen Wohnkostenbedarf walten lassen.
Hinweis
Die unterhaltsrechtlichen Leitlinien und Tabellen der Oberlandesgerichte stellen keine verbindlichen Regelungen dar, sondern sind als Orientierungshilfen zu verstehen, von denen je nach Lage des Einzelfalls abgewichen werden kann und muss.
Derjenige, der eine Abweichung von den Vorgaben der Leitlinien und Tabellen erreichen will, muss substantiiert und vorsorglich unter Beweisantritt vortragen, warum im konkreten Fall eine andere Handhabung geboten ist. Die Anforderungen an die Substantiierung sind dann besonders streng, wenn es - wie in dem vom KG entschiedenen Fall - um die eingeschränkte Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Minderjährigenunterhalt geht.
Zur Substantiierung muss detailliert dargelegt werden, dass und welche vergeblichen Bemühungen um eine günstigere Wohnung angestellt worden sind.
Link zur Entscheidung
KG Berlin, Beschluss vom 24.02.2012, 17 WF 25/12