keine Angaben zur Rechtskraft
Entscheidungsstichwort (Thema)
Terminsgebühr. Versäumnisurteil
Leitsatz (amtlich)
Wird im Termin nicht nur der Erlass eines Versäumnisurteils beantragt, sondern zuvor noch über die Präzisierung des Klageantrags und über materiell-rechtliche Fragen zur Schlüssigkeit des Klagebegehrens gesprochen, erwächst dem Rechtsanwalt die volle Terminsgebühr aus Nr. 3104 VV RVG.
Eine Reduzierung auf 0,5 gemäß Nr. 3105 VV RVG hat zu unterbleiben.
Normenkette
RVG VV Nrn. 3104-3105
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Beschluss vom 08.09.2005; Aktenzeichen 3 Ca 64/05) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägervertreters wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 08. September 2005 – 3 Ca 64/05 – abgeändert:
Die dem Klägervertreter aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung wird auf 725 EUR festgesetzt.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Tatbestand
I.
Zum Gütetermin am 21. März 2005 erschienen vor dem Arbeitsgericht die Klägerin und ihr Prozessbevollmächtigter. Ausweislich des Protokolls präzisierte der Klägervertreter seinen Antrag im Vergleich zu dem in der Klageschrift angekündigten Antrag. Außerdem wurde nach einer dienstlichen Äußerung der Vorsitzenden vom 2. August 2005 auch die mit der Klageschrift gerügte Vollmacht der Unterzeichnerin der streitbefangenen Kündigung erörtert. Danach wurde der Klägerin im Termin antragsgemäß Prozesskostenhilfe bewilligt, ihr Prozessbevollmächtigter beigeordnet und sodann ein Versäumnisurteil zu ihren Gunsten verkündet (Bl. 25 d. A.). Das Versäumnisurteil blieb unangegriffen.
Am 23. März 2005 beantragte der Klägervertreter Kostenfestsetzung gegenüber der Staatskasse wie folgt:
§§ 13 RVG §§ 49,13 I RVG |
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1,3 Verfahrensgebühr §§ 2, 49 RVG '04, Nr. 3100 VV (Wert: 9.453,00 EUR) |
631,80 EUR |
314,60 EUR |
1,2 Terminsgebühr §§ 2, 49 RVG '04, Nr. 3104 VV (Wert: 9,453,00 EUR) |
583,20 EUR |
290,40 EUR |
Post- und Telekommunikationspauschale, Nr. 7002 VV-RVG '04 |
20,00 EUR |
20,00 EUR |
Summe netto |
1.235,00 EUR |
625,00 EUR |
Umsatzsteuer (Mwst), Nr. 7006 VV-RVG '04 (16,00 %) |
197,60 EUR |
100,00 EUR |
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1.432,60 EUR |
725,00 EUR |
Durch Beschluss vom 31. März 2005 bewilligte der Urkundsbeamte der Geschäftstelle dem Klägervertreter nur 528,50 EUR. Dieser Betrag ergibt sich, wenn statt der begehrten 1,2-fachen Terminsgebühr nur 0,5 Terminsgebühr (123,00 EUR) in die Berechnung des Klägervertreters eingesetzt wird. Die Absetzung wurde begründet unter Verweis auf Nr. 3105 VV RVG. Am 11. April 2005 legte der Klägervertreter hiergegen „befristete Erinnerung” ein mit dem Begehren, statt der bewilligten 0,5 Terminsgebühr die beantragte 1,2-fache Terminsgebühr zu erhalten. Er wies dabei darauf hin, dass im Termin vom 21. März 2005 nicht „lediglich” ein Versäumnisurteil beantragt worden sei.
Dieser so verstandenen Erinnerung halfen weder der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle noch das Arbeitsgericht ab, letzteres durch Beschluss vom 08. September 2005 mit der Begründung, dass sich die Erörterungen im Termin allein auf den Erlass eines Versäumnisurteils beschränkt hätten und deshalb nur eine 0,5 Terminsgebühr angefallen sei. Mit dem Beschluss vom 08. September 2005 ließ das Arbeitsgericht auch die Beschwerde zu. Nach Zustellung des Beschlusses am 16. September 2005 legte der Klägervertreter hiergegen am 29. September 2005 Beschwerde ein unter Vertiefung seines Rechtsstandpunktes. Dieser Beschwerde hat das Arbeitsgericht am 31. Oktober 2005 nicht abgeholfen und die Sache dem Hessischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Akteninhalt im Übrigen verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde des Klägervertreter ist gemäß den §§ 56, 33 Abs. 3 bis 8 statthaft und nach form- und fristgerechter Einlegung auch zulässig, nachdem das Arbeitsgericht die Beschwerde ausdrücklich gemäß § 33 Abs. 3 Satz 2 RVG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (§ 33 Abs. 4 RVG).
Die Beschwerde ist begründet.
Der Klägervertreter kann die Erstattung von insgesamt 725 EUR aus der Staatskasse verlangen. Zu Unrecht hat das Arbeitsgericht der Erinnerung des Klägervertreters nicht abgeholfen. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle durfte die Erstattungsforderung des Klägervertreters nicht auf 528,50 EUR reduzieren.
Es ist zwar zutreffend, dass sich die Terminsgebühr aus Nr. 3104 VV RVG von dem 1,2-fachen Gebührensatz gemäß Nr. 3105 VV RVG auf 0,5 reduziert, wenn der Anwalt einen Termin wahrnimmt, in dem „nur” ein Versäumnisurteil erlassen wird. Dies gilt nach dem Wortlaut von Nr. 3105 VV RVG jedoch nur, wenn „lediglich” ein Antrag auf Versäumnisurteil oder zur Prozess- oder Sachleitung gestellt wird. Mit dieser Gebührenreduzierung soll nach den Gesetzesmotiven (zitiert nach Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 16. Auflage 2004, Nr. 3105 VV Randziffer 2) dem verminderten Aufwand des Rechtsanwalts in dieser Fallkonstellation Rechnung getragen werden ähnlich wie dies früher § ...