Entscheidungsstichwort (Thema)
Internetveröffentlichung. Betriebsratsmitglied. Homepage
Leitsatz (amtlich)
Der Arbeitgeber hat gegen einzelne Betriebsratsmitglieder aus der Verletzung des Gebots zur vertrauensvollen Zusammenarbeit nach § 2 Abs. 1 BetrVG einen Anspruch, die Veröffentlichung einer Werkszeitung, die Betriebs- und Betriebsratsinterna enthält, auf seiner Homepage zu unterlassen. Das Grundrecht auf Pressefreiheit steht dem nicht entgegen.
Normenkette
BetrVG § 2 Abs. 1; GG Art. 5
Verfahrensgang
ArbG Kassel (Beschluss vom 17.12.2003; Aktenzeichen 1 BV 6/03) |
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kassel vom 17. Dezember 2003 – 1 BV 6/03 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beschlusstenor am Ende von Ziffer 2) statt „oder sonst eine Einstellung der Publikationen in das Internet zu begünstigen” lautet „… oder sonst die Publikation Dritten zum Zwecke der Einstellung in das Internet zur Verfügung zu stellen”.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Arbeitgeberin verlangt von dem Antragsgegner die Unterlassung von Veröffentlichungen und Äußerungen im Internet.
Der Antragsgegner ist Mitglied des bei der Arbeitgeberin gebildeten Betriebsrates (Beteiligter zu 3). Er hat auf der Liste der „A. Metaller” kandidiert, deren Listenführer er ist. Diese Gruppierung ist im Betrieb der Arbeitgeberin ein Zusammenschluss von Arbeitnehmern, die weder einen eingetragenen Verein darstellen noch als nichteingetragener Verein einen Vorstand haben. Die Betriebsräte und Kandidaten der „A. Metaller” geben seit über zehn Jahren eine „Werkzeitung” mit dem Titel „Nachrichten vom M., Meldungen und Meinungen von Kollegen für Kollegen der D. AG Werk K.” heraus. Als Verantwortlicher im Sinne des Presserechts ist der Antragsgegner aufgeführt. Die Zeitung erscheint etwa monatlich, wobei aus aktuellem Anlass Einzelmeldungen außerhalb der Monatsschrift als „Telegramm” unter der Überschrift „Nachrichten vom M.” erscheinen. Die Zeitungen werden nach ihrem jeweiligen Erscheinen jeweils vor dem Werkstor der Arbeitgeberin in K. von den Mitgliedern der „A. Metaller” verteilt.
Seit dem Novemberheft 2002 befindet sich im Impressum der Zeitung folgende Internetanschrift: „www.a. de”. Unter dieser Anschrift wird eine Homepage betrieben, dessen Domaine-lnhaber der Antragsgegner ist. Auf der Homepage befindet sich eine Unterseite mit der Überschrift „Zeitung”. Auf dieser Seite waren zum Zeitpunkt der Antragstellung die „Nachrichten vom M.” Oktober 2002, November 2002, Januar 2003, Februar 2003 und April 2003 sowie das „Telegramm vom 18. November 2002” in vollem Wortlaut eingestellt (vgl. Hülle Bl. 19 d.A.).
Bei Aufruf der Homepage baute sich ein Bild mit dem Foto der Mitglieder der „A. Metaller” auf, dass wie folgt überschrieben ist (vgl. Anlage 1, Hülle Blatt 19 der Akte):
„A. Metaller”
Arbeitnehmervertretung im Betriebsrat der D. AG K
„Interessenvertretung statt CO-Management”
Mit ihrem am 3. Juni 2003 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag ist die Arbeitgeberin der Ansicht gewesen, durch den Untertitel der Homepage (Arbeitnehmervertretung im Betriebsrat …) erhalte der streitgegenständliche Internetauftritt des Beteiligten zu 2) unmissverständlichen Bezug zur Betriebsratstätigkeit der Gruppierung der „A. Metaller”. In den Publikationen setzten sich die „A Metaller” mit dem Betrieb der Arbeitgeberin in K. betreffenden betriebsverfassungsrechtlich bedeutsamen Fragen auseinander. Zudem würden betriebsratsinterne Auseinandersetzungen beschrieben. Über die Berichterstattung hinaus, die auch konkrete Informationen bzw. Meinungsäußerungen und Werturteile über das Abstimmungs- und Verhandlungsverhalten von Betriebsleitung und Betriebsräten beinhalte, umfassten die eingestellten Publikationen auch Aufrufe zu allgemeinpolitischen Themen. Zudem würden Führungskräfte und Mitarbeiter bewusst und beabsichtigt diskreditiert. Der Internetauftritt stehe daher in engem Zusammenhang mit der Amtstätigkeit des Antragsgegners, was einen Verstoß gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit nach § 2 Abs. 1 BetrVG darstelle. Der Antragsgegner sei als Betreiber der Homepage Verantwortlicher für deren Inhalt. Als Betriebsratsmitglied sei er nicht befugt, der Öffentlichkeit auf einer von ihm betriebenen Internetseite Informationen zu innerbetrieblichen Vorgängen zugänglich zu machen. Teilweise würden sogar über die Einstellung der Publikationen unternehmerische Kalkulationen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Schließlich öffne sich beim öffnen der Homepage ein Werbebanner, so dass davon auszugehen sei, dass der Antragsgegner Gegenleistungen für die Gestaltung der Bewerbung erhalte. Hierin liege wegen des Zusammenhangs mit der Betriebsratstätigkeit ein Verstoß gegen § 37 Abs. 1 BetrVG. Schließlich verstoße der Antragsgegner mit der Einstellung der streitgegenständlichen Publikationen gegen das Verbot der parteipolitischen Betätigung des § 74 Abs. 2 Satz 3 BetrVG, da dort z.B. zur Teilnahme einer Dem...