Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsratsschulung
Leitsatz (amtlich)
Eine auf Freistellung eines Betriebsratsmitglieds für die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG in Verbindung mit § 37 Abs. 2 BetrVG gerichtete einstweilige Verfügung ist zulässig.
Normenkette
BetrVG § 37 Abs. 6, 2; ArbGG § 85 Abs. 2; ZPO §§ 935, 940
Verfahrensgang
ArbG Offenbach am Main (Beschluss vom 06.07.2004; Aktenzeichen 6 BVGa 15/04) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach vom 06. Juli 2004 – 6 BVGa 15/04 – abgeändert.
Der Beteiligte zu 3) wird im Wege der einstweiligen Verfügung verpflichtet, den Beteiligten zu 2) für die Teilnahme an dem Schulungsseminar „Spezialseminar Teil 2: Erfassung und Beurteilung von Belastungen – Vergleich verschiedener Vorgehensweisen” vom 18. – 22. Oktober 2004 in H. nach § 37 Abs. 2 BetrVG von der Arbeitspflicht freizustellen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten im Wege der einstweiligen Verfügung um die Freistellung für eine Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG.
Der Beteiligte zu 3) (Arbeitgeber) beschäftigt in seinem Betrieb in O. dem sogenannten P. und Z. mehrere 100 Arbeitnehmer. Der Beteiligte zu 1) ist der für den Betrieb O. gebildete Betriebsrat, der Beteiligte zu 2) ist Betriebsratsmitglied und Mitglied des im Betrieb gebildeten Ausschuss für Arbeitssicherheit.
Mit Beschluss vom 2. April 2004 entschied der Betriebsrat, den Beteiligten zu 2) zu dem Seminar des Veranstalters M. G., Büro für Arbeitsschutz, mit dem Thema: „Erfassung und Beurteilung von Belastungen – Vergleich verschiedener Vorgehensweise nach § 37 Abs. 6 BetrVG” in der Zeit vom 18. Oktober bis 22. Oktober 2004 nach H. zu entsenden.
Der Beteiligte zu 3) verweigerte in der ersten Hälfte des Monats April 2004 die Gestattung der Schulungsteilnahme. Er verwies in der Folgezeit darauf, dass die Berufsgenossenschaft gleichwertige Schulungen durchführe und die Teilnahme des Beteiligten zu 2) an den Veranstaltungen der Berufsgenossenschaft für den Beteiligten zu 3) – mit Ausnahme der Fahr- und Unterbringungskosten – kostenlos sei. Der Beteiligte zu 3) hat erklärt, soweit der Beteiligte zu 1) dem Beteiligten zu 2) die Teilnahme an dem streitbefangenen Seminar gestatte, werde er an die Seminarteilnahme des Beteiligten zu 2) keine kündigungsrelevanten Sanktionen knüpfen. Lediglich die Entgeltzahlung für die Fehlzeit und die Übernahme von Schulungs-, Fahrt- und Übernachtungskosten werde abgelehnt.
Die Beteiligten zu 1) und 2) sind der Ansicht gewesen, der Beteiligte zu 3) sei zur Gestattung und zur Freistellung des Beteiligten zu 2) verpflichtet. Inhaltlich ginge es bei der Schulungsveranstaltung um die äußerst wichtige Problematik des Gesundheitsschutzes und hierbei insbesondere um das nach dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) relevante Thema der Erfassung und Beurteilung von Belastungen entsprechend § 5 ArbSchG. Der Betriebsrat habe sich im Vorfeld sachkundig gemacht und festgesellt, dass die ausgewählte Veranstaltung besonders gut geeignet sei, um die betrieblichen Bedürfnisse abzudecken. Es stelle eine ungerechtfertigte Behinderung der Betriebsratsarbeit dar, wenn der Betriebsrat und das betroffene Mitglied erst nach Durchführung der Schulung sicher erführen, wer die Kosten für Seminar, Reise und Übernachtung zu tragen hat und ob Entgelt während der Seminarzeit gezahlt wird.
Die Beteiligten zu 1) und 2) haben beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Verfügung zu verpflichten, die Teilnahme des Betriebsratsmitgliedes M. F. (Antragsteller zu 2) an dem Schulungsseminar nach § 37 Abs. 6 BetrVG „Spezialseminar Teil 2: Erfassung und Beurteilung von Belastungen – Vergleich verschiedener Vorgehensweisen” vom 18.10. bis 22.10.2004 in H. zu gestatten und den Antragsteller zu 2 für die Teilnahme an dieser Schulung von der Arbeitsleistung nach § 37 Abs. 2 BetrVG freizustellen,
sowie hilfsweise für den Fall des Unterliegens,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Verfügung zu verpflichten, die Teilnahme des Betriebsratsmitgliedes M. F. (Antragsteller zu 2) an dem Schulungsseminar nach § 37 Abs. 6 BetrVG „Spezialseminar Teil 2: Erfassung und Beurteilung von Belastungen – Vergleich verschiedener Vorgehensweisen” vom 18.10. bis 22.10.2004 in H. zu gestatten.
Der Beteiligte 3) hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Der Beteiligte zu 3) ist der Ansicht gewesen, es lägen weder Verfügungsanspruch noch Verfügungsgrund vor. Hinsichtlich des Verfügungsgrundes ist der Beteiligte zu 3) der Auffassung gewesen, die begehrte Freistellung des Beteiligten zu 2) zu einem Schulungsseminar nach § 37 Abs. 6 BetrVG regele bereits die Frage der Entgeltzahlung und der Kostenübernahme. Dies stelle jedoch eine Vorwegnahme der Hauptsache dar.
Das Arbeitsgericht Offenbach hat die Anträge durch Beschluss vom 06. Juli 2004 – 6 BVGa 15/04 – zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es bestehe kein Verfügungsgrund. Da durch die begehrte Entscheidung die Hauptsache vorweg...