Entscheidungsstichwort (Thema)
Erlöschen der Betriebsratsmitgliedschaft mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gem. § 24 Abs. 3 BetrVG. Freistellung von der Arbeit und Wählbarkeit zum Betriebsrat
Leitsatz (amtlich)
Die Freistellung eines Arbeitnehmers von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung während der Kündigungsfrist führt nicht zum Erlöschen von dessen Mitgliedschaft im Betriebsrat nach § 24 Nr. 4 BetrVG. Vielmehr endet diese erst mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 24 Nr. 3 BetrVG.
Leitsatz (redaktionell)
Die Wählbarkeit zum Betriebsrat bleibt noch bestehen, wenn der Arbeitnehmer während der noch laufenden Kündigungsfrist unter Fortzahlung der Vergütung von der Arbeitsleistung freigestellt ist. Er ist noch Betriebsangehöriger und deshalb auch als gekündigter Arbeitnehmer noch wählbar.
Normenkette
BetrVG § 24 Nr. 4, §§ 8, 24 Nr. 3, §§ 38, 78 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 24.11.2020; Aktenzeichen 3 BVGa 502/20) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 24. November 2020 – 3 BVGa 502/20 - unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert:
Den Beteiligten zu 3 bis 6 wird aufgegeben, bis zur Entscheidung in der Hauptsache,
1. die Wahrnehmung des Betriebsratsamts durch den Beteiligten zu 2 zu dulden;
2. dem Beteiligten zu 2 zur Wahrnehmung von Betriebsratstätigkeiten uneingeschränkten Zugang zu den durch die Betriebsratsmitglieder genutzten informationstechnischen Systemen durch Freischaltung des Benutzerkontos mit der Kennung XXX1 zu verschaffen;
3. dem Beteiligten zu 2 zur Wahrnehmung von Betriebsratstätigkeiten durch Überlassung einer aktivierten, gültigen Zugangskarte ungehinderten Zutritt zu den Betriebsräumlichkeiten in A zu verschaffen.
Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Wahrnehmung des Betriebsratsamts durch den Antragsteller zu 2, seinen Zugang zu den informationstechnischen Systemen des Betriebsrats und zum Betrieb sowie die Verpflichtung des Arbeitgebers, es zu unterlassen dem Betriebsrat Vorgaben im Hinblick auf die Einstellung und Ausübung des Betriebsratsamts durch den Antragsteller zu 2 zu machen.
Die Beteiligten zu 3-6 (Arbeitgeber) unterhalten einen Gemeinschaftsbetrieb, für den ein Betriebsrat (Antragsteller zu 1) gebildet ist; die Mitgliedschaft des Antragstellers zu 2 im Betriebsrat ist zwischen den Beteiligten streitig.
Im November 2018 wurde für den Gemeinschaftsbetrieb der Beteiligten zu 3-6 ein aus 11 Mitgliedern bestehender Betriebsrat gewählt, dem der Antragsteller zu 2 angehört(e). Am 30. März 2020 vereinbarte dieser mit der Beteiligten zu 3 einen Aufhebungsvertrag, nach dem sein Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2021 enden wird. Nach dessen § 4 ist er ab 1. April 2020 bis zu dem in § 1 genannten rechtlichen Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses unwiderruflich unter Fortzahlung der vertragsgemäßen Bezüge freigestellt. Gemäß § 6 hat er spätestens am 31. März 2020 alle ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen sowie das Firmeneigentum (einschließlich Laptop) an den Arbeitgeber zurückzugeben, ausgenommen des ihm überlassenen Firmenwagens, den ihm der Arbeitgeber zum Erwerb zum 31. Dezember 2021 anbietet. Wegen der Einzelheiten des Aufhebungsvertrags wird auf Bl. 61-66 der Akte Bezug genommen.
Der Antragsteller zu 2 gab zunächst seinen Firmenlaptop nicht an den Arbeitgeber heraus und nahm weiterhin an den Betriebsratssitzungen teil. Mit E-Mail vom 5. November 2020 (Bl. 18 f der Akte) äußerte der Personalleiter der Beteiligten zu 3-6 die Rechtsauffassung, aufgrund des Aufhebungsvertrages und der darin vereinbarten unwiderruflichen Freistellung habe der Antragsteller zu 2 sein Betriebsratsamt verloren. Am selben Tag sperrte der Arbeitgeber den Zugang des Antragstellers zu 2 zum IT-System des Gemeinschaftsbetriebs. Am 13. November 2020 stellte der Antragsteller zu 2 fest, dass seine Zugangskarte zu den Betriebsräumen, die er entgegen der Vereinbarung im Aufhebungsvertrag nicht herausgegeben hatte, gesperrt worden war.
Dagegen haben sich die Antragsteller mit ihrem am 9. November 2020 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gewandt.
Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten und der gestellten Anträge wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts im Beschluss unter I. (Bl. 74-76 der Akte) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge zurückgewiesen; wegen der Begründung wird auf die Ausführungen im Beschluss unter II. (Bl. 77-80 der Akte) verwiesen.
Dieser Beschluss wurde dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller am 7. Dezember 2020 zugestellt, der dagegen mit einem am 11. Dezember 2020 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz, die Beschwerdebegründung enthaltend, Beschwerde eingelegt hat.
Die Antragsteller behaupten, zwischen dem Antragsteller zu 2 und dem Arbeitgeber sei abweichend von dem Aufhebungsver...