Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbestimmung. dienstfreie Ortstage. Mitbestimmung des Betriebsrats. Anzahl dienstfreier Ortstage

 

Leitsatz (amtlich)

Die Änderung der Tage sowie der Anzahl der in einem Dienstplan vorgesehenen dienstfreien Ortstage sind nach dem TVPV nicht mitbestimmungspflichtig.

 

Normenkette

TVPV § 77

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 04.08.2011; Aktenzeichen 19 BV 861/10)

 

Tenor

Die Beschwerde der A gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 04. August 2011 - 19 BV 861/10 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Beteiligten streiten über die Befugnis der Arbeitgeberin, ohne personalvertretungsrechtliche Beteiligung der A eine Entscheidung über die Änderung der Anzahl und der zeitlichen Lage der in Dienstplänen festgelegten "dienstfreien Ortstage" zu treffen.

Die Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Gesamtvertretung) ist die auf der Grundlage des Tarifvertrages Personalvertretung Bordpersonal (TVPV) aus den Gruppenvertretungen gebildet Gesamtvertretung, welche die Besatzungsmitglieder von Luftfahrzeugen repräsentiert. Die Beteiligte zu 2 (im Folgenden: Arbeitgeberin) ist eine Luftverkehrsgesellschaft, die mehrere tausend Arbeitnehmer/innen beschäftigt.

Der Einsatz des fliegenden Personals auf den bereits feststehenden Flugumläufen wird monatlich von der Arbeitgeberin in einem Dienstplan festgelegt. Dabei sind unter anderem dienstfreie Ortstage im Sinne des Anhangs III (OPS) der Verordnung (EWG) Nr. 3922/91, zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 859/2008 in Verbindung mit der ersten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgeräte (1. DVLuftBO) zu berücksichtigen. Hierbei handelt es sich um einen 24 Stunden andauernden Zeitraum, der um 0.00 Uhr Ortszeit beginnt und während dessen kein Bereitschaftsdienst angeordnet werden darf. Je Kalendermonat sind mindestens sieben Ortstage, je Kalenderjahr mindestens 96 Ortstage zu gewähren. In der Vergangenheit ist es immer wieder zu kurzfristigen Änderungen der geplanten Ortstage durch die Arbeitgeberin ohne vorherige Beteiligung der Gesamtvertretung gekommen. Im Zuge der Auseinandersetzung der Beteiligten wurde eine Einigungsstelle mit dem Thema "Durchführung von kurzfristigen Dienstplanänderungen mit Auswirkungen auf bereits festgelegte und bekannt gegebene Ortstage" gebildet. Am 18. November 2010 beschloss die Einigungsstelle das Verfahren bis zur gerichtlichen Klärung der Rechtsfrage auszusetzen, inwieweit in der Angelegenheit Mitbestimmungsrechte der Gesamtvertretung bestehen. Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes sowie der erstinstanzlichen Antragsstellung wird im Übrigen auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses - Blatt 157 bis Blatt 158 d. A. - Bezug genommen.

Durch Beschluss vom 04. August 2011 hat das Arbeitsgericht Frankfurt am Main den Antrag auf Feststellung, dass der Gesamtvertretung im Zusammenhang mit einer Regelung der Grundsätze und des Verfahrens über die Lage der Ortstage bei Dienstplanänderungen ein Mitbestimmungsrecht zusteht, zurückgewiesen. Zur Begründung hat es - kurz zusammengefasst - Folgendes ausgeführt: Ein Mitbestimmungsrecht aus § 77 Abs. 1 Nr. 1 TVPV bestehe nicht, da die Arbeitgeberin mit einer Dienstplanänderung gerade das mitbestimmungsfreie Arbeitsverhalten der betroffenen Mitarbeiter steuere. Eine Dienstplanänderung führe nämlich zur Neufestlegung der zeitlichen Lage der Arbeitspflicht des Arbeitnehmers. Auch § 77 Abs. 1 Nr. 3 TVPV sei nicht einschlägig. Bei Ortstagen handele es sich nicht um Urlaub im tariflichen Sinne. Im Übrigen würde die Annahme eines Mitbestimmungsrechts zu einer weitgehenden Einflussnahme der Gesamtvertretung auf die Dienstplangestaltung führen, obwohl aus § 77 Abs. 1 Nr. 2 TVPV folge, dass die Dienstplangestaltung grundsätzlich mitbestimmungsfrei sein soll. Aus § 77 Abs. 1 Nr. 5 TVPV folge ebenfalls kein Mitbestimmungsrecht, da es sich bei Ortstagen nicht um Maßnahmen handele, die dem Gesundheitsschutz dienten. Wegen der weiteren Begründung im Einzelnen wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses - Blatt 159 bis Blatt 162 d. A. - ergänzend Bezug genommen. Gegen den am 01. September 2011 zugestellten Beschluss hat die Gesamtvertretung am 15. September 2011 Beschwerde eingelegt und diese - nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis 01. Dezember 2011 auf rechtzeitigen Antrag hin - mit dem am 01. Dezember 2011 beim Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Gesamtvertretung vertritt nach wie vor unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die Rechtsansicht, dass ihr Mitbestimmungsrechte in dem geltend gemachten Umfang zustünden. Es gehe ihr nicht - so der Sachvortrag der Gesamtvertretung - um eine Mitwirkung bei der konkreten Festlegung der Lage der Ortstage in den monatlichen Dienstplänen. Vielmehr sei ihr Begehren darauf gerichtet, Grundsätze sowie Verfahrensregelungen bei kurzfristigen Dienstplanänderungen mit...

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