Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachholen der erforderlichen Informationen zur beabsichtigten Eingruppierung im Zustimmungsersetzungsverfahren. Übergabe eines Betriebshandbuchs an den Betriebsrat als ausreichende Information i.S.d. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Darlegungslastverteilung im Zustimmungsersetzungsverfahren
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Arbeitgeber kann im Zustimmungsersetzungsverfahren ein etwaiges Informationsdefizit des Betriebsrats beseitigen, indem er die fehlenden Informationen zur beabsichtigten personellen Einzelmaßnahme nachholt. Der Betriebsrat kann darauf innerhalb der erneut in Gang gesetzten Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG weitere Widerspruchsgründe vorbringen. Der Arbeitgeber muss gegenüber dem Betriebsrat allerdings deutlich machen, dass sein neuer Vortrag auch dazu dient, seine gesetzliche Unterrichtungspflicht vollständig zu erfüllen.
2. Enthält ein ausführliches Betriebshandbuch eine eingehende Beschreibung der Tätigkeiten der Serviceagenten und der darauf aufbauenden Tätigkeiten der Service Professionals und übergibt der Arbeitgeber dieses Handbuch dem Betriebsrat, erhält dieser damit die zur Beurteilung der tariflichen Tätigkeitsmerkmale erforderlichen Informationen.
3. Im Zustimmungsersetzungsverfahren obliegt es nach dem Willen des Gesetzgebers dem Arbeitgeber, die Widerspruchsgründe des Betriebsrats zu widerlegen. Diese Obliegenheit wird durch die dem Betriebsrat nach § 83 Abs. 1 S. 2 ArbGG obliegende Pflicht zur Mitwirkung an der Aufklärung des Sachverhalts begrenzt. In einem die Eingruppierung eines Arbeitnehmers betreffenden Zustimmungsersetzungsverfahren ist es daher zunächst Sache des Arbeitgebers, die Tätigkeit des Arbeitnehmers im Einzelnen darzulegen und zu begründen, warum diese gemäß der von ihm vertretenen Auffassung zu bewerten ist. Beruft sich der Betriebsrat demgegenüber auf eine höhere Eingruppierung, hat er im Rahmen einer abgestuften Mitwirkungspflicht darzulegen, aus welchen Gründen eine höherwertige Tätigkeit vorliegt
Normenkette
BetrVG § 99; EntgO (VKA); ArbGG § 83 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 08.03.2018; Aktenzeichen 21 BV 380/17) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 8. März 2018 – 21 BV 380/17 – abgeändert:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten noch über 42 Umgruppierungen.
Die antragstellende Arbeitgeberin ist eine Tochter der A AG und der B AG. Sie beschäftigt in ihrem Betrieb auf dem Flughafen C regelmäßig weit mehr als zwanzig Arbeitnehmer, die von dem zu 2) beteiligten Betriebsrat repräsentiert werden. Sie bietet Betreuungsdienste für hilfsbedürftige Fluggäste (insbesondere ältere, mobilitätseingeschränkte und behinderte Menschen sowie allein reisende Kinder) an. Sie ist Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband Hessen (VKA) und wendet die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst (VKA) in ständiger Praxis an.
Die Betreuungsdienste werden überwiegend von Serviceagenten geleistet. Daneben beschäftigt die Arbeitgeberin Service Professionals. Diese sind gemäß der Stellenbeschreibung dem Geschäftsführer und dem Leiter Operation disziplinarisch und fachlich sowie den Sektionsleitern und Disponenten fachlich unterstellt. In der Stellenbeschreibung heißt es weiter:
4. Aufgabenbeschreibung
Zielsetzung / HauptaufgabeDer/Die Stelleninhaber/-in hat sicherzustellen, dass die mit den Kunden vereinbarten Serviceleistungen erbracht werden:
- Betreuung älterer, mobilitätseingeschränkter oder behinderter Fluggäste
- Betreuung alleinreisender Kinder
- Betreuung anderer Fluggäste, die eine Begleitung benötigen
- Einweisung neuer Mitarbeiter
Der/Die Stelleninhaber/-in erkennt dabei die individuellen Bedürfnisse der Gäste und ergreift im Rahmen der Vorgaben die bestmöglichen Service- und Betreuungsschritte.
Der/Die Stelleninhaber/in verpflichtet sich, die nachfolgend beschriebenen Aufgaben, entsprechend den vereinbarten Qualitätszielen, auszuführen.
lfd Nr. |
Stellenbeschreibung |
% Zeit-Anteile |
EG |
1 |
Abholung/Verbringung/Begleitung von Fluggästen, die einer Assistenz/Betreuung bedürfen:
- Führen von Rollstühlen in öffentlichen und nicht öffentlichen Bereichen des Flughafens C
- Fahren von Elektrowagen zum Transport mehrerer mobilitätseingeschränkter Fluggäste
- Unterstützung des Fluggastes bei der Gepäckaufgabe und Gepäckabholung sowie beim Transport von Gepäckstücke
- Übergabe von Reisedokumenten des Betreuungsgastes an Zoll/Bundespolizei/Boarding und Cabin Crew Dokumentation der Betreuungsereignisse in firmenspezifischer Software (Handheld oder PC oder Tablet) Kommunikation mit Vorgesetzten bei Besonderheiten im Betreuungsereignis Erteilung allg. und verkehrsbezogener Auskünfte am Telefon und am Schalter an Betreuungsgäste, Abholer und Airlinevertreter
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65 % |
2 |
2 |
Einweisung neuer Mitarbeiter on the job |
15 % |
3 |
3 |
Telexbearbeitung: Sichten und bearbeiten von Betreuu... |