Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an das Dateiformat in elektronischer Form eingereichter Schriftsätze. Begriff der unverzüglichen Nachreichung im Sinne von § 130a Abs. 6 S. 2 ZPO
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein in elektronischer Form bei Gericht eingereichter Schriftsatz entspricht nur dann den Anforderungen an das Dateiformat gemäß § 130a Abs. 2 S. 1 ZPO, § 2 Abs. 1 S. 1 ERRV, wenn im PDF-Format sämtliche zur Darstellung des Dokuments notwendigen Schriftarten in das Dokument eingebettet sind.
2. Auch im Anwendungsbereich des § 130a Abs. 6 ZPO dürfte eine Nachreichung im Regelfall nur dann als unverzüglich anzusehen sein, wenn sie binnen einer Woche erfolgt.
Normenkette
ArbGG §§ 66, 64; ZPO §§ 525, 522, 130a; ERVV § 2; ZPO § 130a Abs. 2 S. 1; ERRV § 2 Abs. 1 S. 1; ZPO § 130a Abs. 6
Verfahrensgang
ArbG Darmstadt (Entscheidung vom 17.09.2020; Aktenzeichen 7 Ca 31/20) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 17. September 2020 - 7 Ca 31/20 - wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.
2. Die Revisionsbeschwerde wird für den Kläger zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten über die Höhe einer betrieblichen Altersversorgung. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrags und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 197 - 198 d.A.) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Darmstadt hat die Klage durch am 17. September 2020 verkündetes Urteil (7 Ca 31/20) abgewiesen. Wegen der Einzelheiten dieser Entscheidung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 198 RS - 200 RS d.A.) Bezug genommen.
Gegen dieses dem Kläger am 6. November 2020 zugestellte (Bl. 203 d.A.) Urteil hat er am 20. November 2020 über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) beim Hessischen Landesarbeitsgericht als PDF-Datei Berufung (sh. Ausdruck der Berufungsschrift Bl. 204 - 206 d.A.) eingelegt und diese - ebenfalls als PDF-Datei über das beA eingereicht - am 17. Dezember 2020 begründet (sh. Ausdruck der Berufungsbegründungsschrift Bl. 211 - 217 d.A.). In keines dieser beiden elektronischen Dokumente sind sämtliche Schriftarten eingebettet. Dies hat der Kammervorsitzende - nach Wiederbesetzung des Vorsitzes der 6. Kammer des Hessischen Landesarbeitsgerichts - anlässlich der Terminierung am 4. Oktober 2021 festgestellt. Bei dieser Überprüfung hatte der Kammervorsitzende festgestellt, dass bei „Dokumenteneigenschaften“ des PDF-Dokuments unter „Schriften“ als eingebettete Schriften angegeben wurden:
Candara (Eingebettete Untergruppe)
Typ: TrueType (CID)
Kodierung: Ansi
Candara-Bolt (Eingebettete Untergruppe)
Typ: TrueType (CID)
Kodierung: Ansi
TimesNewRomanPSMT (Eingebettet)
Typ: TrueType
Kodierung: Identity-H
Ohne einen Hinweis auf Einbettung wurden angezeigt:
ArialMT
Typ: TrueType
Kodierung: Ansi
TimesNewRomanPS-BoltMT
Typ: TrueType
Kodierung: Ansi
TimesNewRomanPSMT
Typ: TrueType
Kodierung: Ansi
TimesNewRomanPS-ItalicMT
Typ: TrueType
Kodierung: Ansi
Mit Hinweisbeschluss vom 4. Oktober 2021 (sh. Bl. 313 - 314 d.A.), der dem Kläger am 5. Oktober 2021 zugestellt worden ist (sh. Bl. 315 d.A.), hat der Kammervorsitzende ua. darauf hingewiesen, dass sowohl Berufung als auch Berufungsbegründung im falschen Dateiformat eingegangen seien, diese Mängel aber nach § 130a Abs. 2 Satz 2 ZPO rückwirkend geheilt werden könnten. Ergänzend hat der Vorsitzende auch auf einschlägige Rechtsprechung sowie den Beitrag von Schindler (NJW 2020, 2943 ff.), der praktische Probleme mit den technischen Vorgaben im elektronischen Rechtsverkehr behandelt, hingewiesen.
Mit über das beA als PDF-Datei eingereichtem Schriftsatz vom 15. Oktober 2021 (sh. Ausdruck Bl. 323 - 402 d.A.) hat der Klägervertreter ua. eine Berufung und Berufungsbegründung als PDF-Datei eingereicht. Bei diesen elektronischen Dokumenten sind sämtliche Schriftarten eingebettet.
Mit Verfügung vom 29. November 2021 (sh. Bl. 404 d.A.) ist der zunächst anberaumte Kammertermin wieder aufgehoben und unter Gewährung rechtlichen Gehörs angekündigt worden, dass beabsichtigt sei, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden als unzulässig zu verwerfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend Bezug genommen auf das schriftsätzliche Parteivorbringen, auf den gerichtlichen Hinweisbeschluss vom 4. Oktober 2021 (Bl. 313 - 314 d.A.) sowie auf die Aktenvermerke vom 25. Oktober 2021 (Bl. 403 d.A.) und 9. Dezember 2021 (Bl. 413 d.A.).
II.
Die Berufung des Klägers ist unzulässig. Sie ist nach § 66 Abs. 2 Satz 2 ArbGG iVm. § 522 Abs. 1 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss des Vorsitzenden (hierzu BAG 6. Januar 2015 - 6 AZB 105/14 - Rn. 12, BAGE 150, 246) als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat gegen das erstinstanzliche Urteil nicht fristgerecht in der richtigen Form Berufung eingelegt und diese auch nicht fristgerecht in der richtigen Form begründet.
1. Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG ist die Berufung binnen einer...