Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen zum Sozialkassenverfahren des Baugewerbes
Leitsatz (redaktionell)
1. Der betriebliche Geltungsbereich des Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe setzt insbesondere voraus, dass in einem Betrieb überwiegend bauliche Leistungen erbracht werden. Auch Wasserwerksbauarbeiten, Wassererhaltungsarbeiten und Wasserbauarbeiten werden hiervon erfasst. 2. Dabei ist es nicht erforderlich, dass Arbeiten an einer künstlich erschaffenen baulichen Anlage erbracht werden. Es reicht aus, dass Arbeiten an einem "Erdbauwerk" erbracht werden.
Normenkette
TVG § 5 Abs. 4 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 15.06.2023; Aktenzeichen 4 Ca 713/21 SK) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 15. Juni 2023 - 4 Ca 713/21 SK - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Beiträgen zum Sozialkassenverfahren des Baugewerbes.
Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes in der Rechtsform eines Vereins mit eigener Rechtspersönlichkeit kraft staatlicher Verleihung. Auf der Grundlage des für allgemeinverbindlich erklärten VTV macht er Beiträge gegenüber der Beklagten zum Sozialkassenverfahren geltend. Mit der vorliegenden Klage begehrt er von der Beklagten nach Verbindung von zwei Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung für den Zeitraum von September 2020 bis Dezember 2021 die Zahlung von zuletzt noch 10.084,91 Euro.
Die Beklagte unterhielt im streitgegenständlichen Zeitraum einen Betrieb mit Sitz in A. In den streitgegenständlichen Kalenderjahren wurden Pflanz- und Pflegearbeiten, aber auch Wasserbau-, Renaturierungs-, Entwässerungs- und Drainagearbeiten erbracht. In dem Zeitraum hat die Beklagte im Auftrag der B die Bruchriede in C umgestaltet. Weitere Aufträge waren die Renaturierung der Emmerinsel Amelgatzen, die Neugestaltung der Warpelaue (ökologische Verbesserung des Warpelbaches), Gewässerbauarbeiten in D, Arbeiten am Reitplatz A sowie weitere Arbeiten im Auftrag der Fa. E. Wegen weiterer Tätigkeiten wird auf den Schriftsatz vom 11. April 2023 (Bl. 110 - 132 der Akte) verwiesen. Hinsichtlich der zu diesen Projekten zur Akte gereichten Rechnungen wird auf Bl. 83 - 93 der Akte verweisen. Über die Einzelheiten der betrieblichen Tätigkeit herrscht zwischen den Parteien Streit.
In einem Vorverfahren ist der Betrieb der Beklagten auf Zahlung von Beiträgen für Mai bis November 2015 in Anspruch genommen worden. Mit Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 13. Februar 2020 - 4 Ca 173/19 SK - ist der Beitragsklage stattgegeben worden. Die hiergegen eingelegte Berufung hat das Hessischen Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 19. März 2021 - 10 Sa 392/20 SK - zurückgewiesen.
Hinsichtlich der streitigen Tatsachenbehauptungen und Rechtsansichten der Parteien in der ersten Instanz wird nach § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts verwiesen.
Ursprünglich hat der Kläger eine Durchschnittsbeitragsklage erhoben und zugrunde gelegt, dass pro Monat zwei gewerbliche Arbeitnehmer beschäftigt waren. Für September 2020 bis Mai 2021 erteilte die Beklagte Meldungen der Bruttolohnsummen (vgl. Schriftsatz vom 18. Januar 2023 Bl. 49 - 50 der Akte). Für Juni 2021 bis Dezember 2021 erteilte die Beklagte ebenfalls Meldungen der Bruttolohnsummen (vgl. Schriftsatz vom 18. Januar 2023 Bl. 9 der ursprünglich getrennten Akte 4 Ca 539/22 SK). Streitgegenständlich sind zuletzt nur noch Beiträge für den gewerblichen Arbeitnehmer F.
Der Kläger hat nach teilweiser Klagerücknahme zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.084,91 Euro zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht Wiesbaden hat mit Urteil vom 15. Juni 2023 der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es - kurz zusammengefasst - ausgeführt, der Kläger habe schlüssig behauptet, dass überwiegend bauliche Leistungen erbracht worden seien. Hingegen sei das Bestreiten der Beklagten nicht erheblich. Ihre Ausführungen würden vielmehr darauf schließen lassen, dass Wasserhaltungs- und Wasserbauarbeiten erbracht worden seien. Nicht erforderlich sei, dass Gegenstand von Wasserbauarbeiten stets die Errichtung einer baulichen Anlage sei. Die vorgelegten Rechnungen würden vielfach entsprechende bauliche Leistungen beinhalten. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Urteils des Arbeitsgerichts wird Bezug genommen auf Bl. 169 - 175 der Akte.
Dieses Urteil ist der Beklagten am 21. Juni 2023 zugestellt worden. Die Berufungsschrift ist am 13. Juli 2023 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangen. Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 18. September 2023 ist die Berufungsbegründung am 18. September 2023 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangen.
In der Berufungsinstanz vertritt die Beklagte die Auffassung, dass das Arbeitsgericht de...