Entscheidungsstichwort (Thema)

Übergang von Entgeltansprüchen auf die Bundesanstalt für Arbeit

 

Leitsatz (amtlich)

Wird nach dem Ausspruch einer ausserordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis durch einen gerichtlichen Vergleich unter Zuerkennung einer Abfindung beendet, so ist, wenn die Bundesanstalt für Arbeit für die Zeit des gezahlten Arbeitslosengeldes gemäss § 117 Abs. IV FAG einen Entgeltanspruch als Vorfrage die Berechtigung der ausserordentlichen Kündigung zu prüfen. Bestand ein über den Zeitpunkt der ausserordentlichen Kündigung hinausgehender Gehaltsanspruch, weil ein wichtiger Grund zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist nicht gegeben war, so sind die Voraussetzungen für den Übergang von Ansprüchen aus den Arbeitsverhältnis auf die Bundesanstalt für Arbeit zu bejahen.

 

Normenkette

AFG § 117 Abs. 1-2, 4; BGB § 1763 S. 2; SGB X § 115 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Offenbach am Main (Urteil vom 10.08.1983; Aktenzeichen 3 Ca 12/83)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil Arbeitsgerichts Offenbach vom 10. August 1983 Ca 12/83 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden dem Beklagten auferlegt.

 

Tatbestand

Zwischen der beklagten Firma und Frau H. K. bestand vom Frühjahr 1975 bis zum 31. August 1981 ein Arbeitsverhältnis. Frau K. war bei der Firma M. KG U. als kaufmännische Angestellte tätig. Die Beklagte, deren persönlich haftender Gesellschafter der Ehemann der genannten Arbeitnehmerin war, kündigte das Arbeitsverhältnis am 28. August 1981 fristlos. Frau K. wandte sich mit der am 03. September 1981 beim Arbeitsgericht Offenbach a. M. erhobenen Klage gegen die außerordentliche Kündigung. Der unter dem Aktenzeichen 2 Ca 410/81 geführte Kündigungsschutzprozeß wurde durch einen am 25. März 1982 abgeschlossenen Vergleich (Bl. 30 d.A. 2 Ca 410/81) beendet. In diesem Vergleich wird u. a. beurkundet, daß das Arbeitsverhältnis zwischen Frau K. und der beklagten Gesellschaft zum 31. August 1981 im beiderseitigen Einvernehmen beendet worden ist. Die Beklagte verpflichtete sich, an die Klägerin eine Abfindung von 10.000,– DM zu zahlen. Im vorliegenden Rechtsstreit hat die B. f. A. Entgeltansprüche eingeklagt, die nach ihrer Darstellung auf sie übergegangen sein sollen. Die Klägerin hat auf Grund eines Bescheides vom 26. Oktober 1981 für die Zeit vom 26. September 1981 bis zum 31. Dezember 1981 Arbeitslosengeld in Höhe von 1.759,60 DM an Frau K. gezahlt. Sie hat ferner für Frau K. Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge im Betrage von 1.099,98 DM an die Barmer Ersatzkasse abgeführt. Der Forderungsübergang ist der Beklagten mit einem Schreiben der Klägerin vom 21. Oktober 1981 angezeigt worden.

Die Klägerin hat ihren Anspruch auf § 117 Absatz IV AFG gestützt. Sie hat vorgetragen, die Beklagte habe die Befriedigung der übergegangenen Ansprüche verweigert mit der Begründung, sie habe das Arbeitsverhältnis mit Frau K. aus wichtigem Grunde ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist lösen können. Da die Arbeitnehmerin eine Kündigungsschutzklage erhoben habe und der Prozeß durch einen Vergleich beendet worden sei, sei davon auszugehen, daß kein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung vorgelegen habe.

Die B. f. A. hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.859,58 DM nebst 4 % Zinsen aus 2.825,35 DM seit dem 31. Dezember 1982 sowie aus weiteren 34,23 DM seit dem 19. April 1983 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, ein Forderungsübergang nach § 117 Absatz IV AFG sei hier nicht erfolgt. Zu einem Übergang von Ansprüchen auf die B. f. A. könne es nur dann kommen, wenn der Arbeitslose die ihm an sich aus dem Arbeitsverhältnis zustehenden, in § 117 Absätze I und II AFG genannten Leistungen tatsächlich nicht erhalten habe. Dies sei hier aber deswegen nicht der Fall, weil die Beklagte ja ihre arbeitsrechtlichen Leistungen erbracht, nämlich die Abfindung gezahlt habe. Möglicherweise habe die Klägerin die Zahlungen, deren Gegenwert sie nun bei der Beklagten hereinholen wolle, ohne Rechtsgrund an Frau K. erbracht. Die Klägerin könne u. U. Frau K. auf Rückgewährung der dieser zugeflossenen Beträge in Anspruch nehmen. Das Arbeitsamt D. habe in einem ähnlich gelagerten Falle von der Geltendmachung eines Ersatzanspruches abgesehen. Daraus werde die bei den einzelnen Dienststellen der Klägerin bestehende Rechtsunsicherheit erkennbar.

Mit dem am 10. August 1983 verkündeten Urteil (Bl. 28 ff d.A.) verurteilte das Arbeitsgericht Offenbach die beklagte Firma gemäß dem Begehren der Klägerin. Auf den Inhalt der erstinstanzlichen Entscheidung wird Bezug genommen. Der Beklagten wurde eine Ausfertigung des Urteils vom 10. August 1983 am 11. August 1983 zugestellt.

Die Berufung der Firma M. KG ging am 31. August 1983 beim Landesarbeitsgericht ein. Durch Beschluß vom 08. September 1983 wurde die Frist zur Begründung des Rechtsmittels bis zum 15. Oktober 1983 verlängert. Die schriftsätzliche Begründung wurde am 12. ...

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