Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsetzung der Arbeitszeitverkürzung in der Druckindustrie
Leitsatz (amtlich)
Regelt ein arbeitszeitverkürzender Tarifvertrag nicht, wie in der Übergangszeit zwischen Wirksamwerden des Tarifvertrages und Abschluß einer Betriebsvereinbarung über die Umsetzung der Arbeitszeitverkürzung zu verfahren ist, ist der Arbeitgeber berechtigt, in engen Grenzen, die durch die zuvor bestehende Arbeitszeitregelung gezogen sind, einseitig die Arbeitszeit zu verkürzen, sobald der neue Tarifvertrag in Kraft tritt.
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1, § 77
Verfahrensgang
ArbG Darmstadt (Aktenzeichen 6 BV 23/88) |
Nachgehend
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um das Recht des Arbeitgebers, einseitig die am 01.04.1988 in Kraft getretene Arbeitszeitverkürzung um 1 Stunde in der Druckindustrie vorzunehmen, bevor es zu einem Beschluß der Einigungsstelle über diese Frage gekommen ist, bzw. um die allgemeine Feststellung der Nichtberechtigung einer einseitigen Arbeitszeitverkürzung durch den Arbeitgeber bei tariflicher Änderung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit. Die Beteiligte zu 2) und Antragsgegnerin (im folgenden: Der Arbeitgeber) ist ein Unternehmen der Druckindustrie. Der Beteiligte zu 1) und Antragsteller ist der bei ihr gebildete Betriebsrat. Für die Arbeitnehmer des Betriebes ist der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 6.5.1987 anwendbar. In dessen § 3 ist geregelt:
„1) Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 38,5 Stunden. Ab 1. April 1988 beträgt die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 37,5 Stunden, ab 1.4.1989 37 Stunden. Die wöchentliche Arbeitszeit ist für den einzelnen Arbeitnehmer auf 5 Tage zu verteilen … Arbeitszeitverteilungspläne über mehrere Wochen sind zu lässig ….”
In den ebenfalls im Tarifvertrag enthaltenen Durchführungsbestimmung zu § 3 heißt es:
„… 2) Die durch Verkürzung der Wochenarbeitszeit entstehende Freizeit ist auf der Basis einer Quartals-, Halbjahres oder Jahresplanung, die jeweils rechtzeitig durch Betriebsvereinbarung zu regeln ist, wie folgt zu verteilen:
- Verteilung gleichmäßig (ergibt 38,5/37,5/37 Stunden pro Woche) oder
- bezahlte Freistellung in Stunden, verteilt auf die Arbeitswochen des Quartals, Halbjahres oder Jahres oder
- bezahlte Freistellung in Tagen, verteilt auf die Arbeitswochen des Quartals, Halbjahres oder Jahres oder
- Kombinationen aus b) bis c).
Seit Einführung der 38,5 – Stunden – Woche galt im Betriebs des Arbeitgebers folgende auf einer Betriebs Vereinbarung beruhende Arbeitszeitregelung:
Normalsarbeitszeit:
Montag bis Donnerstag |
7.00–10.00 Uhr |
Freitag |
7.00–12.34 Uhr |
Schichtbereich
a) |
Frühschicht |
– |
Montag bis Donnerstag |
6.00–14.15 Uhr |
|
|
|
Freitag |
6.00–12.45 Uhr |
b) |
Spätschicht |
– |
Montag bis Donnerstag |
14.00–22.15 Uhr |
|
|
|
Freitag |
12.30–19.15 Uhr |
Die Kernarbeitszeit lag von 9.00–16.00 Uhr., die
Gleitzeit von 7.00–9.00 Uhr und von 19.00–18.00 Uhr.
Seit November 1987 verhandelten die Beteiligten über eine Betriebsvereinbarung über die Umsetzung der Arbeitszeitverkürzung um 1 Stunde ab dem 1.4.1988. Nachdem die Einigungsbemühungen erfolglos waren, beantragte der Arbeitgeber am 28.3.1988 beim Arbeitsgericht die Bestellung eines Vorsitzenden der Einigungsstelle über diese Frage. Mit Aushang vom 31.3.1988 teilte mit, daß er einstweilen vorläufig die Arbeitszeit einseitig festsetze, und zwar für die Normalarbeitszeit montags bis donnerstags von 7.00 Uhr bis 15.45 Uhr, für die Frühschicht montags bis donnerstags von 6.00 Uhr bis 14.00 Uhr und Für die Spätschicht montags bis donnerstags von 13.45 Uhr bis 21.45 Uhr. Die Arbeitszeit an den Feiertagen bleibe unverändert, bei den Gleitzeitangestellten verringere sich die Sollarbeitszeit von montags bis donnerstags um je eine Viertelstunde.
Bereits im Jahre 1985 hatte der Arbeitgeber die ab dem 1.4.1985 geltende wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden mangels Einigung der Betriebsparteien vor dem 1.4.1985 einseitig umgesetzt. In einem einstweiligen Verfügungsverfahren wurde dem Arbeitgeber damals rechtskräftig durch Beschluß des Landesarbeitsgerichts vom 10.12.1985 (4 Ta BV Ga 74/85) untersagt, ohne Zustimmung des Betriebsrats die Arbeitszeit in der Repro-Abteilung in einer bestimmten Weise festzusetzen. In der Begründung führte das Landesarbeitsgericht aus, daß einerseits zwar ein zwingendes Mitbestimmungsrecht bei der Arbeitszeitverteilung bestehe, andererseits aber der Arbeitgeber die nunmehr geltende Tariflange zu beachten habe. In diesem Dilemma müsse er bei einem Nichtvorliegen einer Einigung grundsätzlich die Arbeitszeitverkürzung einseitig vornehmen können, sich dabei aber eng an die bisherige Arbeitszeitregelung halten. Bezüglich der Arbeitnehmer in der Repro-Abteilung und bestimmter anderer Arbeitnehmer sei dies nicht der Füll gewesen, so daß dem Betriebsrat ein Unterlassungsanspruch auf einseitige. Festlegung in der geschehenen Weise der Arbeitszeit zuzubilligen sei. Der B...