Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Berufung. Klagerücknahme, Widerklage
Leitsatz (amtlich)
Nimmt der erstinstanzlich siegreiche Kläger im Berufungsrechtszug seine Klage mit Zustimmung des Beklagten zurück, kann der Beklagte als Berufungsführer eine im Berufungsrechtszug erstmals erhobene Widerklage nicht mehr erfolgreich weiterverfolgen. Vielmehr ist die Berufung des Beklagten mangels Beschwer unzulässig
Normenkette
ZPO §§ 511, 533, 530
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 14.12.1999; Aktenzeichen 2 Ca 664/99) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 14. Dezember 1999 – 2 Ca 884/99 – wird als unzulässig verworfen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin 7/10, der Beklagte 3/10 zu tragen, die übrigen Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob die Klägerin gegenüber dem Beklagten verpflichtet ist, bezüglich ihrer in Deutschland beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer am bautariflichen Urlaubskassenverfahren teilzunehmen.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft ungarischen Rechts. Mit Hilfe ungarischer Arbeitnehmer führte sie 1999 in der Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage von Werkverträgen als Subunternehmerin Isolierarbeiten an Industrierohren, Trockenbauarbeiten (Einbau von Trockenbaudecken und –wänden, Fertigtüren und -fenstern), Montagen von Metallfassaden sowie mit drei Arbeitnehmern Vorfertigungsarbeiten für Blechteile aus. Die ungarischen Arbeitnehmer waren zum deutschen Arbeitsmarkt zugelassen.
Der Beklagte ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütung zu sichern. Nach § 8 Ziff. 15.1 des für allgemeinverbindlich erklärten Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe (BRTV/Bau) vom 03.02.1981 bzw. ab 01.09.2002 vom 04.07.2002, in den ab 1999 geltenden Fassungen, haben die baugewerblichen Arbeitgeber, die dazu erforderlichen Mittel durch Beiträge aufzubringen. Auf diese Beiträge hat der Beklagte einen unmittelbaren Anspruch. Die Höhe der Beiträge, der Beitragseinzug sowie die Leistungen des-Beklagten sind in einem ebenfalls für allgemeinverbindlich erklärten Verfahrenstarifvertrag, für 1999 vom 12.11.1986 i.d.F. vom 28.01.1999, 09.04.1999 und 26.05.1999 geregelt.
Nachdem der Beklagte von der Klägerin für die Zeit ab 01.01.1999 die Erteilung von Auskünften und die Zahlung von Beiträgen für die in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer verlangt, die Klägerin dies zurückgewiesen und der Beklagte auf seiner Forderung bestanden hatte, hat die Klägerin mit ihrer Klage die Feststellung begehrt, dass sie zu Auskünften und Beitragszahlungen an den Beklagten aus Rechtsgründen nicht verpflichtet sei und beantragt,
festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, am Urlaubskassenverfahren des Beklagten für außerhalb Deutschlands ansässige Arbeitgeber und ihre in Deutschland beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmern gem. den §§ 55 bis 71 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 12.11.1986 (Verfahrenstarifvertrag) i.d.F. vom 28.01.1999 sowie § 8 des
Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe (BRTV/Bau) vom 03.02.1981 i.d.F. vom 13.11.1998 teilzunehmen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Ansicht vertreten, der Klägerin sei zur Teilnahme am Sozialkassenverfahren, mithin auch zur Auskunftserteilung und Beitragszahlung nach den entsprechenden Bestimmungen verpflichtet.
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 14. Dezember 1999 stattgegeben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 44 bis 56 d.A.) Bezug genommen.
Nachdem der Beklagte innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 17. Mai 2004 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen gegen diesen Urteil Berufung eingelegt und begründet und mit der Berufungsbegründung Widerklage auf Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen für das Kalenderjahr 1999 begehrt hatte, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 14. Januar 2004 die Klage zurückgenommen. Dieser Schriftsatz ist dem Beklagten unter dem 20. Januar 2004 zugestellt worden.
Der Beklagte wiederholt und vertieft seine Ansicht, wonach die Klägerin zur Auskunftserteilung und Beitragszahlung verpflichtet sei. Dementsprechend schulde sie auch die im Wege der Widerklage nunmehr geltend gemachten Beitragsansprüche für den Zeitraum Januar bis Dezember 1999. Zwar habe die Klägerin monatliche Meldungen hinsichtlich der von ihren Arbeitnehmern erzielten Bruttolöhne für den Zeitraum von Januar bis Dezember 1999 abgegeben und entsprechende Zahlungen geleistet, der gemeldeten Bruttolohn unterschritte jedoch in jedem Monat für jeden Arbeitnehmer den sich unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von...