Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersteilzeit im Blockmodell. Betriebsbedingte Kündigung durch Insolvenzverwalter in der Arbeitsphase
Leitsatz (amtlich)
Eine betriebsbedingte Kündigung des Insolvenzverwalters wegen Stilliegung des Betriebes kurz vor Ende der Arbeitsphase (hier nach 23 Monaten bei insgesamt 24 – monatiger Arbeitsphase) ist auf Grund der vorzunehmenden Interessenabwägung jedenfalls dann sozial nicht gerechtfertigt, wenn als milderes Mittel dem Insolvenzverwalter eine Änderungskündigung zum Zwecke der Abkürzung des Alterteilzeit (auf hier 46 Monate) zur Verfügung steht.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 26.03.2003; Aktenzeichen 2 Ca 9804/02) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Frankfurt vom 26.03.2003 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung während der Arbeitsphase eines Altersteilzeitvertrages im Blockmodell.
Der am 05. Januar 1945 geborene, verheiratete Kläger und Berufungsbeklagte (im Folgenden: Kläger) war seit dem 01. April 1959 bei der Gemeinschuldnerin als Karosseriebaumeister tätig. Sein durchschnittliches Arbeitsentgelt belief sich zuletzt auf EUR 2.426,12 brutto. Der Beklagte und Berufungskläger (im Folgenden: Beklagter) ist Insolvenzverwalter der Gemeinschuldnerin, über deren Vermögen am 01. Juli 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, der Beklagte wurde zum Insolvenzverwalter bestellt.
Der Kläger ist seit dem 14.09.2000 als schwer behinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. anerkannt. Am 15. Januar 2001 schlossen der Kläger einerseits und die Gemeinschuldnerin andererseits einen schriftlichen Altersteilzeitvertrag, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 10 d.A.). Danach wurde Altersteilzeit vereinbart für die Zeit vom 01.02.2001 bis zum 31.01.2005. Ferner heißt es in der Vereinbarung:
„Die Altersteilzeit wird im Rahmen des Blockmodells erfüllt. Die erste Hälfte arbeitet Herr H. 40 Stunden je Woche (01.02.2001 bis 13.01.2003), in der zweiten Hälfte ist Herr H. von der Arbeit freigestellt (01.02.2003 bis 31.01.2005).”
Bei dem Betrieb der Gemeinschuldnerin handelte es sich um ein Unternehmen des Kfz.-Gewerbes bzw. Handwerks, der Kläger war als Karosseriebaumeister tätig. Im Altersteilzeitvertrag heißt es insoweit:
„Es wird angewandt der Tarifvertrag zur Altersteilzeit vom 07.02.2000 (Kfz.-Handwerk).”
Ferner unterliegen sowohl der Kläger als auch die Gemeinschuldnerin der Tarifbindung kraft Organisationszugehörigkeit. Auf den entsprechenden Tarifvertrag zur Altersteilzeit vom 07. Februar 2000 (Anlage zum Sitzungsprotokoll vom 05.02.2004, Bl. 114 d.A.) wird Bezug genommen.
Nachdem eine vom Beklagten eingeleitete Prüfung der Möglichkeiten einer Sanierung des Unternehmens negativ vertief, entschloss sich der Beklagte zur Stillegung des Betriebs zum 31. August 2002. Von den insgesamt 47 Mitarbeitern der Gemeinschuldnerin wurden nach Ausspruch der betriebsbedingten Kündigungen 38 Arbeitnehmer von der Arbeitsleistung freigestellt, die verbleibenden Arbeitnehmer führten bis Oktober 2001 Aufräumungs- und Abwicklungsarbeiten durch.
Der Beklagte sprach nach erfolgter Zustimmung des Integrationsamts gemäß Bescheid vom 15. September 2002 (Bl. 44–49 d.A.) mit Schreiben vom 26. September 2002 eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2002 aus. Hiergegen richtet sich der Kläger mit seiner am 09.10.2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen und dem Beklagten am 24.10.2002 zugestellten Kündigungsschutzklage.
Der Tarifvertrag zur Altersteilzeit sieht in § 10 eine Insolvenzsicherung für die Ansprüche der Arbeitnehmer einschließlich der darauf entfallenden Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung aus Altersteilzeitverträgen vor. In einem zwischen den Parteien geführten weiteren Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main, Az.: 2 Ca 110/03, vereinbarten die Parteien, dass ausstehende Beiträge zur Insolvenzsicherung seitens des Beklagten nachträglich zu begleichen seien. Diese Verpflichtung hat der Beklagte im Laufe des Rechtsstreits erfüllt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses sei wegen der Zeitnähe des Ablaufs der Kündigungsfrist zum Beginn der Freistellungsphase unverhältnismäßig und daher unwirksam.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 26.09.2002 nicht beendet wurde.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei aus betriebsbedingten Gründen gerechtfertigt. Die Zulässigkeit der Kündigung mit abgekürzter Kündigungsfrist ergebe sich zudem aus § 113 InsO.
Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 26.03.2003 der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Kündigung des Beklagten dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz widerspreche, da sie ku...