Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit einer dynamischen Verweisung in einem Formulararbeitsvertrag
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Verweisung auf Vorschriften eines anderen Regelungswerks ist dem geltenden Recht nicht fremd und führt für sich genommen nicht zur Intransparenz.
2. Insbesondere ist unerheblich, dass bei Vertragsschluss noch nicht absehbar ist, welchen zukünftigen Inhalt die in Bezug genommenen Tarifregelungen haben werden. Denn die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung geltenden, in Bezug genommenen Regelungen sind bestimmbar.
3. Der Tarifvertrag Zukunft Fraport ist wirksam zustande gekommen.
Orientierungssatz
Einzelfall unbegründeter Berufung.
Keine Vergütungsansprüche nach TVöD-F, dieser wird durch den TV-Zukunft Fraport als speziellere Regelung verdrängt. Wirksame dynamische Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag, welche letztlich zur Anwendung des TV-Zukunft Fraport führt, der seinerseits wirksam zustande gekommen ist.
Normenkette
TVöD-F; TV-Zukunft Fraport
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 18.03.2015; Aktenzeichen 9 Ca 5127/14) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 18. März 2015 - 9 Ca 5127/14 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren um die Frage nach welchem Tarifvertrag und welcher Entgeltgruppe der Kläger zu vergüten ist.
Die Beklagte betreibt den Flughafen Frankfurt am Main und ist Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV-Hessen), der seinerseits Mitglied in der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) ist.
Der Kläger war zunächst auf Basis eines unbefristeten Vertrages (wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 10 - 19 d. A. Bezug genommen wird) mit der A GmbH, einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft der Beklagten (im Folgenden: A GmbH), deren Gesellschaftszweck in dem Verleih von Personal an die Beklagte besteht, ab dem 10. Juli 2010 bis Ende Mai 2011 als Mitarbeiter in der Passagierabfertigung im Bereich der Bodenverkehrsdienste (BVD) am Flughafen Frankfurt am Main im Wege der Arbeitnehmerüberlassung beschäftigt.
Am 25. Mai 2011 haben die Parteien einen schriftlichen Arbeitsvertrag über eine unbefristete Beschäftigung des Klägers ab dem 01. Juni 2011 geschlossen. Darin heißt es auszugsweise:
"§ 2 Tarifgeltung
Das Arbeitsverhältnis richtet sich unabhängig von einer Gewerkschaftszugehörigkeit des Beschäftigten nach den jeweils für den Arbeitgeber kraft eigenen Abschlusses oder Mitgliedschaft maßgeblichen Tarifverträgen in ihrer jeweils gültigen Fassung. Diese Bezugnahme gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber in ein anderes Tarifwerk wechseln sollte.
Für die Fraport AG gelten derzeit der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge. Darüber hinaus gilt der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) vom 13. Dezember 2005 soweit dies darin ausdrücklich bestimmt ist (§ 1 Absatz 2 TVÜ-VKA).
(...)
§ 5 Eingruppierung
Der Beschäftigte ist nach den tariflichen Bestimmungen - dem Tarifvertrag über Sonderregelungen zum TVöD und zum Erhalt der Bodenverkehrsdienste bei der Fraport AG (Tarifvertrag "Zukunft Fraport") - in die Entgeltgruppe E2N TVöD eingruppiert (zur Abgrenzung von der regulären TVöD-Tabelle wird bei der Entgeltabrechnung der Entgeltgruppe der Buchstabe "n" nachgestellt). Ab Einstellung erhält er in dieser Entgeltgruppe ein Entgelt der Stufe 2. Nach den aktuellen Entgelttabellen resultiert hieraus ein Monatsentgelt in Höhe von € 1.715,85 (brutto).
(..)
§ 11 Ausschlussfrist
Gemäß § 37 TVöD verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich gegenüber der anderen Partei geltend gemacht werden." Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf Bl. 21 - 24 d. A. Bezug genommen.
Seit dem 01. Oktober 2011 wird der Kläger als Lead Agent im Bereich der Bodenverkehrsdienste der Beklagten beschäftigt. Dazu haben die Parteien am 23. September 2011 eine Änderungsvereinbarung unterzeichnet, in der es unter "Entgelt/Zulage" heißt:
"Der Beschäftigte ist ab dem 1. Oktober 2011 nach den tariflichen Bestimmungen - dem Tarifvertrag über Sonderregelungen zum TVöD und zum Erhalt der Bodenverkehrsdienste bei der Fraport AG (Tarifvertrag "Zukunft Fraport") in die Entgeltgruppe E3N TVöD eingruppiert (zur Abgrenzung von der regulären TVöD-Tabelle wird bei der Entgeltabrechnung der Entgeltgruppe der Buchstabe "n" nachgestellt). Innerhalb dieser Entgeltgruppe erhält er Entgelt der Stufe 2. Nach den aktuell gültigen Entgelttabellen resultiert hieraus derzeit ein Monatsentgelt in Höhe von 1.784,70 Euro (brutto) monatlich." Wegen der Einzelheiten der Vereinbarung wird auf Bl. 25 d. A. Bezug genommen.
Unter dem 15. November 2009 haben die Vertreter der Beklagten B (damaliger Arbeitsdirektor) und C (damaliger...