Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Karenzentschädigung bei einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot
Leitsatz (redaktionell)
Bei Arbeitsverhältnissen mit Konzernbezug berechnet sich eine Karenzentschädigung für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, welche auf die vertragsmäßigen Leistungen des Arbeitnehmers Bezug nimmt, nicht nur auf diejenigen Ansprüche, welche der Arbeitnehmer von seinem Vertragsarbeitgeber auch direkt einklagen könnte, sondern auch auf Leistungen der beherrschenden Konzerngesellschaft (hier: Aktienoptionen).
Orientierungssatz
Streit um Berücksichtigung des Werts von Leistungen aus Aktienoptionsprogrammen der Konzernmutter (Sitz in USA) bei Berechnen der Karenzentschädigung.
Regelung der Parteien zur Höhe der Karenz durch Bezug auf Manteltarifvertrag für die akademisch gebildeten Angestellten in der chemischen Industrie vom 02. Mai 2000.
Verschaffungspflicht des Vertragsarbeitgebers für Leistungen der Konzernmutter aus Aktienoptionsprogrammen nach Inhalt einer Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag angenommen, in welcher auch das nachvertragliche Wettbewerbsverbot geregelt worden war.
Offen gelassen, ob § 74b Abs. 2 HGB bereits aus sich heraus Leistungen aus Aktienoptionsprogrammen u.ä. von Konzerngesellschaft (nicht AG) an Konzernmitarbeiter erfasst.
Normenkette
HGB §§ 74, 74b
Verfahrensgang
ArbG Offenbach am Main (Entscheidung vom 28.04.2016; Aktenzeichen 2 Ca 22/16) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 26. April 2016 - 2 Ca 22/16 - wird auf deren Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die zutreffende Berechnungsgrundlage einer Karenzentschädigung.
Die Beklagte ist eine GmbH, sie hat in A ihren Sitz und gehört zur B-Gruppe. Konzernmutter ist die in den USA ansässige B.
Der Kläger war bei der Beklagten ab dem 01. Januar 2004 als Leiter Forschung und Entwicklung beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete zum 30. September 2015. Grundlage der Zusammenarbeit war ein schriftlicher Anstellungsvertrag vom 01. Juli 2003 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 4-7 d.A.). Dieser Vertrag wurde dem Kläger von der Beklagten mit einem Anschreiben vom 01. Juli 2003 übersandt, wegen dessen Inhalt auf die Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 22. März 2016 Bezug genommen wird (Bl. 61 f. d.A.). In diesem Schreiben teilte die Beklagte u.a. mit, dass nach Ablauf einer Zugehörigkeit von 12 Monaten über eine Zuteilung von Stock Options der B entschieden werde. Der Kläger hat seit 2004 Stock Options der Konzernmutter erhalten.
Mit Datum vom 21. Mai 2012 schlossen die Parteien eine Ergänzung zum Arbeitsvertrag. In der Vereinbarung wurde u.a. in § 3 ein 24-monatiges nachvertragliches Wettbewerbsverbot gegen Zahlung einer Karenzentschädigung in Höhe von 50 Prozent der letzten vertraglich vereinbarten Vergütung des Klägers geregelt. Zur Wiedergabe des Inhalts der Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag wird auf die Anlage B1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 31. Januar 2017 (maßgebliche Regelung in englischer Sprache, Bl. 202-205 d.A.) bzw. die Anlage B1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 21. Februar 2017 (Übersetzung aus dem Englischen, Bl. 213-216 d.A.) verwiesen.
In dem Zeitraum von Oktober 2012 bis einschließlich September 2015 zahlte die Beklagte dem Kläger für die Ausübung seiner Tätigkeit durchschnittlich ein monatliches Grundgehalt in Höhe von 13.585,17 EUR brutto und rechnete einen geldwerten Vorteil für die Privatnutzung des ihm zur Verfügung gestellten Dienstfahrzeuges in Höhe von monatlich durchschnittlich 980,00 EUR brutto ab. Außerdem gewährte die Beklagte dem Kläger Boni: In Höhe von 20.000,00 EUR brutto für das Jahr 2013, von 7.200,00 EUR brutto für das Jahr 2014 sowie von 3.600,00 EUR brutto im Jahr 2015.
Darüber hinaus erhielt der Kläger von der B in den Jahren 2013, 2014 und 2015 Aktienoptionen (Stock Options) im Wert von 171.327,56 EUR brutto sowie so genannte Restricted Stock Units (RSU's) im Wert von 51.175,83 EUR brutto.
Anlässlich der Gewährung von Aktienoptionen und RSU's schloss der Kläger mit der Muttergesellschaft der Beklagten jeweils Vereinbarungen, deren Inhalt nicht bekannt ist. Die Beklagte erstattete ihrer Muttergesellschaft den Wert der dem Kläger zugeteilten Aktienoptionen und RSU's.
Am 24. September 2015 stellte das Arbeitsgericht Offenbach am Main das Zustandekommen eines gerichtlichen Vergleiches nach § 278 Abs. 6 ZPO fest, nach welchem das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund einer Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 08. Dezember 2014 zum 30. September 2015 beendet wurde (Az. - 2 Ca 443/14). Unter Ziffer 5. des Vergleiches vereinbarten die Parteien für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist, dass sich die Höhe der Karenzentschädigung für das vom Kläger einzuhaltende Wettbewerbsverbot nach den Vorschriften des einschlägigen Manteltarifvertrages richte (Anlage zur Klageschrift, Bl. 27 f. d.A.).
Der damit von den Parteien in Bezug genommene Manteltarifvertrag für akademisch gebildete ...