Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Versicherungsschutz für Personen ohne anderweitige Absicherung im Krankheitsfall. Krankenbehandlung nach § 264 Abs 2 SGB 5
Orientierungssatz
Der Umstand, dass ein Antragsteller bis zum 31.3.2007 Krankenbehandlung durch eine Krankenkasse im Verfahren nach § 264 Abs 2 SGB 5 geleistet wurde, ändert nichts daran, dass der Antragsteller bis zum In-Kraft-Treten des § 5 Abs 1 Nr 13 SGB 5 einen alleinigen Anspruch auf Gewährung von Krankenhilfe nach § 48 SGB 12 und damit nur auf Hilfe zur Gesundheit iS des Fünften Kapitels des SGB 12 hatte. Dem entsprechend bestand bzw besteht kein anderweitiger Krankenversicherungsschutz iS von § 5 Abs 1 Nr 13 SGB 5.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird die Antragsgegnerin unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 30. Juli 2007 verpflichtet, die Antragstellerin bis zur rechtskräftigen Feststellung ihrer Mitgliedschaft vorläufig als pflichtversichertes Mitglied in die gesetzliche Krankenversicherung aufzunehmen und ihr die gesetzlich vorgesehenen Leistungen zu gewähren.
Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragstellerin, geboren 1922, hält sich als X. Staatsangehörige seit 1992 in Deutschland auf. Bis zum 31.1.2006 bezog sie Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Die Leistungen (auch bei Krankheit) endeten, nachdem der Antragstellerin eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden war (Einstellungsbescheid des Beigeladenen vom 11.1.2006). Den zum 1.4.2007 gestellten Antrag auf Aufnahme in die gesetzliche Krankenversicherung lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 5.6.2007 ab, weil die Antragstellerin als Anspruchsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nicht versicherungspflichtig und damit nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung werden könne. Am 19.7.2007 hat die Antragstellerin bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main um vorläufigen Rechtsschutz zur Aufnahme in die gesetzliche Krankenversicherung nachgesucht mit der Begründung, dass sie "jetzt 85 Jahre alt und seit dem 1.4.2007 ohne Krankenversicherungsschutz sei."
Mit Beschluss vom 30.7.2007 hat das Sozialgericht Frankfurt am Main den Antrag abgelehnt. Die Antragstellerin sei als Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz von der Versicherungspflicht ausgeschlossen. Sie habe bis zum 31.3.2007 Krankenbehandlung (§ 264 SGB V) auf Kosten des Beigeladenen erhalten. An dieser Leistungsverpflichtung sei der Beigeladene festzuhalten. Hiernach sei die Antragstellerin "anderweitig" im Krankheitsfall abgesichert, weshalb die Versicherungspflicht nicht ab 1.4.2007 eintreten könne.
Gegen diesen am 2.8.2007 zugestellten Beschluss richtet sich die am 20.8.2007 eingelegte Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihr Begehren auf Aufnahme in die gesetzliche Krankenversicherung weiter verfolgt.
Die Antragstellerin beantragt (sinngemäß),
den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 30.7.2007 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, sie ab 1.4.2007 in die gesetzliche Krankenversicherung aufzunehmen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss im Ergebnis und vertritt die Auffassung, dass die Antragstellerin nach der rechtlichen Ausgestaltung der Aufenthaltserlaubnis “daneben eine anderweitige Absicherung (gegen Krankheit) zu beanspruchen habe.„ Deshalb scheitere eine Aufnahme in die gesetzliche Krankenversicherung.
Der Beigeladene (Beiladungsbeschluss des Senats vom 1.11.2007) vertritt die Auffassung, dass die Antragstellerin nicht nach dem Asylbewerberleistungsgesetz leistungsberechtigt sei. Bisher sei stets übersehen worden, dass die Leistungsberechtigung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz voraussetze, dass die Aufenthaltserlaubnis wegen des Krieges im Heimatland erteilt worden sein müsse. Diese Voraussetzung sei im Falle der Antragstellerin nicht erfüllt, weil ihr die Aufenthaltserlaubnis nicht wegen des Krieges in ihrem Heimatland, sondern aufgrund ihres Alters und ihrer inzwischen erfolgten Integration in Deutschland erteilt worden sei. Da das Asylbewerberleistungsgesetz nur auf Ausländer Anwendung finden solle, über deren Aufenthalt noch nicht abschließend entschieden worden sei und nicht auf solche Ausländer, die bereits eine längerfristige Aufenthaltsperspektive erhalten hätten, sei es nicht sachgerecht, der Antragstellerin nur die eingeschränkten Krankenhilfeleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zuzubilligen. Die Antragstellerin sei bereits 1992 im Alter von 70 Jahren nach Deutschland gekommen, sei zunächst geduldet worden und habe schließlich am 30.10.2002 eine langfristige Aufenthaltserlaubnis bis zum 10.3.2008 erhalten, die mit hoher Wahrscheinlichkeit verlängert werde. Deshalb sei davon auszugehen, dass die Antragstellerin ...