Entscheidungsstichwort (Thema)
Beitragsbemessung eines freiwilligen Mitglieds der Krankenversicherung
Orientierungssatz
1. Bei der Beitragsbemessung des freiwilligen Mitglieds der Krankenversicherung ist gemäß § 240 Abs. 1 SGB 5 sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Versicherten berücksichtigt.
2. Bei der Berücksichtigung von Einnahmen und Ausgaben ist lediglich ein horizontaler Verlustausgleich möglich, d. h. es können nur innerhalb einer speziellen Einkommensart Verluste und Gewinne gegengerechnet werden, nicht dagegen ein vertikaler Verlustausgleich zwischen unterschiedlichen Einkunftsarten.
3. Der Beitragsbemessung ist der Einkommensteuerbescheid zugrunde zu legen. Sofern der Versicherte die Nachweise über die beitragspflichtigen Einnahmen auf Verlangen der Krankenkasse nicht vorlegt, gilt als beitragspflichtige Einnahmen der 30. Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze i. S. von § 223 SGB 5.
4. Anders als es das Einkommensteuerrecht mit der dort möglichen Zusammenveranlagung von Ehegatten vorsieht, findet im Sozialversicherungsrecht ein interpersoneller Verlustausgleich nicht statt.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 9. März 2018 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Beitragsfestsetzung zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung.
Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 16. Mai 2009 freiwillig gesetzlich kranken- und bei der Beigeladenen pflegeversichert. Ausweislich der Angaben des Klägers übt er seit 2010 eine selbstständige Tätigkeit aus. Mit Schreiben vom 1. März 2016 und vom 30. März 2016 bat die Beklagte den Kläger um die Vorlage von Angaben über seine Einkommenssituation. Da eine solche durch den Kläger nicht erfolgte, setzte die Beklagte mit Bescheid vom 18. April 2016 die Beiträge des Klägers ab dem 1. Mai 2016 aus der Beitragsbemessungsgrenze mit monatlich 745,81 € fest (monatlicher Beitrag zur Krankenversicherung: 593,25 €; Zusatzbeitrag: 42,38 €; monatlicher Beitrag zur Pflegeversicherung: 110,18 €). Der Bescheid der Beklagten erging auch im Namen der Pflegekasse und enthielt den Hinweis, dass bei einem späteren Eingang der Unterlagen die Beiträge nur für die Zukunft anpassbar seien. Zu der Akte der Beklagten gelangten sodann ein von dem Kläger ausgefüllter Einkommensfragebogen vom 14. April 2016 und in Teilen geschwärzte Einkommensteuerbescheide des Klägers für 2014 vom 29. Januar 2016 und für 2013 vom 15. Mai 2015. Mit Schreiben vom 27. Mai 2016 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass ein Verlustausgleich nur innerhalb einer Einnahmeart zulässig und ein solcher in unterschiedlichen Einnahmearten ausgeschlossen sei. Zur Auswertung der Einnahmen sei zudem die Vorlage ungeschwärzter Einkommensteuerbescheide erforderlich. Bis dahin verbleibe es bei dem Beitragsbescheid vom 18. April 2016. Unter dem 8. Juni 2016 wies der Kläger darauf hin, einen Beitragsbescheid vom 18. April 2016 nie erhalten zu haben und bat darum, aus einem solchen keine Rechtsfolgen abzuleiten. Mit Bescheid vom 22. Juni 2016 stellte die Beklagte gegenüber dem Kläger offene Beitragsforderungen i.H.v. 585,88 € fest, wogegen der Kläger am 25. Juni 2016 Widerspruch erhob und auf einen letzten maßgeblichen Beitragsbescheid vom 18. Dezember 2015 verwies.
Unter dem 29. Juni 2016 hob die Beklage den Bescheid vom 18. April 2016 auf, erbat von dem Kläger nochmals lesbare Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2013 und 2014 und setzte ab dem 1. Juli 2016 erneut aus der Beitragsbemessungsgrenze die Beiträge des Klägers mit monatlich 745,81 € fest (monatlicher Beitrag zur Krankenversicherung: 593,25 €; Zusatzbeitrag: 42,38 €; monatlicher Beitrag zur Pflegeversicherung: 110,18 €). Der Bescheid vom 29. Juni 2016 erging erneut auch im Namen der Pflegekasse und enthielt den Hinweis, dass die Prüfung einer rückwirkenden Korrektur der Beiträge bei der Zusendung der lesbaren Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 innerhalb von drei Monaten erfolgen werde. Bei einem späteren Eingang der Unterlagen sei nur noch eine Anpassung für die Zukunft möglich. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 25. Juli 2016 Widerspruch. Die Offenlegung aller Steuerdaten in Bezug auf die Beklagte widerspreche dem Datenschutz personenbezogener Daten und seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Die Beitragsbemessung erfolge anhand der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Beitragsverpflichteten wofür Details aus den zugrundeliegenden Einkommensteuerbescheiden keine Rolle spielen könnten. Die von der Beklagten festgestellten Beiträge überstiegen seine finanzielle Leistungsfähigkeit.
Unter dem 17. August 2016 hob die Beklagte den Bescheid vom 29. Juni 2016 bezüglich der Beitragsfestsetzung auf und...