Entscheidungsstichwort (Thema)
Warnfunktion des Zusicherungsverfahrens beim Umzug des Grundsicherungsberechtigten in die neue Wohnung
Orientierungssatz
1. Nach § 22 Abs. 4 S. 2 SGB 2 ist der Grundsicherungsträger zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft des Hilfebedürftigen verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.
2. Das sog. Zusicherungsverfahren hat Aufklärungs- und Warnfunktion. Es soll den Leistungsberechtigten rechtzeitig vor der Gefahr bewahren, einen Umzug in eine Unterkunft vorzunehmen, deren Kosten nach § 22 Abs. 1 SGB 2 nicht zu übernehmen sind.
3. Eine auf die Verpflichtung des Leistungsträgers gerichtete Klage auf Erteilung der Zusicherung wird unzulässig, wenn zwischenzeitlich der Umzug durchgeführt worden ist (BSG Urteil vom 6. 4. 2011, B 4 AS 5/10 R). Ist der Hilfebedürftige bereits vor Klageerhebung in die neue Wohnung umgezogen, so ist die erhobene Klage von Anfang an unzulässig.
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 21. April 2016 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Zwischen den Beteiligten ist die Zustimmung zur Anmietung einer Wohnung im Rahmen des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II) streitig.
Die 1953 geborene Klägerin steht seit 2008 im Leistungsbezug nach dem SGB II bei dem Beklagten und bewohnte zum streitgegenständlichen Zeitpunkt eine Wohnung in der C Straße in A-Stadt. Hinsichtlich dieser Wohnung hatte der Vermieter ein Zwangsräumungsverfahren gegen die Klägerin eingeleitet.
Am 13. Dezember 2013 (Bl. 1296 der Verwaltungsakte) legte die Klägerin dem Beklagten eine Mietbescheinigung für die Wohnung in der D-Straße in A-Stadt vor. Sie gab an, dass sie die Wohnung angemietet habe, da ein Umzug für sie notwendig sei. Nach der Mietbescheinigung hat die Wohnung 65 m² Wohnfläche und drei Zimmer und kostete 390 Euro nettokalt zuzüglich 60 Euro kalte Betriebskosten.
Mit Bescheid vom 18. Dezember 2013 (Bl. 1302 der Verwaltungsakte) lehnte der Beklagte eine Zustimmung zur Anmietung der Wohnung in der D-Straße ab. Zur Begründung führte der Beklagte an, dass die Kosten für die Unterkunft unangemessen hoch seien. Für eine Person sei eine Wohnfläche von maximal 45 m² ausreichend und die maximal anzuerkennende Bruttokaltmiete liege in A-Stadt bei 409 Euro monatlich. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 2. Januar 2014 (Bl. 1327 der Verwaltungsakte) Widerspruch ein. Dem Beklagten sei seit einem Jahr die Notwendigkeit des Umzugs bekannt auch sei die Zwangsräumung zum 12. Dezember 2013 bekannt. Diese sei nunmehr am 8. Januar 2014 und die angemietete Wohnung sei auch angemessen, da sie sogar kleiner als die jetzige Wohnung sei. Für die Lage der Wohnung in der Innenstadt seien auch die Kosten nicht zu beanstanden. Diesen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. März 2014 (Bl. 1375 der Verwaltungsakte) als unbegründet zurück. Die Unterkunftskosten für die Wohnung in der D-Straße in A-Stadt seien nicht angemessen im sozialrechtlichen Sinne, so dass eine Zustimmung zur Anmietung der Wohnung zu Recht nicht erteilt worden sei.
Hiergegen richtet sich die am 11. April 2014 zum Sozialgericht Frankfurt erhobene Klage. Zur Begründung trug die Klägerin vor, dass dem Beklagten die erneute Notwendigkeit des Umzugs seit 2012 bekannt gewesen sei. Der Beklagte habe die Übernahme der Kaution für die vorher bewohnte Wohnung in der C-Straße verweigert, was letztlich zur fristlosen Kündigung und Räumungsklage sowie der Zwangsräumung geführt habe. Auch habe der Beklagte in der Vergangenheit rechtswidrig Sanktionen erlassen, weshalb die Miete nicht habe gezahlt werden können. Die jetzt angemietete Wohnung sei sozialrechtlich angemessen. Die Klägerin legte den Mietvertrag für die Wohnung in der D-Straße vor, der am 8. Januar 2014 unterzeichnet worden war.
Die Klägerin beantragte, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 18. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2014 zu verurteilen, der Anmietung der Wohnung in der D-Straße in A-Stadt zuzustimmen.
Der Beklagte trat dem entgegen. Zur Begründung seines Antrags verwies der Beklagte auf den Inhalt des angefochtenen Widerspruchsbescheids.
Mit Urteil vom 21. April 2016 wies das Sozialgericht Frankfurt am Main die Klage ab.
Die Klage sei bereits unzulässig.
Gemäß § 22 Abs. 4 S. 1 SGB II solle die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Nach S. 2 der Vorschrift sei der kommunale Träger zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich sei und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen seien.
Dieses so genannte Zusicherun...