Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Streitwertfestsetzung. Streitwertbeschwerde gegen erstinstanzliche Festsetzung durch Kammervorsitzenden. Entscheidungszuständigkeit. Einzelrichter iS des § 66 Abs 6 GKG. Zulässigkeit. schutzwürdiges Interesse: kostenerstattungsberechtigter Beteiligter. Honorarvereinbarung

 

Leitsatz (amtlich)

Über Beschwerden gegen die Festsetzung des Streitwertes durch einen Kammervorsitzenden am Sozialgericht entscheidet ein Mitglied des Senats als Einzelrichter iS des § 66 Abs 6 GKG.

 

Orientierungssatz

Für die Beschwerde, mit der ein kostenerstattungsberechtigter Beteiligter eine Erhöhung des festgesetzten Streitwerts erstrebt, besteht ein schutzwürdiges Interesse, wenn er mit seinem Prozessbevollmächtigten eine Honorarvereinbarung geschlossen hat, aus der für die Beteiligten Verbindlichkeiten entstanden sind, die durch eine Erstattung von den auf der Grundlage des Streitwerts berechneten Rechtsanwaltsgebühren nicht gedeckt werden können.

 

Tenor

Unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Kassel vom 12. November 2009 wird der Streitwert auf 5.000,- € festgesetzt.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Streitwertes streitig.

Der Kläger betreibt ein Sanitätshaus und ist Leistungserbringer nach dem Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Er gehört der Abteilung C. der Sanitätshaus D. AG an. Diese hat für die von ihr vertretenen Leistungserbringer aus dem Bereich des Sanitätshaus- und Gesundheitsfachhandels im Jahre 2005 einen Rahmenvertrag mit der Beklagten über die Versorgung der anspruchsberechtigten Versicherten mit Hilfsmitteln abgeschlossen. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2007 kündigte die Beklagte dem Kläger zum 31. März 2008. Gegenüber den weiteren Vertragspartnern bestand der Vertrag zunächst fort.

Gegen die Kündigung hat der Kläger am 11. Juni 2008 Klage erhoben. Mit Beschluss vom 13. Juni 2008 hat das Sozialgericht Kassel den Streitwert vorläufig auf 75.000,- € festgesetzt. Der Kläger habe auf einen Jahresumsatz in Höhe von 50.000,- € verwiesen, was einem 3-fachen Jahresumsatz in Höhe von 150.000,- € entspreche. Hiervon seien geschätzte Unkosten von 50 % abzusetzen, so dass ein Streitwert in Höhe von 75.000,- € festzusetzen sei.

Mit Schreiben vom 5. September 2008 hat der Kläger eine Bescheinigung der Steuerkanzlei E. vom 25. Juni 2008 übersandt, wonach im Jahr 2007 der Umsatz “Barmer Rehamittel„ des Klägers 34.970,59 € betragen habe.

Am 12. Mai 2009 hat die Beklagte ein Anerkenntnis abgegeben und die Kündigung zurückgenommen, nachdem der Rahmenvertrag mit der C. zwischenzeitlich insgesamt zum 30. Juni 2009 beendet worden war. Zudem hat die Beklagte sich bereit erklärt, die Kosten des Rechtsstreits dem Grunde nach zu übernehmen.

Das Sozialgericht hat den Beteiligten unter dem 12. Mai 2009 mitgeteilt, dass es beabsichtige, den endgültigen Streitwert auf 52.455,- € festzusetzen. Die Kündigung des Vertrages zum 30. Juni 2009 sei für die Höhe des Streitwertes unbeachtlich. Abzustellen sei auf den Zeitpunkt der Klageerhebung, zu welchem der Vertrag noch unbefristet fortbestanden habe. Zudem sei das wirtschaftliche Interesse des Klägers am Bestand des Vertrages maßgeblich. Dieser stelle die Rechtsgrundlage jedweder Versorgung für ihn im Rehabilitationsbereich dar. Dieses Interesse stehe für sich und unabhängig von der Frage, was jenseits des Vertrages abrechenbar gewesen sei. Das Interesse am Bestand des Vertrages bezeichne einen fixen Gegenstandswert, den das Sozialgericht zutreffend unter Bezugnahme auf ähnlich gelagerte Entscheidungen des Hessischen Landessozialgerichts vorläufig festgesetzt habe.

Die Beklagte hat hingegen angeführt, dass der Kläger auch ohne Vertragsverhältnis weiter zur Versorgung der Versicherten der Beklagten gemäß § 126 Abs. 2 SGB V berechtigt geblieben sei. Dem Kläger sei durch die Kündigung lediglich der Vorteil eines vertraglich geregelten Abrechnungsverfahrens sowie vorab geregelter Preise entgangen. Nach ihren internen Überprüfungen bezüglich der abgelehnten Versorgungen im Jahre 2008 habe sich kein signifikanter Unterschied zu den Zeiträumen vor Kündigung des Vertrages ergeben. Damit biete der Jahresumsatz vorliegend keine Anhaltspunkte für die Bemessung des Streitwertes. Jedenfalls aber seien nicht lediglich 50 %, sondern mindestens 80 % des Umsatzes als Unkosten anzusetzen.

Mit Beschluss vom 12. November 2009 hat das Sozialgericht Kassel den Streitwert auf 17.485,30 € festgesetzt. Das wirtschaftliche Interesse des Klägers habe in der weiteren Sicherung und Erlangung einer Leistungserbringung gegenüber den Versicherten der Beklagten konkret auf der Grundlage des Rahmenvertrages gelegen. Ist der Abschluss oder auch die Fortgeltung eines unbefristeten Versorgungsvertrages im Streit, sei als Streitwert der 3-fache Jahresumsatz zu Grunde zu legen, der durch die Kündigung oder dessen Nichtverlängerung mutmaßlich verloren gehe. Abzustellen sei insoweit allein auf die jeweils ...

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