Entscheidungsstichwort (Thema)
Fremdrentenrecht. Qualifikationsgruppeneinstufung. Diplomlehrer. Polen. Qualifikationsmerkmal. Ausbildungsabschluss. Berücksichtigung einer langjährigen Berufserfahrung
Leitsatz (amtlich)
Die Eingruppierung der zurückgelegten Beschäftigungszeiten einer Lehrerin in Polen in die Qualifikationsgruppe 1 nach § 22 FRG, § 256b SGB 6 und S 1 Nr 3 der Anl 13 zum SGB 6 ist grundsätzlich nur nach einem abgeschlossenen Hochschulstudium möglich. Die staatliche Zuerkennung des Diensttitels einer Diplom-Lehrerin auf Dauer nach einer Anzahl bereits ausgeübter Berufsjahre nach Absolvierung der Lehrerbildungsanstalt in Polen (hier: sieben Jahre) führt jedoch nach S 2 der Anl 13 zum SGB 6 zur Einstufung der Beschäftigung in die Qualifikationsgruppe 1 aufgrund langjähriger Berufserfahrung.
Orientierungssatz
1. Bei der Ermittlung der persönlichen Rentenbemessungsgrundlage für Fremdrentenzeiten wird nicht auf den wirklichen Arbeitsverdienst im Herkunftsland, sondern auf den Durchschnittsverdienst der gleichen Berufsgruppe im Reichs- oder Bundesgebiet abgestellt. Die jeweilige Festlegung erfolgt im Rahmen von Leistungs- bzw Qualifikationsgruppen.
2. Die Merkmale der Qualifikationsgruppen müssen sinngemäß auf die Verhältnisse im Herkunftsland des Fremdrentenberechtigten übertragen werden.
3. Für die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs "langjährige Berufserfahrung" in S 2 der Anl 13 zum SGB 6 ist kein Rückgriff auf das Recht des Beitrittsgebietes vorgeschrieben. Vielmehr hat das Gericht eine eigenständige Wertung durchzuführen (vgl LSG Darmstadt vom 23.5.2003 - L 13 RJ 1086/00 = juris RdNr 54).
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 26.08.2008 aufgehoben.
Die Beklagte wird unter Änderung ihres Bescheides vom 11.3.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.7.2003 sowie unter Änderung der Rentenbescheide vom 28.03.2007 und 17.07.2007 verurteilt, der Klägerin ab dem 01.03.2007 höhere Altersrente für Frauen unter Zuordnung der in Polen zurückgelegten Beitrags- und Beschäftigungszeiten vom 01.05.1972 bis zum 25.06.1984 in die Qualifikationsgruppe 1 der Anlage 13 zum SGB VI zu gewähren.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Beklagte hat der Klägerin 2/3 ihrer Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Eingruppierung der von der Klägerin in Polen zurückgelegten Beitrags- und Beschäftigungszeiten in die gesetzliche Rentenversicherung vom 27.07.1965 bis zum 25.06.1984 und - mittlerweile - die Höhe der ab dem 01.03.2007 bewilligten Altersrente für Frauen im Streit.
Die 1943 in Polen geborene Klägerin zog am 09.04.1990 von Polen dauerhaft in die Bundesrepublik Deutschland; sie ist Inhaberin des Bundesvertriebenenausweises A vom 10.09.1990. In Polen war die Klägerin als Grundschullehrerin tätig. Nach ihren eigenen Angaben und den von ihr vorgelegten Unterlagen besuchte sie von 1957 bis zum 04.06.1962 das Pädagogische Lyzeum in C. und bestand am 16.04.1962 die Reifeprüfung vor der durch das Kuratorium des Schulbezirkes D. berufenen staatlichen Prüfungskommission. Das ihr vom pädagogischen Lyzeum in C. am 04.06.1962 ausgestellte Prüfungszeugnis verlieh der Klägerin die Qualifizierung zur Unterrichtserteilung an Grundschulen und berechtigte sie, sich um die Aufnahme zum Studium an Hochschulen zu bewerben.
Im Anschluss besuchte die Klägerin die Lehrerbildungsanstalt in D., die ihr am 27.07.1965 bescheinigte, die Diplomprüfung erfolgreich abgelegt und damit die Lehrerbildungsanstalt abgeschlossen zu haben (Bl. 25 ff. und Bl. 29 Verwaltungsakte).
Mit Datum vom 18.05.1967 (Bl. 170 f. VA) stellte das “Präsidium des Stadtrates - Bildungsinspektor - in E.„ fest, dass die Klägerin nach Ausbildungsabschluss am Lehrerstudium in D. sowie nach Erfüllung anderer Bedingungen, die in § 7 der Verordnung des Ministers für Bildung vom 12.04.1962 über die Qualifizierung der Lehrer und der Schulerzieher und Erzieher in anderen Bildungs- und Erziehungsstellen sowie Bildungs- und Vormundschaftsstellen, die dem Bildungsministerium untergeordnet sind, festgelegt sind und zwar: Zweijähriges, ununterbrochenes Praktikum in der Grundschule sowie positive Bewertung der Berufstätigkeit; die Klägerin habe hiernach am 18.05.1967 mit positivem Ergebnis die Qualifizierungsprüfung bestanden, so dass sie die erforderlichen Fachkenntnisse für die Unterrichtserteilung an Grundschulen besitze. Die Urkunde ist mit “Qualifizierungsdiplom des Lehrers„ überschrieben (Art der Schule bzw. anderer Stelle: Grundschule Nr. 17 in E.).
Mit Datum vom 02.02.1975 (Bl. 19 VA) stellte die Stadtverwaltung, Amt für Bildung, Erziehung, Kultur, Körperkultur und Touristik in E. fest, dass die Klägerin im Einklang mit dem im Gesetz zitierten Beschluss zum 01.05.1972 auf Dauer als Lehrerin ernannt wurde. Hierin wird der Klägerin der Diensttitel “Diplomierte Lehrerin„ zuerkannt. Am 26.11.1984 (Bl. 31 VA) bescheinigte d...