Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütung der vom Krankenhaus erbrachten ambulanten onkologischen Leistungen. Abrechnung auf der Grundlage des EBM-Ä. Landesspezifische Abrechnungsziffern. Gleichbehandlung. Zusätzlicher Aufwand für die Spezialisierung

 

Orientierungssatz

1. Nach § 116b Abs. 5 S. 3 SGB 5 teilt das Krankenhaus der Krankenkasse die von ihm nach den Absätzen 3 und 4 ambulant erbrachten Leistungen mit und bezeichnet die hierfür berechenbaren Leistungen auf der Grundlage des EBM-Ä. Diese Leistungen sind nach § 87a Abs. 2 S. 6 SGB 5 mit dem Preis der in der Region des Krankenhauses geltenden Gebührenordnung zu vergüten.

2. Mit der Novellierung des § 116b SGB 5 zum 1. 1. 2012 hat der Gesetzgeber den Versuch unternommen, eine einheitliche und damit gleichheitsgerechtere Finanzierung der Leistungen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung sicherzustellen. Danach soll § 116b Abs. 5 S. 2 SGB 5 alleinige Abrechnungsgrundlage sein.

3. Eine entsprechende Anwendung landesrechtlicher Abrechnungsziffern für ambulant erbrachte onkologische Behandlungen - hier hessenspezifischer Abrechnungsziffern 86.500 und 86.501 - ist im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht geboten, weil insoweit keine Ungleichheit von Sachverhalten, sondern lediglich von Personengruppen vorliegt.

4. Im Übrigen hat ein hochspezialisiertes Krankenhaus die in der bundesweit geltenden Onkologie-Vereinbarung 1989 statuierten Voraussetzungen im Rahmen seiner Bestimmung nach § 116b SGB 5 zu erfüllen und muss damit aufgrund seiner Spezialisierung keinen mit dem niedergelassenen onkologisch tätigen Arzt vergleichbaren zusätzlichen Aufwand betreiben.

 

Normenkette

SGB V a.F. § 116b Abs. 5, § 87; GG Art. 3 Abs. 1

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 3. August 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren bis zum 22. August 2013 auf 383,49 € und für die Zeit danach auf 255,66 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch der Klägerin auf Vergütung der ambulanten onkologischen Behandlung von 2 Versicherten der Beklagten nach den sogenannten hessenspezifischen Abrechnungsziffern 86.500 und 86.501 streitig.

Die Klägerin betreibt ein Vertragskrankenhaus nach § 108 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V - Plankrankenhaus) u.a. mit einer Hals-Nasen-Ohren Klinik. Dieses ist zur Erbringung ambulanter hochspezifischer Leistungen nach § 116b Abs. 2 und 3 Nr. 2 SGB V bestimmt und zwar zur Behandlung von Patienten mit onkologischen Erkrankungen im Kopf/Hals-Bereich. In diesem Zusammenhang wurden 2 Versicherte der Beklagten (C. und D.) in diesem Krankenhaus ambulant onkologisch wegen bösartiger Neubildungen bzw. Weichteilmetastasen im Mundbereich im III. Quartal 2009 behandelt. Zwischen den Beteiligten ist die medizinische Notwendigkeit dieser Krankenhausbehandlung unstreitig.

Die Klägerin stellte der Beklagten die ambulanten Behandlungen der Versicherten in Rechnung (je Versicherten eine Rechnung vom 6. Oktober 2009). In diesen machte die Klägerin für den Versicherten C. im III. Quartal 2009 zweimal und für den Versicherten D. einmal im III. Quartal 2009 die hessenspezifischen Abrechnungsziffern 86.500 und 86.501 in Höhe von insgesamt 127,83 € geltend.

Die Behandlungen in dem streitigen III. Quartal 2009 fallen in den Zeitraum zwischen der Kündigung der Onkologie-Vereinbarung (Anlage 7 zu den Bundesmantelverträgen) und dem Abschluss der neuen Onkologie-Vereinbarung zum 1. Oktober 2009 (erneut: Anlage 7 zu den Bundesmantelverträgen). Da nach der Kündigung der Onkologie-Vereinbarung der Ausgang der auf Bundesebene zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Kassenseite laufenden Verhandlungen über eine bundesweite, einheitliche Onkologie-Vereinbarung ungewiss war, vereinbarten die Kassenärztliche Vereinigung Hessen (KVH) und die Landesverbände der Krankenkassen sowie Ersatzkassen eine befristete Übergangsregelung auf regionaler Ebene in Form der hessenspezifischen Abrechnungsziffern 86.500 und 86.501. Grundlage hierfür war die Vereinbarung zur Förderung einer qualifizierten ambulanten Behandlung krebskranker Patienten von 1989, geschlossen zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und den Landesverbänden der AOK Hessen, der Betriebskrankenkassen und IKK jeweils in Hessen, der landwirtschaftlichen Krankenkasse Darmstadt sowie Hessen-Nassau, der Krankenkasse für den Gartenbau und der Bundesknappschaft. Mit der hessenspezifischen Regelung sollte ausgeschlossen werden, dass ein Vertragsabschluss auf Bundesebene unter Umständen zu einem Honorarverlust der ambulant onkologisch tätigen Ärzte führen könnte und möglicherweise verschärfte Anforderungen an Qualifikations- bzw. Abrechnungsvoraussetzungen geregelt werden könnten. Diese hessenspezifischen Abrechnungsziffern waren in Hessen für die Zeit ab 1. Januar bis 31. Dezember 2009 für Primär- u...

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