Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenübernahme für eine operative Magenverkleinerung zur Adipositas-Behandlung
Orientierungssatz
1. Die Implantation eine Magenbandes als Heilmaßnahme einer Adipositas kommt nur als ultima ratio und nur bei Patienten in Betracht, die kumulativ eine Reihe von Bedingungen für eine erfolgreiche Behandlung erfüllen.
2. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so besteht für die durchgeführte Maßnahme kein Kostenerstattungsanspruch entsprechend § 13 Abs. 3 SGB 5, wenn aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen eine Kontraindikation für eine operative Magenverkleinerung und damit für die Anlage eines Magenbandes bei dem Versicherten besteht. Morbus Crohn stellt eine Kontraindikation für eine operative Adipositas-Behandlung dar.
3. Ist bei dem Versicherten die Diagnose eines Morbus Crohn zweifelhaft und umstritten und ist diese Krankheit darüber hinaus seit Jahren klinisch nicht mehr relevant geworden, so steht sie dem Anspruch des Versicherten auf die Implantation eines Magenbandes nicht entgegen.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 27. August 2010 sowie der Bescheid der Beklagten vom 15. Februar 2007 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 22. August 2007 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die Kosten für die Implantation eines Magenbandes im IO. Krankenhaus GmbH i.H.v. 5.530,25 € zu erstatten.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin beider Instanzen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Kosten einer minimal-invasiven Magenverkleinerung (Magenband) zur Adipositas-Behandlung streitig.
Die bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin, geboren im März 1977, war hochgradig übergewichtig. Am 22. August 2006 ging bei der Beklagten der Antrag der Klägerin auf Kostenübernahme für eine Magenbandoperation mit Schreiben des Krankenhauses IO. GmbH in B-Stadt (15. August 2006) ein. In diesem Schreiben des Krankenhauses IO. GmbH in B-Stadt wird ausgeführt, bei einer Körpergröße der Klägerin von 1,78 m und einem Gewicht von 130 kg bestehe ein Body-Mass-Index von 41 (BMI = Quotient aus Körpergewicht in Kilogramm und Körpergröße zum Quadrat, Normalgewicht: BMI ≪= 25). Ergänzend werden folgende Diagnosen genannt: Adipositas Grad 3, Asthma Bronchiale, Porphyrie, reaktive Depression, Gonarthrose bds., LWS-Syndrom. Die Behandlungsmöglichkeiten seien ausgeschöpft, wie sich aus der beigefügten Liste der durchgeführten (Laien-)Diäten und professionell begleiteten konservativen Therapieversuchen ergebe. Aufgrund einer medizinischen und psychologischen Anamnese sowie der Erstellung eines 14-tägigen Ernährungsprotokolls sei man auf der Grundlage der Leitlinien der Deutschen Adipositas-Gesellschaft zu der Überzeugung gekommen, eine Magenbandimplantation sei indiziert. Aufgrund der Familienanamnese bestehe ein hohes Risiko für den Erwerb von Adipositas assoziierten Folgeerkrankungen. Auch habe die Anamnese/Untersuchung keine Kontraindikation ergeben.
Die Beklagte veranlasste eine Untersuchung der Klägerin durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Hessen (im Weiteren: MDK), die am 24. Oktober 2006 durch Dr. QQ. erfolgte. In seinem schriftlichen Gutachten (27. Oktober 2006) kommt Dr. QQ. zu dem Ergebnis, die Anlage eines Magenbandes könne als medizinisch indizierte Maßnahme akzeptiert werden. Jedoch habe die Klägerin über eine Morbus Crohn Diagnose berichtet. Auch wenn sie von keinen typischen Beschwerden einer solchen Erkrankung berichtet habe, sei sie (für eine solche Erkrankung typisch) 6 Monate lang mit hoch dosiertem Cortison, Zytostatikum und mit Antikörperfunktionen behandelt worden. Das Vorhandensein dieser Erkrankung als chronisch entzündliche Darm-Erkrankung stelle eine Kontraindikation der beantragten Maßnahme dar. In dem Schreiben des Krankenhauses IO. GmbH in B-Stadt sei auf diese Vorerkrankungen nicht eingegangen worden. Deshalb sei eine weitere Abklärung erforderlich. Nach Beiziehung weiterer ärztlicher Unterlagen kam Dr. QQ. in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 6. Dezember 2006 zu der Auffassung, nach den vorgelegten Unterlagen könne das Krankheitsbild nicht hundertprozentig sicher ausgeschlossen werden. Entzündliche Schübe dieser Erkrankung ließen sich nicht vorhersagen, so dass eine prophylaktische Entfernung des Bandes nicht möglich sei. Ein entzündlicher Prozess stelle ein erhöhtes Risiko für die Anlage des Magenbandes dar, insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Perforation des Bandes. Auch der Hersteller des Magenbandes (Firma XY.) vertrete diese Auffassung. Da das Magenband keine Heilmaßnahme einer Adipositas darstelle und nur als ultima ratio einer Adipositas-Behandlung angesehen werden könne, könne vorliegend die beantragte Kostenübernahme nicht befürwortet werden.
Nach Vorlage weiterer ärztlicher Unterlagen - mit dem Inhalt, dass ein Morbus Crohn nicht festgestellt worden sei - lehnte die Bekl...