Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Normenkette
§ 23 Abs. 45 WEG, § 28 WEG
Kommentar
1. Eine Jahresabrechnung ist nicht schon deshalb unrichtig, weil sie Forderungen, also Außenstände nicht ausweist. Die Jahresabrechnung des § 28 Abs. 3 WEG ist keine Bilanz mit Gewinn- und Verlustrechnung, sondern eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung. Sollbeträge müssen in eine Jahresabrechnung nicht aufgenommen werden. Eine etwaige Forderung der Gemeinschaft stand im Übrigen im vorliegenden Beschlussanfechtungsverfahren nicht einmal zur Diskussion.
Selbst wenn sich behauptete Ansprüche gegen einen "Verwalter-Eigentümer" richten sollten, steht dies einer Genehmigung der Jahresabrechnung und Entlastung des Verwalters nicht entgegen, da solche Ansprüche einen Entlastungsbeschluss nicht berührten.
2. Ein Wirtschaftsplan als Haushaltsvoranschlag hat die geschätzten Ausgaben und Einnahmen des Geschäftsjahres zu erfassen. Aus dem Sinn und Zweck des Wirtschaftsplanes, eine Grundlage für die Bemessung der Wohngeldvorauszahlungen zu bieten, ergibt sich, dass er die Einnahmen und Ausgaben nach Möglichkeit vollständig enthalten soll. Ein Wirtschaftsplan, der zu erwartende Einnahmen oder Ausgaben außer Betracht lässt und damit zu wesentlich überhöhten Wohngeldforderungen oder zu erheblichen Nachzahlungspflichten führt, widerspricht den Interessen der Wohnungseigentümer und den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung. Ob Ansprüche oder Rechte in den Wirtschaftsplan auf der Einnahmenseite aufzunehmen sind, hängt davon ab, ob sie zu den zu erwartenden Einnahmen zu zählen sind, also damit gerechnet werden kann, dass auf sie im Laufe des Wirtschaftsjahres zur Bestreitung der Ausgaben zurückgegriffen werden kann. Ist dies nicht der Fall, erscheint es jedenfalls nicht geboten, die Ansprüche oder Rechte im Wirtschaftsplan den Ausgaben gegenüberzustellen. Es ist eine andere Frage, ob es ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, mögliche Ansprüche - notfalls gerichtlich - durchzusetzen. Auf jeden Fall kann es zweckmäßig sein und ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, streitige Ansprüche nicht in einen Wirtschaftsplan aufzunehmen, solange eine Beilegung des Streits und eine Realisierung der Forderung nicht abgesehen werden kann.
Das LG kann eine Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses auch nicht auf einen Umstand des Sachverhalts stützen, den die Beteiligten bewusst nicht geltend machen und auf den die Anfechtung nicht gestützt ist. Im vorliegenden Fall ging es dem Antragsteller nicht um eine Rüge der vereinbarungswidrigen Kostenverteilung, die der Antragsteller selbst billigte, sondern ausschließlich um eine nicht berücksichtigte Forderung der Gemeinschaft. Nach Meinung des BayObLG ergebe sich aus § 23 Abs. 4 Satz 2, § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG, dass es in die Disposition der Wohnungseigentümer und des Verwalters gestellt sei, ob und inwieweit sie einen Beschluss anfechten würden (vgl. auch BayObLG, NJW 86, 385, 386). Nach dem Sinn dieser Regelung sei auch anzunehmen, dass das Gericht einen Eigentümerbeschluss nicht wegen eines Mangels für ungültig erklären dürfte, den alle Beteiligten in Kauf nähmen (z.B. den Mangel einer nicht ordnungsgemäßen Einladung) und von dessen Geltendmachung sie bewusst absähen.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 10.07.1986, BReg 2 Z 41/86= BayObLGZ 1986 Nr.47)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
Im letztgenannten Punkt argumentiert die untergerichtliche Rechtsprechung oftmals anders, berücksichtigt also auch nicht vorgetragene formelle oder materielle Gründe, die zur Ungültigkeit eines Beschlusses führen, und zwar aufgrund richterlicher Amtsermittlungspflicht.