Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 16 Abs. 2 WEG, § 28 WEG
Kommentar
(OLG Zweibrücken schließt sich bereits den Entscheidungsgrundsätzen des BGH, Entscheidung vom 30. 11. 1995, Az.: V ZB 16/95an)
1. Zum Sachverhalt:
Für das Geschäftsjahr 1992 war am 24. 3. 1992 ein Wirtschaftsplan beschlossen worden mit monatlichen Wohngeldvorschüssen in Höhe von DM 263,- für einen Eigentümer. Ende 1992 verkaufte der Eigentümer seine Wohnung; Eigentumsumschreibung auf den Rechtsnachfolger erfolgte am 4.3.1993. Der Verkäufer hatte keine Wohngeldvorschüsse nach Wirtschaftsplan geleistet (Säumnisbetrag 12 x DM 263,- = DM 3.156,-). Am 8. 9. 1993 wurde die Abrechnung des Geschäftsjahres 1992 bestandskräftig genehmigt, ebenso (wohl erst später) die betreffende Einzelabrechnung mit dem Ergebnis einer Nachzahlungsschuld in Höhe von DM 3.019,-.
Das Amtsgericht bestätigte die Forderung der Gemeinschaft/der Verwaltung gegen den Rechtsnachfolger, das Landgericht verneinte demgegenüber die Schuldnerschaft des Rechtsnachfolgers, da sich keine Abrechnungsspitze ergeben habe, sondern die Schuld in etwa gleichzusetzen sei mit den Vorauszahlungsschulden des Voreigentümers nach Wirtschaftsplan. In Dritter Instanz bestätigte das OLG im Rahmen einer Kostenentscheidung nach Hauptsacheerledigung die Rechtsmeinung des Landgerichts unter Hinweis auf die neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
2. Aus den Gründen:
Die Forderung gegen den Rechtsnachfolger sei von Anfang an unbegründet gewesen. Die Abrechnung habe nicht den Wirtschaftsplan überholt bzw. ersetzt. Insoweit sei keine Schuldumschaffung im Sinne einer Novation eingetreten ( BGH, Entscheidung vom 30. 11. 1995, Az.: V ZB 16/95); der Abrechnungsgenehmigungsbeschluss habe lediglich bestätigende oder rechtsverstärkende Wirkung; eine erstmalige (originäre) Begründung von Verbindlichkeiten bewirke der Abrechnungsgenehmigungsbeschluss lediglich in dem Umfang, in dem sich eine "Abrechnungsspitze" ergäbe, weil die durch den Wirtschaftsplan festgesetzten Vorschüsse der Höhe nach hinter den tatsächlich entstandenen Kosten und Lasten des Rechnungsjahres zurückblieben. Rückstände, die bis zum Eigentumswechsel aufgelaufen seien, müssten demnach vom ausgeschiedenen Eigentümer eingefordert werden, während der neu in die Gemeinschaft eintretende Eigentümer lediglich für die sog. Abrechnungsspitze hafte. Dieses Ergebnis bringe zwar erhöhte Anforderungen an die Pflichten des Verwalters bei der Erstellung der Jahresabrechnung und der Beitreibung von Rückständen mit sich, daraus resultierende Schwierigkeiten seien aber letztlich im Gesetz durch das System von Wirtschaftsplan und Abrechnung angelegt und müssten deshalb hingenommen werden.
Im vorliegenden Fall bestehe auch kein Anlass zur Annahme, mit dem unangefochtenen Abrechnungsgenehmigungsbeschluss vom September 1993 habe eine Haftung des Rechtsnachfolgers als Gesamtschuldner mit dem Rechtsvorgänger begründet werden sollen; dies wäre allenfalls denkbar, wenn mit dem Abrechnungsgenehmigungsbeschluss die Einzelabrechnung für den Rechtsnachfolger auch insoweit genehmigt worden sei, als darin die konkrete Zahlungspflicht aus DM 3.019,72 DM festgesetzt worden sei. In diesem Fall wäre der Beschluss ungeachtet seiner materiell-rechtlichen Fehlerhaftigkeit für den Rechtsnachfolger verbindlich; so lägen die Dinge allerdings im entschiedenen Fall nicht, da die Einzelabrechnung erst am 9. 11. 1993 erstellt worden sei und am 8 .9. 1993 (zum Abrechnungsgenehmigungszeitpunkt) noch nicht vorgelegen haben könne. Im Abrechnungsgenehmigungsbeschluss sei damit allein über die Verteilungsschlüssel für die auf die einzelnen Wohneinheiten entfallenden Anteile an den Kosten und Lasten des Jahres 1992 entschieden worden.
Link zur Entscheidung
( OLG Zweibrücken, Beschluss vom 04.03.1996, 3 W 250/95= ZMR 6/96, 340)
Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
Obergerichte scheinen nunmehr im Anschluss an die BGH-Rechtsprechung vielleicht sogar bald so weit zu gehen, dass nicht einmal mehr unangefochten gebliebene Abrechnungs-Genehmigungsbeschlüsse (einschl. genehmigter Einzelabrechnungen) in voller Höhe Rechtsnachfolgern angelastet werden können, wenn in beschlossenen Nachzahlungs-Salden Vorauszahlungsschulden eines Voreigentümers enthalten sein sollten (so tatsächlich KG Berlin 1999 in Vorlageentscheidung zum BGH). Die Probleme für die Abrechnungspraxis werden damit bereits deutlich und sind für mich die nicht unerwartete Folge der neuen BGH-Rechtsprechung. M. E. muss wenigstens ein Abrechnungsgenehmigungsbeschluss mit auch genehmigter Einzelabrechnung dann zu Gunsten oder auch zu Lasten eines Rechtsnachfolgers im Sinne bisher absolut h. R. M. Bestand behalten, wenn er - vom Rechtsnachfolger als aktuellem Eigentümer - nicht angefochten wurde (Bindungswirkung eines Beschlusses nach § 10 Abs. 3 und 4 WEG). Empfehlen kann und muss ich allerdings abrechnungspflichtigen Verwaltern nunmehr, Salden in Einzelabrechnungen bereits von Anfang an zu "splitten", um unnötige und erfolgversprechende Anfechtu...