1 Leitsatz
Jahresabrechnungen müssen vor der Beschlussfassung den Wohnungseigentümern zur Verfügung gestellt werden. Dies muss nicht in der Frist des § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG geschehen. Ein Prüfungszeitraum von 8 Tagen kann ausreichend sein. Weicht der Anfangsbestand der Instandhaltungsrückstellung in der Jahresabrechnung von dem Endbestand der Vorjahresabrechnung ab, muss dies erläutert werden, damit die Abrechnung nachvollziehbar ist.
2 Normenkette
§ 28 Abs. 5 WEG
3 Das Problem
Wohnungseigentümer K geht im Wege der Anfechtungsklage gegen den Beschluss vor, mit dem die Wohnungseigentümer gem. § 28 Abs. 5 WEG die Jahresabrechnung genehmigt haben. K rügt, mit der Ladung zur Versammlung sei die Jahresabrechnung nicht versandt worden. Der tatsächliche Zeitraum von 8 Tagen nach Übersendung der Jahresabrechnung sei für die Vorbereitung auf die Versammlung zu kurz gewesen. Ferner rügt er, dass die Instandhaltungsrückstellung nicht das laut Jahresabrechnung für 2016 am 30.12.2016 vorhandene Guthaben fortgeschrieben habe, sondern einen in Ist- und Sollrücklage um über 25.000 EUR erhöhten Wert ansetze.
4 Die Entscheidung
Die Anfechtungsklage hat Erfolg! K sei zwar nicht damit zu hören, der Verwalter habe ihm die Jahresabrechnung zu spät zur Verfügung gestellt. Ein Zeitraum von 8 Tagen sei zur Prüfung der Abrechnung ausreichend gewesen. Die Darstellung der Entwicklung der Instandhaltungsrückstellung sei hingegen fehlerhaft. Die Darstellung solle es den Wohnungseigentümern ermöglichen, die Vermögenslage ihrer Gemeinschaft zu erkennen und die Jahresabrechnung auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen. Eine solche Prüfung sei nur anhand des tatsächlichen Bestands der Instandhaltungsrückstellung und ihrer Entwicklung möglich. An einer Nachvollziehbarkeit fehle es, wenn sich die Instandhaltungsrückstellung nicht aus dem Endbetrag des Vorjahres fortentwickle.
Hinweis
- Mittlerweile unstreitig muss der Verwalter den Wohnungseigentümern vor der Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan und die Einzelwirtschaftspläne bzw. über die Abrechnung und die Einzelabrechnungen seine entsprechenden Entwürfe zur Verfügung stellen. Üblicherweise geschieht dies so, dass den Wohnungseigentümern die Unterlagen bereits mit der Ladung übersandt werden. Im Fall war es nicht so. Die Wohnungseigentümer erhielten die Unterlagen erst 8 Tage vor der Versammlung. Das LG hält diesen Zeitraum für ausreichend. Hieran sollte sich allerdings kein Verwalter orientieren. Zeitlich nach der LG-Entscheidung ist nämlich die Entscheidung des BGH, Urteil v. 24.1.2020, V ZR 110/19, veröffentlicht worden. Danach ist es bei der Neubestellung einer Person zum Verwalter geboten, den Wohnungseigentümern die Angebote der Bewerber oder jedenfalls deren Namen und die Eckdaten ihrer Angebote innerhalb der Einladungsfrist des § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG zukommen zu lassen. An dieser Zeitspanne sollte sich ein Verwalter auch für Wirtschaftspläne und Jahresabrechnungen orientieren. Denn die Ladungsfrist beschreibt den Zeitraum, den der Gesetzgeber als notwendig erachtet, sich auf eine Versammlung vorzubereiten. Nur im Ausnahmefall und abhängig vom jeweiligen Beschlussgegenstand kann auch etwas anderes gelten.
Werden Unterlagen nicht innerhalb der dazu notwendigen Frist zur Verfügung gestellt, kann ein dennoch gefasster Beschluss allein aus diesem Grund mangelhaft sein. Als Unterlagen, die den Wohnungseigentümern stets zu übersenden sind, werden im Übrigen bislang angesehen:
- die Gesamtabrechnung und die einen Wohnungseigentümer betreffende Einzelabrechnung als Zahlenwerk;
- der Wirtschaftsplan und der jeweilige Einzelwirtschaftsplan eines Wohnungseigentümers als Zahlenwerk;
- Unterlagen zu einer Sonderumlage;
- der Verwaltervertrag im Entwurf bzw. ein Vergleichsspiegel.
Ausblick WEG-Reform
Die WEG-Reform wird den "Problemkreis" Anfechtungsklagen der Jahresabrechnung kräftig durcheinanderwirbeln. Im Fall geht es z. B. um die Darstellung der Instandhaltungsrückstellung (diese heißt künftig Erhaltungsrücklage). Anders als im geltenden Recht ist diese Darstellung kein Teil der Jahresabrechnung, sondern ein Teil des vom Verwalter nach § 28 Abs. 3 Satz 1 WEG-E zu leistenden Vermögensberichts, der jedem Wohnungseigentümer, beispielsweise mit der Jahresabrechnung, zur Verfügung zu stellen ist. Gibt es bei der Darstellung der Erhaltungsrücklage Fehler, spielt dies für den Beschluss über die Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG-E überhaupt keine Rolle. Dies sollte dazu führen, dass es künftig weniger Klagen im Zusammenhang mit der Jahresabrechnung gibt.
5 Entscheidung
LG Frankfurt a. M., Urteil v. 5.3.2020, 2-13 S 65/19