Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen (509) 1 Kap Js 825/04 (51/04))

 

Tenor

  • 1.

    Auf die Beschwerde der Bezirksrevisorin bei dem Landgericht Berlin wird der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 8. Februar 2005 aufgehoben.

  • 2.

    Die dem Zeugenbeistand, Rechtsanwalt Dr. F aus der Landeskasse zu erstattende Vergütung wird auf 426,88 Euro festgesetzt.

  • 3.

    Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Rechtsanwalt Dr. F. war seit dem 4. Mai 2004 Wahlbeistand des Zeugen A. M. T. und hat im Ermittlungsverfahren dessen richterlicher Vernehmung am 13. Mai 2004 beigewohnt. Auf seine Ladung zu der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Berlin am 20. September 2004 ist der Zeuge im Beistand von Dr. F. erschienen, der seine Beiordnung beantragt hat. Der Vorsitzende der 9. Strafkammer hat ihn dem Zeugen gemäß § 68 b StPO als Zeugenbeistand beigeordnet. Mit Schriftsatz vom 22. September 2004 hat Rechtsanwalt Dr. F. unter Hinweis darauf, den Zeugen in der Zeit vom 4. Mai bis 22. September 2004 vertreten zu haben, beantragt, seine Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) wie folgt festzusetzen:

Grundgebühr gemäß VV 4100

132,00 Euro

Terminsgebühr gemäß VV 4102 Nr. 1

112,00 Euro

- Vernehmung am 13. Mai 2004 -

Verfahrensgebühr gemäß VV 4104

112,00 Euro

Verfahrensgebühr gemäß VV 4112

124,00 Euro

Terminsgebühr gemäß VV 4114

216,00 Euro

- Vernehmung am 20. September 2004 -

Auslagenpauschale gemäß VV 7002

20,00 Euro

16 % Umsatzsteuer gemäß VV 7008

114,56 Euro

830,56 Euro.

Mit Beschluss vom 12. November 2004 hat der Kostenbeamte des Landgerichts den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz sei nicht anwendbar. Denn Rechtsanwalt Dr. F. sei bereits seit Mai 2004 und damit vor In-Kraft-Treten des RVG für den Zeugen in der Sache tätig gewesen. Auf die Erinnerung des Rechtsanwalts hat das Landgericht - Einzelrichter - durch die angefochtene Entscheidung den Beschluss aufgehoben und die Vergütung wie beantragt in Höhe von 830,56 Euro festgesetzt. Dagegen hat die Bezirksrevisorin bei dem Landgericht Berlin als Vertreterin der Landeskasse Beschwerde eingelegt. Sie hat vorgetragen, der Zeugenbeistand sei bereits vor dem In-Kraft-Treten des RVG mit der Sache befasst gewesen und daher seien für seine Vergütung die Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung maßgeblich. Hilfsweise hat sie beantragt, die zu zahlende Vergütung auf 426,88 Euro festzusetzen, weil der Zeugenbeistand Gebühren und Auslagen lediglich nach den Nrn. 4100, 4114 und 7002 sowie die Umsatzsteuer nach 7008 VV RVG fordern könne. Die Beschwerde hat mit dem Hilfsantrag Erfolg.

1.

Die Vergütung des Zeugenbeistands Rechtsanwalt Dr. F. richtet sich nach den Vorschriften des RVG.

Im Fall der Pflichtverteidigerbestellung hat das Kammergericht bereits mehrfach entschieden, dass es für die Entscheidung der Frage, ob nach der Übergangsvorschrift des § 61 Abs. 1 RVG das alte oder neue Gebührenrecht Anwendung findet allein auf den Zeitpunkt der Bestellung des Pflichtverteidigers ankommt und ohne Bedeutung ist, ob er zuvor bereits in derselben Sache als Wahlverteidiger tätig war (vgl. etwa Beschlüsse vom 17. Januar 2005 - (1) 2 StE 10/03-2 (4/03) -, 4. Februar 2005 - 3 Ws 30/05 -, 11. Februar 2005 - 5 Ws 656/04 - und 10. März 2005 - 4 Ws 17/05 - m. w. Nachw.). Für die Beiordnung eines Zeugenbeistands gemäß § 68 b StPO kann nichts anderes gelten. Denn hierfür ist ebenso wie für die Beiordnung gemäß § 141 StPO erforderlich, dass das Wahlmandat insoweit, das heißt im Umfang der Beistandsbestellung, niedergelegt worden ist und damit als Anknüpfungspunkt für die Anwendung des Übergangsrechts nicht mehr zur Verfügung steht (vgl. Kammergericht, Beschluss vom 18. Juli 2005 - 3 Ws 323/05 -). Der Beschwerdeführer ist dem Zeugen am 20. September 2004 - mithin nach dem In-Kraft-Treten des RVG - als Zeugenbeistand beigeordnet worden.

2.

Gemäß Teil 4 Strafsachen, Vorbemerkung 4 Abs. 1 des Vergütungsverzeichnisses [Anlage 1 (zu § 2 Abs. 2 RVG)] in Verbindung mit Abschnitt 1 des Teiles 4 Strafsachen des Vergütungsverzeichnisses sind unter anderem für die Tätigkeit des Rechtsanwalts als Beistand eines Zeugen die Vorschriften für die Gebühren eines Verteidigers entsprechend anzuwenden und er erhält grundsätzlich die gleichen Gebühren wie dieser (vgl. Kammergericht, Beschluss vom 18. Juli 2005 - 3 Ws 323/05 - m.w.Nachw.; Schmahl in Riedel/Süßbauer, RVG 9. Aufl., VV Teil 4 Vorbem. 4 Rdn. 22; Volpert in RVG, Burhoff Hrsg., Vorbemerkung 4.3 Rdz. 16; siehe auch Bundestagsdrucksache 15/1971 S. 145). Das bedeutet jedoch nicht, dass der Rechtsanwalt sämtliche Gebühren beanspruchen kann, die einem Verteidiger zustehen würden. Denn es stellt einen erheblichen Unterschied dar, ob der Rechtsanwalt einem Zeugen "lediglich" für die Dauer der Vernehmung beigeordnet oder einem Beschuldigten als Pflichtverteidiger für das gesamte Verfahren bestellt worden ist. Da nach den einzelnen Gebührentatbeständen des VV RVG tatsächlich erbrachte anwa...

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