Entscheidungsstichwort (Thema)

Festsetzung einer Einigungsgebühr im Vergütungsfestsetzungsverfahren bei einer streitigen außergerichtlichen Einigung

 

Normenkette

RVG § 11 Abs. 5 S. 1; RVG-VV Nr. 1000 Abs. 2, Nr. 1003

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 29.08.2007; Aktenzeichen 2 O 281/06)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des LG Berlin vom 29.8.2007 - 2 O 281/06 - aufgehoben.

2. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des LG Berlin vom 23.7.2007 - 2 O 281/06 - wird zurückgewiesen.

3. Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

 

Gründe

I. Die gem. § 11 Abs. 2 Satz 3 RVG, § 104 Abs. 3 Satz 1, § 567 Abs. 1 Nr. 1, § 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers im Vergütungsfestsetzungsverfahren gegen die Abhilfeentscheidung des Rechtspflegers (vgl. hierzu Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., § 11 Rz. 306) ist auch begründet, § 11 Abs. 1 RVG.

II. Die noch zwischen den Parteien - nur dem Grunde nach - streitige Einigungsgebühr nach Nrn. 1000 Abs. 2, 1003 RVG-VV ist im Beschluss des LG vom 23.7.2007 zutreffend festgesetzt worden. Deshalb ist die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hiergegen unbegründet und der zu Unrecht dieser Beschwerde abhelfende Beschluss des LG vom 29.8.2007 ist aufzuheben.

1. Die von der Antragsgegnerin erhobenen Einwendungen gegen die Festsetzung einer Einigungsgebühr haben ihren Grund im Gebührenrecht. Sie stehen daher der Vergütungsfestsetzung nicht entgegen, § 11 Abs. 5 Satz 1 RVG.

Soweit die Festsetzung einer Vergleichsgebühr für eine außergerichtliche Einigung nicht in Betracht kommen soll, weil sich die für ihre Entstehung maßgeblichen Tatsachen nicht den Verfahrensakten entnehmen ließen (vgl. BGH NJW 2002, 3713) und deshalb auch eine Festsetzung im Vergütungsfestsetzungsverfahren ausscheiden soll (KG, JurBüro 1980, 72; OLG Frankfurt, JurBüro 1987, 1799; vgl. auch Müller-Rabe, a.a.O., § 11 Rz. 179 Fn. 208), ist dies für die Festsetzung einer Einigungsgebühr nach dem RVG nicht mehr maßgeblich. Denn insoweit kann eine Einigungsgebühr schon dann festgesetzt werden, wenn ihre Voraussetzungen glaubhaft gemacht, also überwiegend wahrscheinlich i.S.d. § 294 ZPO sind (BGH NJW 2007, 2187, juris Rz. 7 f.). Auch im Kostenfestsetzungsverfahren können schwierige Rechtsfragen entschieden und tatsächliche Fragen - durch Einholung von Glaubhaftmachungsmitteln - aufgeklärt werden (BGH, a.a.O., juris Rz. 8). Dies gilt entsprechend für das gleichgelagerte Vergütungsfestsetzungsverfahren (vgl. Müller-Rabe, a.a.O., § 11 Rz. 66).

2. Die Voraussetzungen einer Einigungsgebühr nach Nrn. 1000 Abs. 2, 1003 RVG-VV liegen vor.

a) Unstreitig hat der Antragsteller bei Vertragsverhandlungen mitgewirkt (vgl. Schreiben des Antragstellers vom 4.12.2006 nebst Vergleichsentwurf als Anlage). Schon zu diesem Zeitpunkt war eine Einbeziehung des vorliegenden Rechtsstreits der Antragsgegnerin in den Vergleich und eine Beendigung des Rechtsstreits durch Klagerücknahme (ohne Kostenantrag der Beklagten) vorgesehen. Dieser Entwurf ist unstreitig Grundlage des späteren Vergleichsabschlusses zwischen der D. Bank AG und Dr. K. geworden.

b) Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits sind diesem Vergleich beigetreten.

aa) Ein Vergleich kann auch stillschweigend geschlossen werden und er ist nicht formbedürftig, sofern dies materiell-rechtlich nicht besonders vorgeschrieben ist (BGH NJW 2007, 2187, juris Rz. 6).

bb) Die Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits hat - entsprechend den Vorgaben des Vergleichs - die Klage zurückgenommen und die Antragsgegnerin (Beklagte) hat - ebenso entsprechend den Vorgaben des Vergleichs - keinen Kostenantrag gestellt. Diese Verhalten belegt auch nach außen hin, dass die im Vergleich für den vorliegenden Rechtsstreit getroffene Vereinbarung ebenso zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits gelten soll. Eine Formbedürftigkeit ist nicht vorgetragen oder sonst erkennbar.

(1) Die Annahme eines solchen Beitritts der Prozessparteien zum Vergleich der D. Bank AG mit Dr. K. ist auch interessengerecht. Denn die D. Bank AG hatte die dem Rechtsstreit zugrunde liegende Forderung von der Klägerin erworben und bereits im Rechtsstreit ihre Absicht bekundet, als Klägerin in das Prozessverhältnis einzutreten. Die (abtretende) Klägerin war nur noch formal Prozesspartei.

Das Interesse der Beklagten daran, in den Vergleich eingebunden zu werden, folgt schon daraus, dass die gegen sie erhobenen Forderungen nach Klägervortrag ihre "Wurzel" in den Verpflichtungen des Dr. K. haben sollten. Die Antragsgegnerin (Beklagte) gesteht dies sogar ausdrücklich zu, wenn sie von einer Weisungsabhängigkeit ihrer Geschäftsführerin (Ehefrau des Dr. K.) von Dr. K. und einer Übertragung des Vermögens des Dr. K. auf die Antragsgegnerin ausgeht.

(2) Dass die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits die vergleichsweise Einigung letztlich auf Grund von entsprechenden Anweisungen (der D. Bank AG an die K...

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