Leitsatz (amtlich)
Der Anspruch auf Nutzungsausfall wegen der Beschädigung eines Pkw setzt auch einen Nutzungswillen des Geschädigten voraus. Gegen das Vorliegen eines solchen Nutzungswillen spricht eine tatsächliche Vermutung, wenn auf eine Nutzung des Fahrzeugs über sechs Monate verzichtet wird.
Die Vermutung wird nicht allein dadurch in Frage gestellt, dass eine fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit behauptet wird, ohne hierzu nähere Tatsachen vorzutragen.
Normenkette
BGB § 249
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 42 O 262/18) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 26. Juni 2019 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin, Az.: 42 O 262/18, auf ihre Kosten durch einen Beschluss nach § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
2. Die Klägerin erhält Gelegenheit, hierzu und zu den Gründen binnen 1 Monat schriftlich Stellung zu nehmen.
Gründe
I. Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingereicht und innerhalb der Frist nach § 520 Abs. 2 ZPO ausreichend begründet worden. Der Senat beabsichtigt gleichwohl, die Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, weil diese - wie er einstimmig meint - keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordern. Schließlich ist auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach Auffassung des Senats nicht geboten. Im Einzelnen gilt:
II. Eine Berufung kann nach § 513 ZPO nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer fehlerhaften Anwendung oder der Nichtanwendung einer Rechtsnorm beruht oder die nach § 529 ZPO der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Unter Anwendung dieses Maßstabs hat die Berufung der Klägerin auch unter Berücksichtigung ihres Berufungsvorbringens keinen Erfolg. Das Landgericht hat der Klägerin zu Recht einen über 24 Tage hinausgehenden Nutzungsausfall wegen der Beschädigung ihres Fahrzeugs durch den Unfall am 29. Juni 2018 auf dem Sachsendamm in Berlin-Schöneberg nicht zugesprochen.
1. Die Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftfahrzeugs stellt nach allgemeiner Rechtsauffassung allerdings grundsätzlich ein vermögenswertes Gut dar und ist als geldwerter Vorteil anzusehen, so dass sich bei vorübergehender Entziehung ein Vermögensschaden ergeben kann. Dies folgt vor allem daraus, dass die Verfügbarkeit des Fahrzeugs innerhalb und außerhalb des Erwerbslebens geeignet ist, Zeit und Kraft zu sparen und damit das Fortkommen im allgemeinsten Sinn zu fördern (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 - VI ZR 248/07 -, juris Rdn. 6; Urteil vom 15. April 1966 - VI ZR 271/64 -, BGHZ 45, 212-221 Rdn. 8 Urteil vom 18. Mai 1971 - VI ZR 52/70 -, BGHZ 56, 214-221 Rdn. 4). Diese Gebrauchsmöglichkeit war auch tatsächlich beeinträchtigt, weil das Fahrzeug erst im Januar 2019 repariert worden ist, nachdem die Klägerin ihre Vollkaskoversicherung in Anspruch genommen hat.
Über diese tatsächliche Beeinträchtigung der Gebrauchsmöglichkeit hinaus, bedarf es aber nicht nur einer Gebrauchsmöglichkeit, an der es fehlte wenn der Geschädigte selbst etwa wegen einer Erkrankung nicht zu einer Nutzung imstand wäre, sondern auch einem Nutzungswillen (BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 - VI ZR 248/07 -, juris Rdn. 7). Ein solcher Nutzungswillen mag grundsätzlich auch zu vermuten sein. Dies gilt aber nicht, wenn auf die Nutzung über einen erheblichen Zeitraum, der mit mehreren Monaten anzunehmen ist, verzichtet wird (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 20. Dezember 2018 - 12 U 57/18 -, juris Rdn. 26; OLG Frankfurt, Urteil vom 30. November 2017 - 3 U 183/16 -, juris Rdn. 41; OLG Köln, Urteil vom 08. März 2004 - 16 U 111/03 -, juris Rdn. 4; Burmann/Heß/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 26. Aufl., § 249 Rdn. 188). In diesen Fällen spricht vielmehr eine tatsächliche Vermutung für einen fehlenden Nutzungswillen (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 20. Dezember 2018 - 12 U 57/18 -, juris Rdn. 26; OLG Frankfurt, Urteil vom 30. November 2017 - 3 U 183/16 -, juris Rdn. 41; OLG Köln, Urteil vom 08. März 2004 - 16 U 111/03 -, juris Rdn. 4; Burmann/Heß/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 26. Aufl., § 249 Rdn. 188). Das gilt dann aber auch hier, weil die Klägerin über ein halbes Jahr mit der Reparatur zugewartet hat, obwohl sie die Möglichkeit gehabt hätte, ihre Vollkaskoversicherung in Anspruch zu nehmen. Unabhängig von der Frage, ob die Klägerin zu einer frühzeitigeren Inanspruchnahme der Versicherung verpflichtet war (vgl. dazu Senat, Urteil vom 21. Februar 2019 - 22 U 122/17 -, juris Rdn. 30), hat sie jedenfalls diese gegen ihren Nutzungswillen sprechende Vermutung nicht ausgeräumt. Soweit sie sich auf ihre fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berufen will, fehlt ein ausreichender Vortrag, wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat. Allein der Hinweis darauf, dass es keine Ve...