Leitsatz (amtlich)
1. Für eine Reduzierung der 1,2 fachen Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV-RVG auf eine 0,5 fache Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV-RVG kommt es nicht darauf an, ob ein Gericht (auf Antrag des für die eine Seite auftretenden Rechtsanwalts) ein Versäumnisurteil erlässt.
2. Die Reduzierung der Terminsgebühr für einen in einem Termin auftretenden Rechtsanwalt hat nicht allein zur Voraussetzung, dass der betreffende Rechtsanwalt einen Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils stellt. Weitere Voraussetzung ist, dass in dem Termin, in dem der Erlass eines Versäumnisurteils beantragt worden ist, die gegnerische Partei nicht erschienen oder nicht ordnungsgemäß vertreten ist.
3. Jedenfalls dann, wenn in dem (gerichtlichen) Termin eine Erörterung der Sach- und Rechtslage stattfindet, fällt die volle Terminsgebühr an. Dies gilt auch für den Fall, dass die Erörterung lediglich zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits stattfindet.
Normenkette
VV-RVG Nrn. 3104-3105; ZPO § 104
Verfahrensgang
LG Berlin II (Aktenzeichen 20 O 61/23) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Berlin II vom 25.06.2024 - 20 O 61/23 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Gründe
A. In dem vor dem Landgericht Berlin II zum Geschäftszeichen 20 O 61/23 geführten Rechtsstreit sind im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 29.05.2024 ausweislich des Sitzungsprotokolls dieser Verhandlung der Kläger in Person und für ihn sein Prozessbevollmächtigter sowie für die Beklagte deren Prozessbevollmächtigter aufgetreten. Laut dem Sitzungsprotokoll ist sodann die Sach- und Rechtslage zur gütlichen Beilegung des Rechtsstreits erörtert worden und hat das Landgericht - für den Kläger günstige - Ausführungen zu den Erfolgsaussichten der Klage gemacht. In der Folge hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Antrag aus der Klageschrift gestellt und der Prozessbevollmächtigte der Beklagten erklärt, in diesem Termin keinen Antrag stellen zu wollen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat sodann den Erlass eines Versäumnisurteils beantragt.
Mit - rechtskräftig gewordenem - Versäumnisurteil vom 29.05.2024 hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger 28.442,23 Euro (nebst Zinsen) zu zahlen und der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 19.06.2024 hat der Kläger beantragt, gegenüber der Beklagten die verauslagten Gerichtskosten sowie - ausgehend von einem Streitwert von 28.442,23 Euro und unter Angabe, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein - eine 1,3 fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV-RVG in Höhe von 1.241,50 Euro, eine 1,2 fache Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV-RVG in Höhe von 1.146,- Euro, die Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV-RVG in Höhe von 20,- Euro sowie die Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV-RVG in Höhe von 457,43 Euro, insgesamt somit Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.864,93 Euro, festzusetzen.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 25.06.2024 - 20 O 61/23 - hat das Landgericht durch den Rechtspfleger die von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten entsprechend dem Antrag des Klägers auf (1.347,- Euro Gerichtskosten + 2.864,93 Euro Rechtsanwaltskosten =) 4.111,93 Euro (nebst Zinsen) festgesetzt.
Dieser Beschluss ist dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 01.07.2024 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 01.07.2024, beim Landgericht eingegangen am selben Tage, hat die Beklagte sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom "28.06.2024" [gemeint: 25.06.2024] eingelegt und zur Begründung vorgetragen, da lediglich ein Versäumnisurteil ergangen sei, hätte anstelle der vollen Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV-RVG nur eine 0,5 fache Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV-RVG festgesetzt werden dürfen.
Mit Beschluss vom 23.07.2024 hat das Landgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Kammergericht vorgelegt.
B. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss, über welche nach § 568 Abs. 1 Satz 1 ZPO der Senat durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter zu entscheiden hat, ist zulässig, § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 569 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 HS 1, Abs. 2 ZPO.
2. Sie ist indes unbegründet.
Das Landgericht hat in dem angefochtenen Beschluss zu Recht gegen die im Rechtsstreit zur vollständigen Kostentragung verurteilte Beklagte Kosten in - ausgehend von einem zutreffend angenommenen Streitwert von 28.442,23 Euro rechnerisch richtig ermittelter und insoweit von der Beklagten auch nicht angegriffener - Höhe von 4.111,93 Euro festgesetzt, § 91 Abs. 1 ZPO.
Es hat dabei insbesondere zu Recht nicht lediglich eine 0,5 fache Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV-RVG, sondern eine 1,2 fache Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV-RVG in die Kostenfestsetzung eingestellt.
a. Gemäß Nr. 3104 VV-RVG (in Verbindung mit Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 VV-RVG) entsteht für d...