Entscheidungsstichwort (Thema)
Erteilung eines Erbscheins trotz Fehlen des Originaltestaments. Erteilung eines Erbscheins. Fehlen des Originaltestaments. Vorhandensein einer beglaubigten Kopie. Beweisregeln über Öffentliche Urkunden
Leitsatz (amtlich)
Das Fehlen des Originaltestaments steht der Erteilung eines Erbscheins auf der Grundlage des Inhalts des Testaments nicht entgegen, wenn eine beglaubigte Kopie des Testaments vorhabend ist, auf die die Beweisregeln über öffentliche Urkunden Anwendung finden.
Normenkette
BGB §§ 2247, 2260; ZPO §§ 418, 435
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 12.04.2006; Aktenzeichen 87 T 186/05) |
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 60 VI 420/76) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird nach einem Wert von bis zu 22.000 EUR mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Erstbeschwerde unter Zurückweisung im Übrigen als unzulässig verworfen wird, soweit der Beteiligte zu 1) die Erteilung eines ihn als Alleinerben und hilfsweise einen ihn und seinen Bruder als Miterben zu je ½ ausweisenden Erbschein beantragt.
Gründe
A. Dem vorverstorbenen Bruder des Beteiligten zu 1), Herrn H.B., ist aufgrund einer notariell beurkundeten Erbscheinsverhandlung vom 7.5.1976 am 30.6.1976 ein ihn als Alleinerben nach dem Erblasser ausweisender Erbschein erteilt worden. Am 22.9.1995 hat das Nachlassgericht auf Antrag von H.B. einen Ergänzungserbschein erteilt. Nach diesem Erbschein wird der am 30.6.1976 erteilte Erbschein dahin ergänzt, dass H.B. auch Alleinerbe hinsichtlich der auf dem Gebiet der ehemaligen DDR belegenen Grundstücke oder Grundstücksrechte beziehungsweise Gebäude ist. Mit Schreiben vom 8.2.2002 hat der Beteiligte zu 1) die Einziehung des Erbscheins vom 30.6.1976 mit der Begründung begehrt, dass das der Erbscheinserteilung zugrunde liegende Testament unecht sei. Diesen Antrag hat das Nachlassgericht mit Beschluss vom 27.8.2004 zurückgewiesen. Die hiergegen erhobene Beschwerde vom 25.10.2004 hat das LG mit einem Beschluss vom 12.4.2006 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 8.5.2006.
B.I. Die weitere Beschwerde ist zulässig. Die notwendige Beschwer des Beteiligten zu 1) ergibt sich aus der Erfolglosigkeit seiner Erstbeschwerde. Die weitere Beschwerde hat aber keinen Erfolg, weil die Entscheidung des LG nicht auf einem Rechtsfehler beruht, auf den die weitere Beschwerde allein mit Erfolg gestützt werden kann, vgl. § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG i.V.m. §§ 546 f. ZPO.
1. Das LG hat ausgeführt: Verfahrensgegenstand sei lediglich die Frage, ob der dem mittlerweile verstorbenen Bruder des Beteiligten zu 1) erteilte Erbschein vom 30.6.1976 einzuziehen sei, weil das Nachlassgericht nur über diese Frage eine Entscheidung getroffen habe. Über die weiter gestellten Anträge auf Erteilung eines Erbscheins als Alleinerbe, hilfsweise gemeinsam mit seinem Bruder als Miterben zu je ½ sei daher nicht zu entscheiden. Eine Einziehung des Erbscheins vom 30.6.1976 komme aber nicht in Betracht, weil dieser nicht unrichtig sei. Der Bruder des Erblassers, der nachverstorbene Sohn des Erblassers H.B., sei aufgrund des handschriftlichen Testaments vom 1.5.1974 zum Alleinerben eingesetzt worden. Dieses Testament habe zwar dem Nachlassgericht nicht im Original vorgelegen. Errichtung und Inhalt eines Testaments könnten aber auch durch andere Beweismittel, wie eine Kopie nachgewiesen werden. Von einer Errichtung und einem wirksamen Fortbestand des Testaments sei aber insbesondere aufgrund der Erklärungen des Notars Dr. S. auszugehen, er habe die mit Beglaubigungsvermerk versehene Kopie eingereicht und die damit übereinstimmenden Originale bei der Errichtung der Erbscheinsverhandlung am 11.5.1976 selbst gesehen.
2. Die Entscheidung des LG hält einer rechtlichen Überprüfung stand. Die Beschwerde war allerdings als unzulässig zu verwerfen und dies im Tenor der landgerichtlichen Entscheidung klarzustellen, soweit der Beteiligte zu 1) mit der Beschwerde die Erteilung eines ihn als Erben ausweisenden Erbscheins beantragt hat. Denn insoweit fehlt es an einer Entscheidung des Nachlassgerichts, so dass die Entscheidung über diesen Antrag in der Beschwerdeinstanz nicht angefallen ist und die Beschwerde insoweit unzulässig war.
Ein Erbschein ist unrichtig und damit nach § 2361 Abs. 1 Satz 1 BGB einzuziehen, wenn die Voraussetzungen für seine Erteilung schon ursprünglich nicht gegeben waren oder nachträglich nicht mehr vorhanden sind (vgl. Palandt/Edenhofer, BGB, 65. Aufl., § 2361 Rz. 3). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das LG zu Recht verneint.
a) Eine Unrichtigkeit des Erbscheins vom 30.6.1976 ergibt sich nicht daraus, dass der Erteilung kein Originaltestament zugrunde gelegt worden ist. Es ist anerkannt, dass der Erteilung eines Erbscheins nicht das Fehlen eines Testaments im Original entgegen steht, wenn die Existenz und der Inhalt der letztwilligen Verfügung anderweitig zur Überzeugung des Nachlassgerichts bewiesen wird, wobei an den Nachweis strenge Anforderungen zu stellen sind (vgl. BayOb...