Leitsatz (amtlich)

Die Berufung ist mangels zureichender Bezeichnung der berufungsbeklagten Partei unzulässig, wenn Klage gegen eine J. Bau GmbH mit Sitz in der C.-Straße geführt wird, in der Berufungsschrift gegen das klageabweisende Urteil als Berufungsbeklagte dagegen eine mit der Klägerin ebenfalls in Rechtsstreitigkeiten befindliche J. Sanierungsbau GmbH mit Sitz in der M.-Straße angegeben ist und innerhalb der Berufungsfrist allein eine Telefax-Kopie der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingeht, welcher die darin angekündigte Kopie des erstinstanzlichen Urteils nicht beigefügt ist.

 

Normenkette

ZPO § 85 Abs. 2, §§ 233-234, 517, 519 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 01.02.2016; Aktenzeichen 3 O 238/14)

BGH (Aktenzeichen VII ZB 27/16)

 

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung der Berufung gegen das am 1.2.2016 verkündete Urteil des Einzelrichters der Zivilkammer 3 des LG Berlin - Geschäftsnummer 3 O 238/14 - wird zurückgewiesen.

Die Berufung der Klägerin gegen das am 1.2.2016 verkündete Urteil des Einzelrichters der Zivilkammer 3 des LG Berlin - Geschäftsnummer 3 O 238/14 - wird als unzulässig verworfen.

Die Klägerin hat die durch die Einlegung der Berufung entstandenen Kosten einschließlich der Kosten des Wiedereinsetzungsverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für die Gerichtsgebühren des Berufungsrechtszuges auf 58.152,92 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte, die J. Bau GmbH mit Sitz in der C.-Straße in Berlin, Subunternehmer-Werklohn wegen eines Auftrages über Maurerarbeiten an dem Bauvorhaben S. Berlin geltend. Die Beklagte bestreitet teilweise die Beauftragung und die Massen und kommt so zu einer Überzahlung, die sie im Wege der Widerklage verfolgt. Mit dem angefochtenen, den klägerischen Prozessbevollmächtigten am 4.2.2016 zugestellten Urteil hat das LG Berlin die Klage abgewiesen und der Widerklage weit überwiegend stattgegeben.

Am 4.3.2016 um 15:17 Uhr ist bei dem Kammergericht vorab per Telefax ein Schriftsatz der klägerischen Prozessbevollmächtigten eingegangen, wonach in einem Rechtsstreit gegen die J. Sanierungsbau GmbH mit Sitz in der M.-Straße in Berlin seitens der Klägerin Berufung eingelegt werden solle. Weiter sind Entscheidungs- und Zustelldatum sowie Geschäftsnummer des hiesigen Urteils erster Instanz angegeben. Der Fax-Sendung war eine Ausfertigung oder Abschrift des angefochtenen Urteils nicht beigefügt. Am 7.3.2016 ist das Original des Schriftsatzes bei dem Kammergericht eingegangen. Diesem ist die Fotokopie einer beglaubigten Abschrift des angefochtenen Urteils beigefügt gewesen. Auf eine Rückfrage der Urkundsbeamtin der hiesigen Geschäftsstelle vom 9.3.2016 hat das Büro des klägerischen Prozessbevollmächtigten telefonisch mitgeteilt, die Berufung habe richtigerweise gegen die J. Bau GmbH mit Sitz in der C.-Straße in Berlin gerichtet werden sollen. Dies hat die Urkundsbeamtin handschriftlich auf dem Fax-Schreiben vermerkt.

Mit einer am 14.4.2016 zugestellten Verfügung hat der Senat auf Bedenken gegen die Zulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen. Mit einem am 27.4.2016 eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin ausführen lassen, der Sachbearbeiter habe die Bezeichnung der Beklagten aus Unachtsamkeit vertauscht, nachdem mehrere Rechtsstreitigkeiten sowohl gegen die J. Bau GmbH als auch gegen die J. Sanierungsbau GmbH rechtshängig seien. Dies sei unschädlich, weil die unklare Bezeichnung des Rechtsmittelgegners durch die Heranziehung des angefochtenen Urteils hinreichend genau binnen kurzer Zeit habe klargestellt werden können. Hilfsweise beantragt die Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, weil die zuständige Rechtsfachwirtin es trotz ausdrücklicher dahin gehender Anweisung vergessen habe, das angefochtene Urteil mitzufaxen. Eine fehlerhafte Ausführung der Arbeitsanweisungen sei bislang noch nie vorgekommen, wobei stichprobenartige Überprüfungen stattfänden. Die versäumte Handlung sei bereits nachgeholt, weil das Urteil gemeinsam mit der Berufungsschrift am selben Tag zur Post gegeben worden und dem Berufungsgericht kurz darauf zugegangen sei.

II. Die nach § 511 Abs. 1 ZPO statthafte Berufung der Klägerin ist unzulässig, weil die Berufungsschrift den an den Inhalt der Berufungsschrift zu stellenden Anforderungen (§ 519 Abs. 2 ZPO) nicht genügt. Denn dem Berufungsgericht war es bis zum Ablauf der Berufungsfrist mit Verstreichen des 4.3.2016 nicht möglich, zu erkennen, dass tatsächlich ein Berufungsrechtsstreit zwischen den hier verfahrensbeteiligten Parteien geführt werden sollte.

Nachdem die Berufung beim Berufungsgericht einzulegen ist, verfügt dieses bei Eingang der Berufung weder über die Akten noch über eine Abschrift der angefochtenen Entscheidung. Angesichts dieser Sachlage - die auch den Anlass zur Regelung in § 519 Abs. 3 ZPO bietet - muss bei der Einlegung des Rechtsmittels aus der allein vorliegenden Rechtsmittelschrift - aus dieser allein oder in Verbindung mit sonstigen...

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