Leitsatz (amtlich)
Hat das Grundbuchamt Anhaltspunkte für die Testierunfähigkeit eines Erblassers im Zeitpunkt der notariellen Beurkundung einer letztwilligen Verfügung, kann dennoch zum Nachweis der Erbfolge die Vorlage der Verfügung und die Niederschrift über deren Eröffnung genügen, wenn das Prozessgericht in einem zwischen den einzig in Betracht kommenden Erbprätendenten geführten Rechtsstreit rechtskräftig das Erbrecht desjenigen festgestellt hat, der in der letztwilligen Verfügung als Erbe bestimmt worden ist. Die Feststellungen können auch in einem Anerkenntnisurteil getroffen worden sein.
Normenkette
BGB § 2229; GBO §§ 35, 18; ZPO § 307
Verfahrensgang
AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 41 LF 6...-1..., 1...) |
Tenor
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Eintragungshindernis auch durch den Nachweis der Rechtskraft des Anerkenntnisurteils des LG Berlin vom 19.6.2014 - 37 O. 153/14 - beseitigt werden kann.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 5.000 EUR.
Gründe
I. Der Beteiligte und seine am 16.12.2013 verstorbene Ehefrau (im Folgenden: Erblasserin) sind zu je ½ als Eigentümer im Grundbuch von Lichterfelde Blatt 6...eingetragen, die Ehefrau zudem als Eigentümerin im Wohnungsgrundbuch von Lichterfelde Blatt 1...
Am 14.5.2012 setzten sich die Eheleute zur UR-Nr. H 3.../2...des Notars Dr. R...H.in Berlin gegenseitig zu Erben und die Tochter der Ehefrau als Erbin des Längstlebenden ein.
Mit anwaltlichen Schreiben vom 21.2.2014 ließ die Tochter der Erblasserin dem Grundbuchamt und dem Nachlassgericht ihre Zweifel an der Wirksamkeit des Testaments mitteilen. Ihrer Mutter sei am 28.4.2012 ein tennisballgroßer bösartiger Tumor sowie eine ebenso große Zyste aus dem Gehirn operiert worden. Danach sei sie nicht mehr geschäfts- und testierfähig gewesen. Dem Schreiben an das Nachlassgericht war ein mit "Ärztliches Attest" überschriebenes Schreiben des Arztes M...B.beigefügt, in dem es heißt: "Bei der Konsultation am 15.5.2012 erschien die Pat. mit ihrer Tochter. Die Pat. schien zeitlich und örtlich nicht orientiert".
Das LG Berlin stellte am 19.6.2014 in eine von dem Beteiligten gegen die Tochter der Erblasserin geführten Rechtsstreit - ...O. ...- durch Anerkenntnisurteil fest, dass er Alleinerbe der Erblasserin geworden sei.
Unter dem 1.9.2014 hat der Beteiligte unter Beifügung einer beglaubigten Kopie des Testaments nebst Eröffnungsvermerks des Nachlassgerichts vom 14.1.2014 sowie einer Ausfertigung des Urteils vom 19.6.2014 die Umschreibung des Eigentums an dem Grundstück und der Wohnung von der Erblasserin auf ihn beantragt.
Das Grundbuchamt hat am 4.9.2014 unter Fristsetzung die Vorlage eines Erbscheins erfordert, da ihm bekannt geworden sei, dass die Erblasserin zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments möglicherweise testierunfähig gewesen sei. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 29.10.2014 nicht abgeholfen hat.
II.1. Die gem. § 71 Abs. 1 GBO zulässig Beschwerde hat in der Sache nur insoweit Erfolg, das die angefochtene Zwischenverfügung um ein weiteres, von dem Grundbuchamt bisher nicht aufgezeigtes Beseitigungsmittel zu ergänzen ist.
Die Berichtigung einer unrichtigen Grundbucheintragung erfolgt auf Antrag, § 13 Abs. 1 GBO, wenn die Unrichtigkeit durch öffentliche Urkunden, § 29 GBO, nachgewiesen wird, § 22 Abs. 1 GBO. Ist das Grundbuch durch Tod eines Berechtigten unrichtig geworden, ist der Nachweis der Erbfolge grundsätzlich durch einen Erbschein zu führen, § 35 Abs. 1 S. 1 GBO.
Beruht die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, genügt es in der Regel, wenn an Stelle des Erbscheins die Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werden, § 35 Abs. 1 S. 2 HS 1 GBO. Dann darf das Grundbuchamt einen Erbschein nur verlangen, wenn sich bei der Prüfung der Verfügung hinsichtlich des behaupteten Erbrechts Zweifel ergeben, die nur durch weitere Ermittlungen über die tatsächlichen Verhältnisse geklärt werden können. Entfernte abstrakte Möglichkeiten, die das aus der Verfügung hervorgehende Erbrecht nur unter ganz besonderen Umständen in Frage stellen, vermögen das Verlangen nach Vorlegung eines Erbscheins ebenso wenig zu rechtfertigen wie rein rechtliche Bedenken (Senat, Beschl. v. 13.11.2012 - 1 W 382/12 -, juris).
a) Allein mit dem notariellen Testament und dem auf ihm befindlichen Eröffnungsvermerk des Nachlassgericht wird der erforderliche Nachweis der Unrichtigkeit nicht erbracht, so dass das von dem Grundbuchamt aufgezeigte Eintragungshindernis besteht und die Zwischenverfügung geboten ist, § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GBO.
Die Prüfungspflicht des Grundbuchamts ist nicht auf die Form und den Inhalt der letztwilligen Verfügung beschränkt. Auch sonstige Umstände, aus denen sich die Unwirksamkeit der Verfügung ergibt, sind zu berücksichtigen, wenn begründete Anhaltspunkte bestehen (vgl. OLG Hamm, OLGZ 1969, 301, 303; OLG Celle, NJW 1961, 562; Schaub, in: Baur/...