Leitsatz (amtlich)

Soweit die Prüfung der Feststellung, dass ein Versorgungsausgleich aufgrund einer nach §§ 6, 8 VersAusglG bindenden Vereinbarung der Ehegatten nicht stattfindet, keinen besonderen Aufwand erfordert, kann es der Billigkeit entsprechen, von einer regelgerechten Festsetzung des Verfahrenswertes in der Folgesache Versorgungsausgleich abzusehen und es beim Mindestwert nach § 50 Abs. 1 Satz 2 FamGKG zu belassen.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 17.02.2012; Aktenzeichen 125 F 23390/11)

 

Tenor

Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gegen die Verfahrenswertfestsetzung im Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 17.2.2012 - 125 F 23390/11 - wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

1. Die im eigenen Namen eingelegte Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gegen die Verfahrenswertfestsetzung, mit der eine Heraufsetzung des festgesetzten Verfahrenswertes in der Folgesache Versorgungsausgleich über den Mindestwert von 1.000 EUR hinaus auf (mindestens) 4.320 EUR begehrt wird, ist zulässig (§§ 32 Abs. 2 Satz 1 RVG, 59 Abs. 1 FamGKG). Der Rechtsbehelf wurde rechtzeitig angebracht (§§ 59 Abs. 1 Satz 3, 55 Abs. 3 Satz 2 FamGKG) und auch der Beschwerdewert ist, wie die Beschwerdeführerin zutreffend ausgeführt hat, überschritten (§ 59 Abs. 1 Satz 1 FamFG).

2. In der Sache bleibt die Wertbeschwerde indessen ohne Erfolg: Der Senat schließt sich - nach eigener Prüfung - den zutreffenden Erwägungen des Familiengerichts im Nichtabhilfebeschluss vom 19.4.2012 an. Zwar weist die Beschwerde zu Recht daraufhin, dass in der Folgesache Versorgungsausgleich auch dann ein Verfahrenswert festzusetzen ist, wenn die beteiligten Ehegatten den Versorgungsausgleich durch Ehevertrag oder sonstige Vereinbarung ausgeschlossen haben und das Familiengericht nach Prüfung der Vereinbarung anhand von §§ 6, 8 VersAusglG feststellt, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet (§ 224 Abs. 3 FamFG; vgl. hierzu etwa Musielak/Borth, FamFG [3. Aufl. 2012], FGG-RG/Einl. Rz. 72; Schulte-Bunert/Weinreich [Keske], FamFG [3. Aufl. 2012], § 50 FamGKG Rz. 14 sowie die jeweiligen Nachweise). Aber das Familiengericht hat zu Recht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Verfahrenswert aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles herabzusetzen, weil ein höherer, gemäß den Vorgaben von § 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG an dem dreimonatigen Nettoeinkommen der Ehegatten ausgerichteter Verfahrenswert unbillig wäre (§ 50 Abs. 3 FamGKG). Dies ergibt sich daraus, dass die vom Familiengericht nach § 8 Abs. 1 VersAusglG vorzunehmende Prüfung in der vorliegenden Sache, wie das Familiengericht im Beschluss vom 19.4.2012 zu Recht hervorhebt, sehr einfach war und keinerlei besondere Schwierigkeiten gemacht hat: Gegenüber der den Verzicht auf Durchführung des Versorgungsausgleichs beurkundenden Notarin haben die Ehegatten erklärt, Motivation für die Verzichtsvereinbarung sei ihre Überzeugung, dass eine eventuelle, wechselseitige Ausgleichspflicht nur gering wäre. Ein Indiz dafür, dass dies in dieser Form zutreffend sein dürfte, ergibt sich daraus, dass beide Ehegatten in etwa gleichen Alters sind, sie beide - dem Vortrag in der Antragsschrift vom 10.11.2011, dort S. 2 (Bl. 2) zufolge - in Vollzeit berufstätig sind und sie auch keine gemeinsamen Kinder haben. Wenn jetzt noch berücksichtigt wird, dass beide Ehegatten Berufe ergriffen haben, die eine akademische, vom Zeitaufwand in etwa vergleichbar lange Ausbildung voraussetzen, sie also in etwa zum gleichen Zeitpunkt berufstätig geworden sein dürften und beginnen konnten, Versorgungsanwartschaften zu erwerben und sie zudem auch noch über ein identisches Monatsnettoeinkommen verfügen - und damit die Anwartschaften voraussichtlich eine ähnliche Wertigkeit aufweisen -, spricht auf den ersten Blick alles dafür, dass der Wert der von den Ehegatten jeweils erworbenen Anwartschaften von ihrer Größenordnung her nicht sehr differieren dürfte, so dass der vereinbarte Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs der Inhalts- und Ausübungskontrolle unschwer standhält. Wenn die Prüfung aber, wie hier, keinen besonderen Aufwand erfordert und auch der Ausgleichswert (mutmaßlich) gering ist, entspricht es der Billigkeit, von der regelgerechten Festsetzung des Verfahrenswertes abzuweichen und es beim Mindestwert nach § 50 Abs. 1 Satz 2 FamGKG zu belassen (vgl. OLG Hamburg, Beschl. v. 15.3.2011 - 10 WF 137/10 -, FamRZ 2011, 1813 [bei juris Rz. 7]).

3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 32 RVG, § 59 Abs. 3 FamGKG; eine Entscheidung über die Zulassung einer Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst (§ 57 Abs. 7 FamGKG).

 

Fundstellen

Haufe-Index 3403076

FamRZ 2013, 149

MDR 2012, 1347

BerlAnwBl 2012, 347

FF 2012, 512

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