Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 21.10.2010; Aktenzeichen 52 O 229/10) |
Tenor
1. Die Berufung der Antragstellerin gegen das am 21.10.2010 verkündete Urteil der Zivilkammer 52 des LG Berlin - 52 O 229/10 - wird einstimmig zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
3. Der Wert der Berufung beträgt 10.000 EUR.
Gründe
Die Berufung ist gem. § 522 Abs. 2 ZPO aus den weiterhin zutreffenden Gründen der Verfügung des Senats vom 27.5.2011 zurückzuweisen.
A. Der Senat hat in dieser Verfügung ausgeführt:
I. Die Berufung der Antragstellerin hat keine Aussicht auf Erfolg. Der Senat stimmt der angefochtenen Entscheidung zu.
Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin keinen Anspruch darauf, dass diese es untertässt, auf dem von ihr betriebenen Internet-Hotel-Bewertungsportal "..." zu dem von der Antragstellerin betriebenen 40 Hostel Berlin ... im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs Folgendes zu behaupten und/oder die folgenden Behauptungen zu verbreiten:
a) die Matratze besteht aus ca. 4 cm Schaumstoff
b) sauber war nur das Badezimmer
c) die Zimmer bzw. Betten waren mit Bettwanzen befallen
d) eine Mitarbeiterin der Antragstellerin habe behauptet, dass dies schon mal vorkomme,
e) die verseuchten Zimmer seien (erst) auf mehrmalige telefonische Nachfrage geschlossen worden,
f) das Zimmer sei mit einem Fernseher anno 91 ausgestattet gewesen,
g) das Fernsehgerät sei absichtlich schlecht befestigt, da bei Beschädigung 50 EUR gezahlt werden müssten.
1. Der Unterlassungsanspruch ergibt sich nicht aus § 4 Nr. 8 UWG.
a) Die Antragsgegnerin hat - wie das LG auf S. 11, unten S. 12, oben, in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend ausführt - die unter a) bis g) aufgelisteten Behauptungen weder aufgestellt noch durch eine ihr zuzurechnende geschäftliche Handlung i.S.d. § 4 Nr. 8 UWG verbreitet.
Alle beanstandeten Äußerungen sind der "Hotelbewertung" einer sich "..." nennenden Intemetnutzerin in dem von der Antragsgegnerin betriebenen Bewertungsportal "..." entnommen. Es gibt auch im Vorbringen der Antragstellerin keinen Anhaltspunkt für die Annahme, es könne sich um eigene Tatsachenbehauptungen der Antragsgegnerin handeln.
Allein indem die Antragsgegnerin Internetnutzern die Möglichkeit bietet, auch unter Pseudonymen bzw. - wie die Antragsgegnerin formuliert - anonym u.a. Bewertungen von Beherbergungsbetrieben auf ihrer Seite ... zu veröffentlichen, erfüllt die Antragsgegnerin die objektiven Voraussetzungen des Verbreitens von Tatsachenbehauptungen nicht. Anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des automatisierten Prüfungsverfahrens, das die der Antragsgegnerin zugegangenen Bewertungen durchlaufen müssen.
Verbreiten i.S.d. § 4 Nr. 8 UWG setzt voraus, dass der Täter Dritten die Möglichkeit verschafft, vom Inhalt der Behauptung Kenntnis zu nehmen (vgl. BGH GRUR 1995, 427 - Schwarze Liste). Eine konkrete, der Antragsgegnerin zuzurechende menschliche Handlung, die dieses Tatbestandsmerkmal ausfüllt und als geschäftliche Handlung i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG qualifiziert werden könnte, ist jedenfalls für den Zeitraum nach dem Eingang der Hotelbewertung der sich ... nennenden Nutzerin bei der Antragsgegnerin nicht zu erkennen.
b) Der Antragstellerin ist ohne weiteres zuzugestehen, dass die Antragsgegnerin im Hinblick auf die Rechte der betroffenen Tourismusunternehmen eine besondere Gefahrenlage geschaffen hat, wenn sie jedwedem Internetnutzer die Möglichkeit bietet, sich (wertend) über diese Unternehmen und ihre Leistungen zu äußern. Ihr ist weiter zuzugestehen, dass diese Gefahrenlage sich noch verschärft, wenn die Antragsgegnerin Internetnutzern die Möglichkeit gibt, sich unerkannt zu äußern.
Trotz dieser Ausgangslage ist die Antragsgegnerin aber auch unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht nicht als Täterin eines Wettbewerbsverstoßes i.S.d. § 4 Nr. 8 UWG anzusehen.
aa) Aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass jeder, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle schafft oder andauern lässt, die ihm zumutbaren Maßnahmen und Vorkehrungen treffen muss, die zur Abwendung der daraus Dritten drohenden Gefahren notwendig sind, ist grundsätzlich abzuleiten, dass derjenige, der durch sein Handeln im geschäftlichen Verkehr die Gefahr schafft, dass Dritte wettbewerbsrechtlich geschützte Interessen anderer verletzen, dazu verpflichtet ist, diese Gefahr im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren zu begrenzen (vgl. BGH GRUR 2007, 890 - Jugendgefährdende Medien bei eBay, Rz. 22, 36; BGH GRUR 2008, 530 - Nachlass bei der Selbstbeteiligung, Rz. 21).
Die wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht eines Telediensteanbieters hinsichtlich rechtsverletzender fremder Inhalte konkretisiert sich als Prüfungspflicht. Voraussetzung einer Haftung des Telediensteanbieters ist daher eine Verletzung von Prüfungspflichten. Deren Bestehen wie Umfang richtet sich im Einzelfall nach einer Abwägung aller betroffenen Interessen und relevanten recht...