Leitsatz (amtlich)
1. Ein Beschluss, mit dem ein laufendes (Sorgerechts-) Verfahren vom Familiengericht wegen Unzuständigkeit an das (örtlich) zuständige Familiengericht verwiesen wird, ist nicht anfechtbar.
2. Zur Frage der Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts.
Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 27.09.2012; Aktenzeichen 162a F 15200/12) |
Tenor
Die Beschwerde des Vaters gegen den Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 27.9.2012 - 162A F 15200/12 - wird auf seine Kosten nach einem Verfahrenswert von 3.000 EUR als unzulässig verworfen.
Gründe
I. Der Vater wendet sich gegen den Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 27.9.2012, mit dem das Familiengericht das Verfahren zur Regelung der elterlichen Sorge auf der Grundlage von § 3 Abs. 1 FamFG an das AG Auerbach im Vogtland verwiesen hat; das AG Auerbach hat das Verfahren fortgeführt. Er meint, der Verweisungsbeschluss unterläge der Anfechtung, weil er objektiv willkürlich sei; das AG Tempelhof-Kreuzberg sei unverändert weiter örtlich zuständig, weil sich der gewöhnliche Aufenthalt des verfahrensbetroffenen Kindes am 21.8.2012, dem Tag der Verfahrenseinleitung, in Berlin befunden habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angegriffenen Beschluss und, soweit es um das Beschwerdevorbringen geht, auf die Beschwerdeschrift vom 5.10.2012 verwiesen.
II. Das Rechtsmittel ist unstatthaft und deshalb als unzulässig zu verwerfen (§§ 58, 3 Abs. 3 Satz 1 FamFG):
1. Der Senat ist zur Entscheidung über das Rechtsmittel zuständig: Hierfür spricht bereits der Wortlaut von § 68 Abs. 1 Satz 1 FamFG; danach obliegt die Abhilfeprüfung dem Gericht, dessen Beschluss angefochten wurde und damit dem AG Tempelhof-Kreuzberg. Soweit keine Abhilfe erfolgt, ist das Rechtsmittel "dem" - also: seinem - Beschwerdegericht vorzulegen. Das ergibt sich mittelbar auch aus § 3 Abs. 2 FamFG: Wenn danach das als zuständig bezeichnete Gericht an den Verweisungsbeschluss gebunden ist, kann diesem nicht die Abhilfeprüfung übertragen sein, weil dem angewiesenen Gericht eine Abänderung der angegriffenen Entscheidung von vornherein versagt ist (vgl. Zöller/Heßler, ZPO [29. Aufl. 2012], § 572 Rz. 5).
2. Der Verweisungsbeschluss ist nicht anfechtbar (§§ 3 Abs. 3 Satz 1, 58 FamFG) und daher ist das Rechtsmittel des Vaters als unzulässig zu verwerfen (§ 68 Abs. 2 Satz 2 FamFG).
a) Der Senat musste den Vater vor der Verwerfung seines Rechtsmittels nicht gesondert anhören; eine Überraschungsentscheidung, der ein solcher Hinweis vorbeugen soll, liegt nämlich nicht vor, da das rechtliche Gehör - der entscheidende Gesichtspunkt, der einen derartigen Hinweis erforderlich macht (vgl. BGH, Beschl. v. 15.8.2007 - XII ZB 101/07 -, FamRZ 2007, 1725 [bei juris Rz. 8]) - des Vaters umfassend gewahrt ist: Bereits das Familiengericht hat in dem Hinweis vom 27.8.2012 (Bl. 7 f.) die Frage der Zuständigkeit ausführlich thematisiert und im angegriffenen Beschluss eigens auf dessen Unanfechtbarkeit hingewiesen; der Vater hat dies erkannt und sich mit der Frage der Statthaftigkeit in seiner Rechtsmittelschrift eingehend auseinandergesetzt. Darüber hinaus stünde einem entsprechenden Hinweis auch das Gebot des § 155 Abs. 1 FamFG und der Umstand entgegen, dass das angewiesene Familiengericht bereits Anhörungstermin bestimmt hat, dessen Verlegung es zu verhindern gilt.
b) Bei der Unanfechtbarkeit des Beschlusses bliebe es selbst dann, wenn sich die Verweisungsentscheidung - was indessen nicht der Fall ist - als grob fehlerhaft oder gar als willkürlich erweisen sollte: Die gesetzliche Regelung ist insoweit eindeutig; die Verfahrenswirtschaftlichkeit und die Zügigkeit haben uneingeschränkt Vorrang (vgl. BGH, Beschl. v. 1.12.2010 - XII ZB 227/10 -, FamRZ 2011, 282 [keine selbständige Anfechtbarkeit einer Abgabeentscheidung nach §§ 4 Satz 1, 273 Satz 1 FamFG und einschränkende Auslegung des § 65 Abs. 4 FamFG bei willkürlicher Abgabe; bei juris Rz. 16 ff., 19] sowie Keidel/Sternal, FamFG [17. Aufl. 2011], § 3 Rz. 41; Schulte-Bunert/Weinreich [Schöpflin], FamFG [3. Aufl. 2012], § 3 Rz. 9; Zöller/Greger, ZPO [29. Aufl. 2012], § 281 Rz. 14). Nach Dafürhalten des Senats besteht tatsächlich auch kein Bedarf für eine Anfechtbarkeit, weil im Fall, dass die Verweisung auch bei verständiger Würdigung nicht mehr nachvollziehbar und damit objektiv willkürlich erscheint, die Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses nach § 3 Abs. 3 Satz 2 FamFG für das angewiesene Familiengericht entfällt und dieses somit in die Lage versetzt wird, sich für unzuständig zu erklären und eine gerichtliche Zuständigkeitsbestimmung durch das zuständige Obergericht herbeizuführen (§ 5 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 FamFG sowie Keidel/Sternal, FamFG [17. Aufl. 2011], § 3 Rz. 37a; Schulte-Bunert/Weinreich [Schöpflin], FamFG [3. Aufl. 2012], § 3 Rz. 9, 16). Der betreffende Beteiligte ist auch nicht rechtlos gestellt; der BGH hält es - jedenfalls für das Betreuungsverfahren - für möglich, dass § 65 Abs. 4 FamFG in krassen Ausnahmefällen in verfassungs...