Entscheidungsstichwort (Thema)

Schutzanordnung nach dem Gewaltschutzgesetz

 

Leitsatz (amtlich)

Minderjährigen Kindern steht, auch wenn sie Opfer von Nachstellungen i.S.v. § 1 GewSchG durch einen Elternteil werden, kein Antragsrecht gegen diesen zu. Für den Schutz der Kinder sind im Verhältnis zu den Eltern die Vorschriften des Familienrechts gem. § 1666 ff. BGB vorrangig anzuwendendes Recht.

 

Normenkette

GewSchG §§ 1, 3; ZPO § 890; FGG § 64b Abs. 4

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 02.10.2003; Aktenzeichen 157b F 9316/03)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 2.10.2003 (AG Tempelhof-Kreuzberg, Beschl. v. 2.10.2003 - 157b F 9316/03) aufgehoben. Die Anträge der Antragstellerinnen zu 1) und 2) werden zurückgewiesen. Das Verfahren betreffend den Antrag der Antragsstellerin zu 3) auf Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen den Antragsgegner wird zur erneuten Sachentscheidung an das AG zurückverwiesen.

2. Gerichtskosten werden im Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens entscheidet das AG.

3. Dem Antragsgegner wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt K. für das Beschwerdeverfahren bewilligt.

4. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 500 Euro.

5. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Das AG hat mit Beschluss vom 2.10.2003, der am 7.10. zugestellt worden ist, ein Ordnungsgeld gegen den Antragsgegner verhängt, nachdem die Antragstellerin zu 3) glaubhaft gemacht hat, dass der Antragsgegner am 25.8.2003 entgegen dem Unterlassungsge-bot in der einstweiligen Anordnung vom 17.7.2003 mehrfach bei ihr angerufen und vergeblich versucht habe, in ihr Haus einzudringen.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragsgegners vom 14.10.2003, ein-gegangen am 16.10.2003. Er ist der Auffassung, dass das AG als FamG für die Sachentscheidung nicht zuständig sei, da er und die Antragsgegnerin zu 3) nur bis Anfang Oktober 2002 zusammengelebt hätten in Mönchengladbach. Im Übrigen habe das AG sein Vorbringen im Schriftsatz vom 22. und 23.9.2003 nicht zur Kenntnis genommen. Danach habe er sich nicht am 25.8.2003 in das Haus der Antragstellerinnen geschlichen und auch später keine Steine auf die Antragstellerin zu 3. geworfen (Beweis Zeuge G). Er habe sich am 25.8. bis zum Morgen des 26.8.2003 auf dem Camping-platz M aufgehalten, den Campingplatz nicht verlassen und weder die Antragstellerin angerufen, noch mit einem Polizisten gesprochen (Beweis Platzwart P). Er habe auch in der Folgezeit nicht angerufen.

Auf die zulässige sofortige Beschwerde des Antragsgegners gem. §§ 793, 890, 567 Abs. 1 Nr. 2, 568, 572, ZPO i.V.m. § 1 GewSchG, § 64b Abs. 4 ist der Beschluss des AG aufzuheben und wegen des Antrags der Antragstellerin zu 3) an das AG zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. Die Anträge der Antragstellerinnen zu 1) und 2) sind als unzulässig zurückzuweisen.

1. Die Anträge der Antragstellerinnen zu 1) und 2) sind als unzulässig zurückzuweisen, denn gem. § 3 GewSchG steht minderjährigen Kindern, auch wenn sie Opfer von Nachstellungen i.S.v. § 1 GewSchG durch einen Elternteil werden, kein Antragsrecht gegen diesen zu. Da der Antragsgegner der leibliche Vater der Antragstellerinnen zu 1) und 2) ist, ist auch eine Vollstreckung aus der einstweiligen Anordnung vom 17.7.2003 nicht zulässig. Für den Schutz der Kinder sind im Verhältnis zu den Eltern die Vorschriften des Familienrechts gem. § 1666 ff. BGB vorrangig anzuwendendes Recht.

2. Nur teilweisen Erfolg hat das Rechtsmittel hinsichtlich des Antrags der Antragstellerin zu 3) auf Verhängung eines Ordnungsgeldes.

Soweit der Antragsgegner die mangelnde Zuständigkeit des FamG rügt, ist er mit dieser Rüge gem. § 571 Abs. 2 S. 2 ZPO im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen. Danach kann die Beschwerde nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

Der Beschluss konnte allerdings keinen Bestand haben, soweit die Tatsachenfeststellung der Zuwiderhandlung gegen die einstweilige Anordnung vom 17.7.2003 auf der eidesstattlichen Versicherung der Antragstellerin zu 3) vom 29.9.2003 beruht, denn nach Auffassung des Senats ist für die Verhängung eines Ordnungsgeldes wegen Verstoßes des Antragsgegners gegen die Unterlassungsanordnung erforderlich, dass die Antragstellerin den Vollbeweis erbringt für die von ihr behauptete Zuwiderhandlung, nachdem der Antragsgegner die Zuwiderhandlung bestritten und behauptet hat sich vom Abend des 25.8. bis zum 26.8.2003 auf dem Campingplatz M aufgehalten zu haben. Dazu genügt die eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin, auf die das AG seine Entscheidung gestützt hat, nicht.

Für Entscheidungen des FamG in Verfahren des Gewaltschutzgesetzes gilt, dass sie nach den Vorschriften der ZPO vollstreckt werden (§ 64b Abs. 4 FGG). Dies gilt auch für einstweilige Anordnungen.

Die Festsetzung des von der An...

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