Entscheidungsstichwort (Thema)
elterliche Sorge. Regelung des Umgangs
Leitsatz (amtlich)
Die in einer Umgangsentscheidung angeordnete Verpflichtung zur Teilnahme an einem Elterngespräch ist nicht mit den Zwangsmitteln des FamFG wie Ordnungsgeld und Ordnungshaft durchsetzbar, weil eine vollstreckbare gesetzliche Grundlage für die Verpflichtung zur persönlichen Teilnahme an einem Gespräch nicht besteht (§§ 86 Abs. 1 Nr. 1, 89 Abs. 4, 156 Abs. 1 Satz 3, 4 und 5 FamFG-§§ 1666, 1686 BGB).
Auch bei der Verhängung eines Ordnungsgeldes in einem Umgangsverfahren sind die persönlichen Verhältnisse des betroffenen Elternteils besonders zu berücksichtigen. Lebt dieser Elternteil ausschließlich von Leistungen der Grundsicherung und der Unterhaltsvorschusskasse und damit in äußerst beengten wirtschaftlichen Verhältnissen, sollte das einzelne Ordnungsgeld den dem Verpflichteten zustehenden monatlichen Regelsatz (ohne Mietkosten) in aller Regel nicht übersteigen.
Orientierungssatz
Die Eltern haben in einem weiteren Verfahren vor dem Senat um die gemeinsame elterliche Sorge gestritten (= 18 UF 118/14) und in diesem Anhörungstermin vom 29.5.2015 eine Einigung erzielt.
Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 20.06.2014; Aktenzeichen 135 F 16931/13) |
Tenor
I. Der Mutter wird für das Beschwerdeverfahren zu 18 WF 109/14 Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten, Rechtsanwältin ..., bewilligt; Raten sind nicht zu zahlen.
Auf die Beschwerde der Mutter wird der Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 20.6.2014 - 135 F 16931/13 - abgeändert:
Gegen die Mutter wird ein Ordnungsgeld in Höhe von 100 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 50.- EUR ein Tag Ordnungshaft festgesetzt.
Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Mutter zu ¼ und der Vater zu 3/4 zu tragen. Seine außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat jeder Beteiligte selbst zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 400.- EUR festgesetzt.
II. Der Mutter wird für das Beschwerdeverfahren zu 18 WF 136/14 Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten, Rechtsanwältin ..., bewilligt; Raten sind nicht zu zahlen.
Auf die Beschwerde der Mutter wird der Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 15.7.2014 - 135 F 16931/13 - abgeändert:
Gegen die Mutter wird ein Ordnungsgeld in Höhe von 100 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 50.- EUR ein Tag Ordnungshaft festgesetzt.
Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Mutter hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu 1/5 zu tragen; im Übrigen werden gerichtliche Gebühren nicht erhoben. Seine außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat jeder Beteiligte selbst zu tragen.
Der Wert dieses Beschwerdeverfahrens wird auf 500 EUR festgesetzt.
III. Die Rechtsbeschwerde wird für beide Beschwerdeverfahren nicht zugelassen.
Gründe
Die Mutter und der Vater sind die nicht miteinander verheirateten Eltern der 6-jährigen E.und streiten seit dem Jahr 2009 in mehreren gerichtlichen Verfahren um die elterliche Sorge und die Regelung des Umgangs. Eine Kommunikation der Eltern miteinander findet nicht statt. Das AG hat mit Beschluss vom 7.4.2014 zu 135 F 16931/13 den Umgang zwischen Vater und Kind im einzelnen geregelt, der Beteiligten zu 5. als Umgangspflegerin zur Durchführung des Umgangs im einzelnen aufgeführte Rechte übertragen und unter Ziffer 11 der Mutter für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Anordnungen ein Ordnungsgeld von bis zu 10.000 EUR und für den Fall dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft angedroht. Unter anderem hat das AG angeordnet, dass der Vater berechtigt und verpflichtet ist, mit dem Kind am 24.5.2014 von 10:00 Uhr bis zum 25.5.2014, 11:00 Uhr sowie vom 7.6.2014 10:00 Uhr bis zum 8.6.2014 13:00 Uhr zusammen zu sein. Unter Ziffer 2 der Entscheidung hat es die Mutter verpflichtet, vor der ersten Übernachtung am 24.5.2014 an einem gemeinsamen Elterngespräch mit der Umgangspflegerin und dem Kindesvater teilzunehmen. Sie ist danach insbesondere verpflichtet, der Umgangspflegerin und dem Vater über die Abläufe zuhause vor und bei dem zu Bett gehen zu berichten, insbesondere über Einschlafrituale etc. und dem Kind seine persönlichen Sachen, insbesondere die wichtigsten Kuscheltiere zu den Umgängen mitzugeben. Gegen diese gerichtliche Umgangsregelung hat die Mutter kein Rechtsmittel eingelegt.
Nach der unwidersprochen gebliebenen Darstellung der Beteiligten zu 5. in ihrem Bericht vom 29.5.2014 ist das Kind am 24.5.2014 zur angeordneten Zeit dem Vater übergeben worden und mit diesem mitgegangen. Zu einer Übernachtung beim Vater ist es hingegen nicht gekommen. E.ist in den Abendstunden dieses Tages nach 18:00 Uhr von der Beteiligten zu 5. zur Mutter zurückgebracht worden, weil sie sich geweigert hat, beim Vater zu übernachten. Zu einem gemeinsamen Elterngespräch war es bis zu diesem Tag ...