Leitsatz (amtlich)
Gemäß §§ 51, 31 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG ist auszusprechen, dass ein Versorgungsausgleich insgesamt nicht stattfindet, wenn im Abänderungsverfahren zum Versorgungsausgleich nach altem Recht, der "Totalrevision" einer auf altem Recht beruhenden Versorgungsausgleichsentscheidung der überlebende Ehegatte allein ausgleichspflichtig ist. Die damit verbundene Besserstellung des allein ausgleichspflichtigen, überlebenden Ehegatten, der seine ehezeitlichen Versorgungsanrechte ungeteilt zurückerhält, ist im Rahmen des Übergangs vom alten zum neuen Recht hinzunehmen (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 5.6.2013 - XII ZB 635/12, FamRZ 2013, 1287 [bei juris Rz. 22]; KG, Beschluss vom 25.9.2012 - 17 UF 122/12, FamRZ 2013, 703 [bei juris Rz. 6]; gegen OLG Schleswig, Beschluss vom 6.1.2015 - 8 UF 196/14, FamRZ 2015, 757 [bei juris Rz. 15]).
Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 19.11.2015; Aktenzeichen 156 F 17711/14) |
Tenor
Auf die Beschwerden des früheren Ehemannes und der Deutschen Rentenversicherung ...wird der am 19.11.2015 erlassene Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg - 156 F 17711/14 - in Ziff. 1 des Tenors geändert und wie folgt neu gefasst:
1. Das am 23.10.2000 verkündete Urteil des AG Tempelhof-Kreuzberg - 156 F 11307/99 - wird im Ausspruch über den Versorgungsausgleich mit Wirkung ab dem 1.12.2014 wie folgt geändert:
Ein Versorgungsausgleich findet nicht statt.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; seine außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.
Der Verfahrenswert wird auf 1.000 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Beschwerdeführer, der frühere Ehemann und die Deutsche Rentenversicherung ..., wenden sich gegen den am 19.11.2015 erlassenen Beschluss des Familiengerichts zum Versorgungsausgleich. Mit diesem Beschluss wurde auf den am 16.11.2014 angebrachten Antrag des früheren Ehemannes das Scheidungsverbundurteil des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 23.10.2000 - 156 F 11307/99 - mit Wirkung ab dem 1.12.2014 dahingehend geändert, dass im Wege der externen Teilung zu Lasten des Anrechts des früheren Ehemannes bei dem Landesverwaltungsamt B.zugunsten der früheren, am ...August 2014 verstorbenen Ehefrau ein Anrecht in Höhe von 970,85 DM (496,39 EUR) monatlich auf dem ehemaligen Versicherungskonto der Verstorbenen bei der Deutschen Rentenversicherung ..., bezogen auf den 31.8.1999, begründet wird; der Ausgleichswert ist in Entgeltpunkte umzurechnen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der angegriffenen Entscheidung verwiesen.
Der frühere Ehemann trägt vor, Ziel seines ursprünglichen Antrages sei es gewesen, den seinerzeit, im Zuge des Scheidungsverfahrens geregelten Versorgungsausgleich neu berechnen zu lassen, weil zwischenzeitlich, nach Erlass des Scheidungsverbundurteils, sich aufgrund des In-Kraft-Tretens der so genannten "Mütterrente" rentenrechtliche Änderungen ergeben hätten, die im Versorgungsausgleich entsprechend nachzuvollziehen seien. Das Familiengericht sei dem mit der angegriffenen Entscheidung jedoch nicht korrekt nachgekommen, weil es in Bezug auf seine frühere Ehefrau zwar eine neue Auskunft bei deren Versorgungsträger, der Deutschen Rentenversicherung ...eingeholt habe, aber die eingeholte Auskunft habe noch nicht die Änderungen aufgrund der "Mütterrente" enthalten, sondern sei nach dem Stand vom 31.8.1999 erteilt worden, weil die frühere Ehefrau im August 2014 verstorben sei. Der angegriffene Beschluss regele den Versorgungsausgleich daher unrichtig; es sei eine neue Auskunft für die frühere Ehefrau unter Berücksichtigung der durch die "Mütterrente" erhöhten Rentenleistung einzuholen und der Versorgungsausgleich entsprechend neu zu regeln. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschwerdeschrift vom 5.12.2015 und den Schriftsatz vom 22.12.2015 Bezug genommen.
Der Rentenversicherungsträger der früheren, verstorben Ehefrau trägt vor, dass bei der im familiengerichtlichen Verfahren erteilten Auskunft die Leistungsverbesserungen aufgrund der "Mütterrente" unberücksichtigt geblieben seien und eine neue Auskunft zu erfolgen habe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschwerdeschrift vom 7.12.2015 und die Schriftsätze vom 12. und 29.1.2016 Bezug genommen.
Die Erbin der verstorbenen, früheren Ehefrau - die Tochter - hat im Verfahren Stellung genommen und eine Kopie des Erbscheins nach ihrer verstorbenen Mutter vorgelegt. Auf das Schreiben vom 29.12.2015 wird Bezug genommen.
II.1. Die Beschwerden sind jeweils zulässig, insbesondere sind beide Rechtsmittel fristgerecht angebracht worden (§§ 58, 63 Abs. 1, 64, 65, 228 FamFG).
2. Beide Rechtsmittel sind nach Maßgabe des Tenors und der mit Schreiben vom 14.1.2016 erteilten Hinweise, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird, auch begründet: Auf die Beschwerden hin war die angegriffene Entscheidung abzuändern und mit Wirkung ab dem 1.12.2014 (§ 226 Abs. 4 FamFG) auszusprechen, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet.
a) Der Abänderung...