Leitsatz (amtlich)
Ist die Erblasserin an einem unbekannten Ort verstorben, ist es vertretbar, ihren letzten bekannten Wohnsitz als Anknüpfungspunkt für die örtliche Zuständigkeit des Nachlassgerichts heranzuziehen. Befand sich dieser Wohnsitz in ehemaligen deutschen Gebieten, ist die Verweisung des Verfahrens an das AG Schöneberg nicht willkürlich.
Normenkette
FamFG §§ 4-5, 343
Verfahrensgang
AG Berlin-Charlottenburg (Beschluss vom 20.11.2013) |
Tenor
Das Nachlassverfahren ist von dem AG Schöneberg zu führen.
Gründe
Der Senat ist als das im Rechtszug nächsthöhere gemeinsame Gericht, § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) GVG, zur Entscheidung des zwischen den AG bestehenden Streits über die örtliche Zuständigkeit berufen, § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG.
Das AG Schöneberg ist als örtlich zuständiges Gericht zu bestimmen. Ist das angerufene Gericht örtlich unzuständig, hat es sich, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, durch Beschluss für unzuständig zu erklären und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen, § 3 Abs. 1 Abs. 1 S. 1 FamFG. Einen solchen Beschluss hat das AG Charlottenburg am 24.10.2013 gefasst. Der Beschluss ist für das darin als zuständig bezeichnete AG Schöneberg bindend, § 3 Abs. 3 S. 2 FamFG. Eine Rückverweisung durch das AG Schöneberg kam deshalb nicht in Betracht.
Ein Fall ausnahmsweise nicht eintretender Bindungswirkung liegt nicht vor. Dies setzte voraus, dass die Verweisung offensichtlich gesetzwidrig wäre, so dass sie objektiv willkürlich erschiene. Das ist aber ersichtlich nicht der Fall. Ist der Erblasser Deutscher und hatte er zur Zeit des Erbfalls im Inland weder Wohnsitz noch Aufenthalt, ist das AG Schöneberg zuständig, § 343 Abs. 2 S. 1 FamFG. Diese Vorschrift ist nach Aufhebung des ZustErgG auf Erbfälle in ehemals deutschen Gebieten entsprechend anzuwenden (Zimmermann, in: Keidel, FamFG, 18. Aufl., § 343 Rz. 65). Der letzte bekannte Wohnsitz der Erblasserin war in Breslau und befand sich deshalb im Ausland i.S.d. § 343 Abs. 2 FamFG. Zwar ist es nicht ausgeschlossen, dass die Erblasserin im Inland im Sinne dieser Vorschrift verstorben ist. Nachweise hierzu lassen sich den Akten jedoch nicht entnehmen. Es ist deshalb vertretbar, den letzten bekannten Wohnsitz der Erblasserin als Anknüpfungspunkt für die örtliche Zuständigkeit des Nachlassgerichts heranzuziehen.
Fundstellen
Haufe-Index 6465205 |
FamRZ 2014, 1138 |
ZEV 2014, 163 |
ZEV 2014, 6 |
MDR 2014, 351 |
EE 2014, 91 |