Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den an die Darlegung gleichzeitigen Grünlichts einer Lichtzeichenanlage für sich querende Verkehrswege (sog. "feindliches Grün") zu stellende Anforderungen/Notwendigkeit einer Parteianhörung in einer Verkehrsunfallsache
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 58 O 187/07) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Die Berufungsklägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.
Gründe
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Der Senat folgt den im Wesentlichen zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet worden sind. Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
I. Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist nicht der Fall.
1. Die Behauptung der Klägerin, an der Ampelanlage habe ein Schaltfehler vorgelegen, kann gem. § 531 Abs. 2 ZPO nicht zugelassen werden, da die Klägerin das Vorliegen der Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO nicht dargelegt hat. Sie hat insbesondere in der Berufungsbegründung nicht dargelegt, dass und warum der fehlende Hinweis des LG auf die beabsichtigte Verwertung von Blatt 63 der Gerichtsakte nebst Anlagen (Lageplan und verkehrstechnische Unterlagen) ursächlich gewesen sein soll für das Unterlassen dieses Vortrags in erster Instanz.
2. Die Behauptung der Klägerin, an der Ampelanlage habe ein Schaltfehler vorgelegen, ist darüber hinaus unsubstantiiert und ohne ein ausreichendes Beweisangebot vorgetragen worden.
a) An die Darlegung gleichzeitigen Grünlichts einer Lichtzeichenanlage für sich querende Verkehrswege (sog. "feindliches Grün") sind besonders strenge Anforderungen zu stellen. Grund dafür ist die hochentwickelte doppelte elektronische Sicherung der Phasensteuerung, die ein gleichzeitiges Grün für "feindliche" Verkehrsströme erfahrungsgemäß weitestgehend verhindert (OLG Hamm OLGReport Hamm 2003, 364). Es reicht deshalb nicht aus, wenn die Klägerin einen solchen Schaltungsfehler lediglich behauptet, ohne nähere Umstände darzulegen. Dies insbesondere auch deshalb, weil sich bereits aus dem in der Strafakte (dort Bl. 15) befindlichen Schreiben der Verkehrslenkung Berlin vom 29.3.2007 ergibt, dass die Anlage am 28.3.2007 um 18:20) störungsfrei lief und sich dies mit den Angaben in dem Schreiben der Verkehrslenkung Berlin vom 24.10.2007 (Bl. 63 der Gerichtsakte) deckt.
b) Durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens kann der von der Klägerin behauptete Schaltfehler nicht nachgewiesen werden, da die Klägerin keine Anknüpfungstatsachen vorgetragen hat, aufgrund derer ein Sachverständiger die Frage des Vorliegens eines Schaltfehlers im Unfallzeitpunkt klären könnte.
3. Zu Recht hat das LG der Klägerin zum Ergebnis der Beweisaufnahme keine Erklärungsfrist eingeräumt. Die Klägerin hat nicht dargelegt, warum ihr Prozessbevollmächtigter nicht in der Lage gewesen ist, die von ihr in der Berufungsbegründung vorgenommene Beweiswürdigung bereits im Termin zur mündlichen Verhandlung vorzunehmen bzw. dem Zeugen im Rahmen seiner Vernehmung Vorhaltungen aus seinen früheren Aussagen zu machen. Das auf S. 3 der Berufungsbegründungsschrift enthaltene Beweisangebot war deshalb gem. § 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Im Übrigen ändern die Ausführungen auf den Seiten 2 und 3 der Berufungsbegründungsschrift nichts an dem Umstand, dass der Zeuge ... eindeutig bekunde hat, dass die für den Beklagten zu 1) maßgebliche Ampel grünes Licht abstrahlte.
4. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das LG davon abgesehen, die Klägerin als Partei zu vernehmen. Das Gebot der sog. "Waffengleichheit" rechtfertigt vorliegend eine Vernehmung bzw. Anhörung der Klägerin nicht. Entscheidend für die Notwendigkeit der Parteianhörung ist der Umstand, dass lediglich einer der Parteien ein Zeuge zur Verfügung steht, weil sich nur in ihrem Fahrzeug ein Beifahrer befunden hat, während auf der anderen Seite der im Fahrzeug des Unfallgegners allein befindliche Fahrer mitverklagt wird (vgl. LG Berlin MDR 2000, 882; Senat, Urt. v. 9.3.2000 - 12 U 3729/99). Vorliegend stehen aber neben dem vernommenen Zeugen ... zwei weitere, unabhängige Zeugen (... und ...) zur Verfügung. Wenn die Klägerin darauf verzichtet, sich auf diese Zeugen zu berufen, kann sie nicht behaupten, ihr stünden keine Zeugen zur Verfügung.
II. Im Übrigen hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung, und eine Entscheidung des Senats zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht erforderlich.
III. Es wird daher angeregt, die Fortführung der Berufung zu überdenken.
Fundstellen
Haufe-Index 2159326 |
NZV 2009, 460 |
VRS 2009, 218 |
ZfS 2009, 449 |
OLGR-Ost 2009, 454 |