Leitsatz (amtlich)
Eine in Deutschland geschlossene Ehe wird in den Niederlanden nicht anerkannt, wenn die Verlobten dort bereits eine registrierte Partnerschaft eingegangen sind. Insbesondere führt die Eheschließung nicht zur Beendigung der registrierten Partnerschaft. Der niederländische Partner kann deshalb vom Erfordernis der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses nicht befreit werden (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 11.7.2012 - IV AR (VZ) 1/12 und Senat, Beschl. v. 3.1.2012 - 1 VA 21/11) KG, 1. Zivilsenat
Normenkette
BGB § 1309; EGBGB Art. 13; EGGVG Art. 23
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen
Der Geschäftswert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller ist niederländischer Staatsangehöriger. Am 19.4.2005 ging er mit einer deutschen Staatsangehörigen in H./Niederlande eine registrierte Partnerschaft ein, über die eine Partnerschaftsregistrierungsurkunde ausgestellt wurde.
Der Antragsteller lebt inzwischen mit seiner Partnerin und den gemeinsamen Kindern in Berlin. Hier entschlossen sie sich, die Ehe miteinander einzugehen. Sein Antrag auf Erteilung eines Ehefähigkeitszeugnisses wurde durch die Gemeinde H./Niederlande im Hinblick auf die bestehende registrierte Partnerschaft abgelehnt.
Den Antrag auf Befreiung von dem Erfordernis der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses hat die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 1.7.2011 zurückgewiesen. Das darauf betriebene Verfahren auf gerichtliche Entscheidung ist vor dem Senat zunächst erfolglos geblieben (Beschl. v. 3.1.2012 - 1 VA 12/11, FGPrax 2012, 113).
Auf Rechtsbeschwerde des Antragstellers hat der BGH die Entscheidung des Senats mit Beschluss vom 11.7.2012 (IV AR (VZ) 1/12; FamRZ 2012, 1635) aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an den Senat zurückverwiesen.
Der Senat hat mit Beschluss vom 30.10.2012, wegen dessen Einzelheiten auf Band 3 Blatt 3f der Akten verwiesen wird, eine Rechtsauskunft über das niederländische Recht entsprechend den Vorschriften des Londoner Rechtsauskunftsübereinkommens vom 7.6.1968 erfordert. Wegen der Antwort des Ministeriums der Sicherheit und Justiz der Niederlande vom 19.3.2013 wird auf Band 3 Blatt 33 bis 35 verwiesen.
II.1. Da die Niederlande ihren Angehörigen grundsätzlich Ehefähigkeitszeugnisse ausstellen, Art. 49a Burgerlijk Wetboek Boek 1 (Niederländisches Bürgerliches Gesetzbuch, im Folgenden: "BW 1"; abgedruckt bei Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Loseblatt Stand 2006, Stichwort "Niederlande") und die zwischen den Verlobten bestehende registrierte Partnerschaft nach niederländischem Recht ein Ehehindernis darstellt, Art. 42 BW 1, kommt eine Befreiung von der Pflicht zur Vorlage des Ehefähigkeitszeugnisses hier nach § 1309 Abs. 2 S. 3 BGB nur in Betracht, wenn auf den Antragsteller ausnahmsweise deutsches Recht Anwendung findet, Art. 13 Abs. 2 EGBGB. Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor.
a) Der Senat bleibt bei seiner im Beschluss vom 3.1.2012 zum Ausdruck gekommenen Auffassung, dass es dem Antragsteller und seiner deutschen Partnerin zuzumuten ist, ihre registrierte Partnerschaft durch Umsetzung in eine Ehe zu beenden, Art. 80c lit. e) BW 1, und damit das für den Antragsteller bestehende Ehehindernis zu beseitigen, vgl. Art. 3 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB. Die im Anschluss an die Entscheidung des BGH vom 11.7.2012 erfolgten weiteren Ermittlungen des Senats haben ergeben, dass die in den Niederlanden eingetragene Partnerschaft auf anderem, für die Verlobten weniger aufwendigem Weg nicht zu beseitigen ist. Die zum 1.1.2012 in Kraft getretenen Regelungen zum Internationalen Privatrecht der Niederlande, Burgerlijk Wetboek Boek 10 (im Folgenden BW 10, abgedruckt bei ten Wolde/Kant, StAZ 13, 155 ff.), haben hieran nichts geändert.
b) Allerdings wird eine im Ausland geschlossene Ehe, welche gemäß dem Recht des Staates in dem die Eheschließung stattgefunden hat, rechtsgültig ist oder danach rechtsgültig geworden ist, als solche in den Niederlanden anerkannt Art. 31 Abs. 1 BW 10. Das ist aber nicht der Fall, wenn die Anerkennung offensichtlich unvereinbar mit der öffentlichen Ordnung ist, Art. 32 BW 10.
Nach Auskunft des Ministeriums der Sicherheit und Justiz der Niederlande wird Art. 42 BW 1 als eine Vorschrift der öffentlichen Ordnung angesehen. Diese Vorschrift stehe der Anerkennung einer im Ausland geschlossenen Ehe im Weg, wenn bereits in den Niederlanden eine registrierte Partnerschaft eingegangen worden sei. Anhaltspunkte, die Anlass zu Zweifeln geben könnten, dass diese Auslegung der gesetzlichen Regelungen nicht dem in den Niederlanden herrschenden Rechtsverständnis entsprechen könnte, vermag der Senat nicht festzustellen.
Daran ändert nichts die Kritik, die die Entscheidung des Senats vom 3.1.2012 in der niederländischen Rechtsliteratur erfahren hat (Boele-Wolki, Ars Aequi 2012, 6855). Der Senat habe nicht berücksichtigt, dass eine Eheschließung in Deutschland in den Niederlanden anerkannt und damit die registrierte Partnerschaft aufgehoben werde könne. Den dortigen nicht ...