Entscheidungsstichwort (Thema)

Umdeutung eines formnichtigen Schenkungsversprechens in eine letztwillige Verfügung. Umdeutung. Schenkungsversprechen. letztwillige Verfügung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein unwirksamer Schenkungsvertrag kann regelmäßig nur in ein Vermächtnis und nicht in eine letztwillige Verfügung mit Erbeinsetzung umgedeutet werden, da bei einer Umdeutung nach § 140 BGB das Ersatzgeschäft in seinen Wirkungen nicht weiter reichen darf als das unwirksame Rechtsgeschäft.

2. Aus der Zuwendung eines einzelnen wesentlichen Vermögensgegenstandes kann sich eine Erbeinsetzung nach § 2087 BGB nur durch individuelle Auslegung ergeben, wenn hiernach feststeht, dass der Erblasser die Folgen seines Todes umfassend regeln wollte.

 

Normenkette

BGB §§ 140, 2247

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 162/62 VI 1042/04)

LG Berlin (Aktenzeichen 83 T 421/05)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird - bis auf die Festsetzung des Beschwerdewerts - aufgehoben.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 15.4.2005 gegen den Beschluss des AG Schöneberg vom 23.3.2005 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 1) hat den Beteiligten zu 3) bis 7) und 9) bis 11) die ihnen im Beschwerdeverfahren vor dem LG entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

Die weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 27 ff. FGG) und begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einem Rechtsfehler (§ 27 Abs. 1 S. 2 FGG i.V.m. §§ 546 ZPO).

Das LG hat offen gelassen, ob das Schriftstück vom 22.2.1962 als Testament (§§ 1937, 2247 BGB) auszulegen ist, und vorrangig angenommen, es handele sich um ein - gem. §§ 125, 518 Abs. 1 BGB nichtiges - Schenkungsversprechen unter Lebenden, das gem. § 140 BGB in eine letztwillige Verfügung mit einer Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1) umzudeuten sei. Hier hat das LG rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt, dass bei einer Umdeutung nach § 140 BGB das Ersatzgeschäft in seinen Wirkungen nicht weiter reichen darf als das unwirksame Rechtsgeschäft (vgl. BGHZ 40, 218, 225; 125, 355, 363; Palandt/Ellenberger, BGB, 68. Aufl., § 140 Rz. 6 m.w.N.). Selbst wenn insoweit nur auf die wirtschaftlichen Folgen abzustellen wäre (so Leipold in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 140 Rz. 125), geht eine Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 Abs. 1 BGB) im Hinblick auf das übrige Vermögen auch wirtschaftlich über die Zuwendung des Einzelgegenstands hinaus. Ein unwirksamer Schenkungsvertrag kann deshalb regelmäßig nur in ein Vermächtnis umgedeutet werden (vgl. Leipold, a.a.O., § 2084 Rz. 136). Etwas anderes käme allenfalls in Betracht, wenn es sich bei dem Grundstück - wie im Erbscheinsantrag vom 16.2.2004 angegeben - um den einzigen Nachlassgegenstand gehandelt hätte. Nach den zutreffenden, auf das Verzeichnis vom 3.2.2005 gestützten Feststellungen des LG verfügte der Erblasser zum Todeszeitpunkt jedoch über Bankguthaben und Wertpapiere im Wert von ca. 12.000 DM. Auch für den Zeitpunkt der Errichtung des Schriftstücks vom 22.2.1962 ist ohne weiteres davon auszugehen, dass sich das Vermögen des Erblassers nicht in dem Eigentum am Grundstück erschöpfte, sondern zu diesem zumindest Hausrat, persönliche Gegenstände und ggf. geringfügiges Geldvermögen gehörte.

Ebenso ist es rechtlich zu beanstanden, dass das LG bei der Umdeutung den von der Beteiligten zu 1) geltend gemachten Anlass für das Schriftstück vom 22.2.1962 ausser Acht gelassen hat. Danach hielt der Erblasser seine bevorstehende Flugreise in die USA für gefährlich und wollte die Beteiligte zu 1), die den Grundstückserwerb im Wesentlichen finanziert hatte, für den Fall seines Todes absichern. Dieser Umstand sowie die Wortwahl "vor meinem Ableben" und "sofort" spricht dafür, dass der Erblasser das zu unterstellende Vertragsangebot nur für den Fall abgeben wollte, dass er die Reise nicht überlebt. Dem steht nicht entgegen, dass er das Schriftstück nach seiner Rückkehr aus den USA nicht vernichtet hat; auf der Rückseite befindet sich die Nachricht über die Grundbucheintragung, die Grundstückseigentümer üblicherweise aufbewahren. Steht das Schenkungsversprechen jedoch unter einer Bedingung (§ 158 BGB), kann es aus den oben genannten Gründen allenfalls in eine letztwillige Zuwendung umgedeutet werden, die ebenfalls unter der - nicht eingetretenen - Bedingung steht.

Die vom LG - alternativ vorgenommene - Auslegung als letztwillige Verfügung ist ebenfalls nicht frei von Rechtsfehlern, soweit es § 2087 Abs. 1 BGB heranzieht. Der Erblasser hat der Beteiligten zu 1) nicht sein Vermögen oder einen Bruchteil seines Vermögens, sondern einen einzelnen Gegenstand zugewandt, § 2087 Abs. 2 BGB. Aus der Zuwendung des einzigen wesentlichen Vermögensgegenstands kann sich eine Erbeinsetzung nur durch individuelle Auslegung ergeben (vgl. Palandt/Edenhofer, a.a.O., § 2087 Rz. 2 ff.). Eine solche hat das LG aber nicht vorgenommen.

Der Senat kann entsprechend § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, da weitere Ermittlungen nach § 12 FGG nicht erforderlich sind. Die Erstbeschwerde der Beteiligten...

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